3. »Verhexungen«

Magische Praktiken wie Heilungs-, Liebes und Abwehrzauber
waren in Europa bis ins 19. Jahrhundert verbreitet.
In einer von Unwägbarkeiten bedrohten Zeit halfen sie,
individuelle und kollektive Extremsituationen zu bewältigen.

Neben der als gut praktizierten »weißen« Magie
glaubte man auch an schadenstiftende »schwarze« Magie.
Um sich gegen diese geheimnisvolle Macht zu schützen,
wandte man Bann- und Abwehrzauber an,
deren Symbole und Rituale der schwarzen Magie selbst glichen.
Bis heute beflügelt besonders die schwarze Magie
mit ihrer Nähe zum Unheimlichen und Schadenbringenden
die Phantasie der Menschen und erzeugt irrationale Ängste.

Zum Einführungstext im Katalog

 


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Damals haben meine Komplizen und ich gesagt, der
Zauberanschlag sei nur deshalb gelungen, weil die
Glocken von Longuich nicht geläutet hätten.

Aus dem Geständnis des Theis Ulrichs aus Kirsch,
hingerichtet 1590

 

 

 

 

 

Gotische Kirchenglocke 1469
Kirchenglocken waren seit dem Mittelalter das Zeitsignal einer christlichen Zeitordnung. Sie regelten den Tagesablauf des Menschen, auf dem Land bis weit in das 19. Jahrhundert, und begleiteten ihn von der Geburt bis zum Tod.
Das Läuten der geweihten Glocken sollte zu-
dem böse Geister und Hexen abschrecken. Bei schweren Unwettern wurden die Glocken geläutet. Vielfach glaubte man, dass Sturm und Gewitter auf einen von Hexen verursachten Schadenzauber zurückgingen. In besonders verrufenen Nächten, wie beispielsweise in der Walpurgisnacht
zum 1. Mai oder an Johanni (24. Juni), läuteten in manchen Gegenden ununterbrochen die Glocken. Wie andere volksreligiöse Praktiken wurde das andauernde Glockenläuten von der Kirche in der Zeit der Aufklärung verboten.
Literatur: In diesem Band: Biesel; Deutscher Glockenatlas 1985; Lüken 2000
(Zum bibliographischen Nachweis des Kataloges)

 

 
[Die Hexen] sind dieses Jahr vor Pfingsten auf der
Hetzerather Heide übereingekommen, Wein, Korn, die
Eckernmast und das Obst zu verderben, haben ein
Ding wie Nebel gezaubert und wo das hinzog, sollte alles
vernichtet werden. Wenn aber jemand etwas von Gott
sagte oder die Glocken läuteten, das sie Hundegebell
nennen, dann konnten sie ihren Zauber nicht ausrichten.

Aus dem Geständnis der Greth Kochs aus Ruwer,
hingerichtet 1588

 

Die Frau im Netz
Das Gemälde thematisiert am Beispiel eines Liebeszaubers die Angst des Mannes vor der verführerischen Frau. Ein Fischer hat eine nackte Frau in seinem Netz gefangen. Hinter ihm nähern sich ein Soldat, ein Pater und ein alter Mann auf Krücken. Sie vertreten die unterschiedlichen Berufsstände.
Sie werden von der Frau in einen Liebeszauber verstrickt, der das Motiv des Netzes, mit dem der Mann die Frau gefangen hat, symbolisch noch einmal aufgreift. Der Text unter dem Gemälde kommentiert das Geschehen. Er spielt auf die List der Frauen an, sich von den Männern fangen zu lassen, um sie - wie es dem alten Mann als Fazit in den Mund gelegt wird - zu verderben.
Literatur: Ausst. Kat. Düsseldorf/Trier 1985/91
(Zum bibliographischen Nachweis des Kataloges)

 

Ich tat, als wär's mit Bangen,
Doch ließ ich mich gern fangen!
Der Fischer:
Durch meine List ist es geglückt,
daß der Fisch ins Netz gerückt.
Der Soldat:
Fischer, habt Ihr von diesem Fische feil,
so verkauft mir auch ein Teil!
Der Pater:
Hätt' ich solchen Fisch in meinem Kloster zu essen,
so hätt' ich bald das Fleisch vergessen.
Der Mann auf Krücken:
Pater, solche Fische haben es getan,
daß ich muß auf Krücken gahn!

 

Drei schwarze Bohnen
Im ländlichen Volksglauben fand die Bohne Anwendung bei unterschiedlichen magischen und religiösen Riten. Jemanden mit Hilfe von Bohnen tot zu beten, war ein möglicher Schadenzauber. Dafür musste man sieben Wochen lang jeden Morgen und Abend um die gleiche Zeit im Namen der Dreiheiligkeit drei dürre Bohnen über die Schulter auf den Mist werfen.
Wie die Bohnen dort verfaulten, sollte auch die betreffende Person vergehen. Gleichzeitig mit der Anrufung des
Dämonen Astaroth in die Erde gepflanzt, sollten Bohnen das Land unfruchtbar machen.
Literatur: Ausst. Kat. Brüssel 1995; Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens 1/1987
(Zum bibliographischen Nachweis des Kataloges)

 

 

Eines der bekanntesten Mittel der früheren
Zeiten, jemanden zu peinigen oder gar zu töten,
bestand darin, dass man ein Wachsbild
verfertigte, welches die betreffende Person
darstellen sollte; stach man mit Nadeln in Arm
oder Bein des Bildes, so spürte es direkt die
damit gemeinte Person, es war ihr, wie wenn
man sie mit scharfem Messer oder glühenden
Nadeln durchsteche; hatte man zur Genüge auf
diese Weise gepeinigt, so durchstach man das
Bild dort, wo am lebenden Menschen das Herz
ist; dann trat der Tod augenblicklich ein. Der
Franzose nennt dies
envoûtement; nun eben
dieses
envoûtement wurde bei dem Peter
Unruh noch immer tagtäglich geübt, namentlich
von Mädchen, denen der Liebhaber zu
unrechter Zeit davongelaufen war und die er in
der Schande zurückgelassen hatte.

Nicolas van Werveke: Kulturgeschichte des
Luxemburger Landes, 1923-1926

 

Peter Onrou
Liegende Christusfigur aus der Grotte im Crispinusberg/Luxemburg

Die Figur des liegenden Christus war Teil eines magisch-religiösen Beschwörungsritus, der noch heute vor der Kopie der Figur ausgeübt wird. Mädchen oder Ehefrauen, die von ihrem Geliebten oder Ehemann verlassen wurden, zünden vor der Figur eine mit Nadeln präparierte Kerze an.

Erreicht die Flamme die Nadel, soll der Ungetreue einen Stich im Herzen empfinden, sich seiner Untreue bewusst werden und zu der Verlassenen zurückkehren. Der Begriff "Onrou" geht auf die Unruhe zurück, die solcherart in das Wesen des untreuen Mannes hinein getrieben wurde.
Solche bereits aus der Antike überlieferten Vorstellungen lebten im 16. und 17. Jahrhundert auf und fanden vor allem im Nadelzauber mit Wachspuppen oder anderen kleinen Objekten Anwendung. Sie beruhen auf der Annahme, dass zwischen Mensch und Puppe mit Hilfe von Dämonen eine Übertragung stattfand. In diesem Fall ist der Nadelzauber in den sakralen Kontext transponiert. Dabei übernimmt die Kerze die Funktion der Wachspuppe und die Christusfigur die des Vermittlers.
Literatur: Habiger-Tuczay 1997; Mousset 1983; Hansmann/Kriss-Rettenbeck 1977; Hess 1960
(Zum bibliographischen Nachweis des Kataloges)

 

Die Hexe
Das Bild zeigt eine hässliche alte Frau mit weißem Haar und offenem Mund, die dem Klischee einer Hexe entspricht. Sie hält eine Spielkarte - das Treff- oder Kreuz-Ass - demonstrativ einem nicht sichtbaren Gegenüber entgegen. Möglicherweise handelt es sich bei der Frau um eine Wahrsagerin; diese waren häufig als Hexen verschrien. Für das Wahrsagen mit Hilfe von Karten wurden normale Spielkarten verwendet. Die einfachste Form war, dass man aus einem Stapel gemischter Karten eine herauszog, die dann gedeutet wurde.
Das Treff-Ass hatte im 19. Jahrhundert unterschiedliche Bedeutungen, u. a. kündigte es einen Todesfall an. Das Ass findet sich öfter in Hexendarstellungen, so in der Hexenszene aus dem Umkreis David Teniers' d. J. Victor Prouvé hat in seinem zwischen Naturalismus und Symbolismus changierenden Werk mehrfach Hexenszenen dargestellt).
Literatur: Hoffmann 1995; Ausst. Kat. Bielefeld 1972
(Zum bibliographischen Nachweis des Kataloges)

 

Panoramaaufnahme des Ausstellungsraums