19791981


1980

Dieter Tucholke

Negativbilder, Preußische Geschichte

Auftraggeber: Abteilung Kultur des Magistrats von Berlin

 

Der Graphiker Dieter Tucholke legte 1978 der Abteilung Kultur des Berliner Magistrats eine Konzeption für einen Graphikzyklus zur preußischen Geschichte vor. Der daraufhin im selben Jahr geschlossene Vertrag legte acht Blätter fest, die später auf zwölf erweitert wurden. Zusätzlich kaufte der Auftraggeber nach Abschluß der Arbeit acht weitere Blätter an.

Ende der 70er Jahre hatten Historiker, vor allem aus der Akademie der Wissenschaften der DDR, eine differenziertere Sicht auf die preußische Geschichte begonnen und so ein Tabu gebrochen. Der politischen Führung der DDR war dies durchaus willkommen, da diese Forschungsergebnisse in ihre eigenen Bestrebungen integrierbar waren. Man wollte das aus der historischen Überlieferung in den Vordergrund stellen, was den Staat selbst gewichtiger scheinen ließ. Intellektuelle und Künstler spürten dieses veränderte Erbeverständnis. Einer der wenigen, der darauf öffentlich reagierte, war der Berliner Graphiker Dieter Tucholke.

Tucholke, der dem Auftraggeber nicht nur aus einer früheren Vertragsbeziehung bekannt war, lieferte mit seiner Preußen-Mappe anstelle einer traditionellen Geschichtsdarstellung ein artifizielles Kabinettstück. Von ihm selbst als "Anti-Mappe" bezeichnet, finden sich in ihr Porträts der preußischen Potentaten, in denen er keine äußerliche Ähnlichkeit mit den Dargestellten anstrebte. Vor allem zu finden sind collageartige Häufungen sogenannter preußischer Tugenden und Laster sowie einige "Preußische Landschaften". Die ausgestellten sechs Blätter zeigen die preußischen Repräsentanten: "König Friedrich I." (Friedrich III., 1657-1713), den "Soldatenkönig" (Friedrich Wilhelm I., 1688-1740), "Friedrich den Großen" (Friedrich II., 1712-1786), Friedrich Wilhelm II. (1744-1797) und Friedrich Wilhelm III. (1770-1840).

Der Auftraggeber nahm Tucholkes Bitte erst, ungestört, d.h. ohne Zwischenabnahme des Vertrages, arbeiten zu können. Mit der Übergabe war die Arbeit abgenommen.

Der Künstler hielt den Auftraggeber durch ausführliche Briefe auf dem Laufenden, die in ihrem Duktus teilweise der ironisierenden Behandlung des Themas entsprachen.



 

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