Osmanische Sturmhaube (Schischak), 16. Jh., DHM

Unter dem Titel „Zwischen den Zeiten“ beleuchtet dieser Prolog als kulturhistorischer Auftakt die Epochengrenze aus kulturellem, religionsgeschichtlichem, sowie aus sozial- und wirtschaftshistorischem Blickwinkel. In das Zeitalter der Expansion fallen die osmanische Bedrohung in Südosteuropa und die gleichzeitige christliche Reconquista der iberischen Halbinsel. Das Weltbild wandelt sich entscheidend mit der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus 1492. Die neuen Vorstellungen von der Gestalt der Welt führen erstmals zu einer vermehrten Produktion von Landkarten, Globen und präziseren Messinstrumenten, wie Quadranten oder Astrolabien.

Im Anschluss verengt sich die Perspektive auf religiöse, technische, sozial- und wirtschaftspolitische Entwicklungen in Mitteleuropa, die sich entscheidend auf die Struktur des Reiches um 1500 auswirkten: Die Furcht vor dem „ins Wanken geratenen Weltbild“ führte zu einer gesteigerten Volksfrömmigkeit und begünstigte die reformatorischen Bewegungen des frühen 16. Jahrhunderts. An erster Stelle steht die mit dem Namen Martin Luther verbundene Kirchenkritik. Durch den Ketzerprozess gegen den Wittenberger Reformator und die Verhandlungen auf dem Wormser Reichstag 1521 nahm die anfänglich regional begrenzte „Luthersache“ reichsweites Ausmaß an. Die konfessionelle Auseinandersetzung sollte für rund 150 Jahre eines der bestimmenden Momente der Außen- und Innenpolitik des Reiches bleiben.

Die Verbreitung reformatorischer wie auch humanistischer Ideen wird durch den bereits Mitte des 15. Jahrhunderts entwickelten Buchdruck maßgeblich gefördert. Die massenhafte Produktion von Flugblättern und Pamphleten ermöglichte erstmals einem größeren Publikum eine reichsweite, auch durchaus kritische Publizistik und öffentliche Diskussionen. In Oberitalien, in den Niederlanden und den oberdeutschen Regionen - beispielsweise Schwaben und Franken - sowie Böhmen und Sachsen bildeten sich frühkapitalistische Wirtschaftsformen heraus, die das ökonomische Leben revolutionierten. Maßgebliche Zentren von Handel und Gewerbe waren Venedig, Antwerpen und Amsterdam, im Reich vor allem die Städte Augsburg und Nürnberg. Die Wirtschaftspolitik der Fürstentümer wird noch von einzelnen Patriziergeschlechtern bestimmt, wie den Medici und den Fugger, die als „Staatsfinanciers“ Kaiser Karls V. massiv in die Reichspolitik eingreifen.

Zum Ausstellungsteil II: Das Reich und seine Grenzen


I. Zwischen den Zeiten

28.08. bis 10.12.2006