»Ein neuer Frauenberuf«

1937 erhielt die Tätigkeit als »Führerin« im Reichsarbeitsdienst für die weibliche Jugend (RADwJ) den Status eines regulären Berufs. Ein hierarchisch gegliedertes Führerinnenkorps und ein eigenes mehrstufiges Schulsystem, das der Führerinnennachwuchs zu durchlaufen hatte, entstanden. Nachdem zu Kriegsbeginn die Arbeitsdienstpflicht für Mädchen eingeführt worden war, gab es einen großen Bedarf an gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen. Juristinnen etwa, die seit 1936 nicht mehr Richterinnen werden durften und auch häufig aus leitenden Verwaltungspositionen verdrängt wurden, konnten im RADwJ Karriere machen.
Nach außen vertrat der RADwJ ein konservatives Frauenbild und nahm für sich in Anspruch, die Arbeitsmaiden primär zu guten Hausfrauen und »Müttern des Volkes« erziehen zu wollen. Daher wurde für die neuen Frauenberufe im RAD eher defensiv geworben: Die »Tochter aus gutem deutschem Hause« wurde angesprochen. Einige Jahre RAD-Führerin gewesen zu sein, sei die ideale Vorbereitung auf die Ehe. Wenn ältere Frauen eine Laufbahn im RAD einschlugen, wurde vor allem ihr selbstloser Einsatz zum Wohle der Nation hervorgehoben.
Das Dilemma blieb jedoch bestehen: Einerseits akzeptierten viele Funktionäre des NS-Staates keine weiblichen Führungsansprüche, andererseits kam ein autoritärer Staat mit hierarchisch aufgebauten Frauenorganisationen ohne »Führerinnen« nicht aus.