DHM
HEINRICH DORMEIER

Kurzweil und Selbstdarstellung
Die "Wirklichkeit" der Augsburger Monatsbilder

Anmerkung

Wer kennt es nicht, jenes Gemälde aus dem 16. Jahrhundert mit der Wiedergabe des Markttreibens auf dem Perlachplatz und dem Auszug der Ratsherren aus dem Augsburger Rathaus? Oft sind die lebensvollen Szenen in Schulbüchern abgebildet und für praktische Übungen im Geschichts- und Kunstunterricht herangezogen worden. In wissenschaftlichen und populären Darstellungen der Kulturgeschichte gehört dieser Blick auf das winterliche Treiben vor dem Augsburger Rathaus beinahe schon zum obligatorischen Bestand des Abbildungsteils. Selbst philosophisch-naturwissenschaftliche Untersuchungen verwenden dieses Gemälde als historische Folie für Überlegungen, die um ganz andere Themen kreisen. In kulturhistorischen Ausstellungen war es nur deswegen nicht häufiger zu bewundern, weil man die beiden Versionen, die es von diesem Bild gibt, aus unterschiedlichen Gründen schwer ausleihen konnte. Das ältere Gemälde befand sich lange im Privatbesitz, eine Kopie ist im Augsburger Maximilianmuseum sozusagen "fest installiert" und nicht transportfähig.

Die häufige Reproduktion und die Popularität dieses großen Stimmungsbildes aus dem 16. Jahrhundert haben aber nicht unbedingt zu einem besseren Verständnis der Darstellung beigetragen, sondern dieses eher verhindert.

Das Augsburger Bild ist vielmehr das Musterbeispiel einer scheinbar allgemein bekannten, im Grunde aber unbekannten und in mancher Hinsicht rätselhaften kulturhistorischen Quelle. Obwohl die Schildchen mit den Monatsbezeichnungen "October, November, December" überdeutlich auf das Bildprogramm und die dazugehörigen drei weiteren Gemälde verweisen, ist der Zyklus nur selten vollständig abgebildet worden. Der Zusammenhang dieses isolierten Schlußbildes wird in der Regel nicht einmal in den Bildunterschriften erläutert. Der notwendige Kommentar müßte nicht nur die drei übrigen Gemälde der Bildfolge, sondern auch die zwölf Scheibenrisse Jörg Breus d. Ä. einbeziehen, die als direkte Vorlage gedient haben. Das fälschlich so genannte "Winter"-Bild ist aber auch deswegen rätselhaft, weil wir so gut wie nichts über Maler, Auftraggeber und den früheren Standort der Bilderfolge wissen.

Auftraggeber und früherer Standort der Monatsbilder

Auftraggeber, Maler und ursprünglicher Standort der Monatsbilder sind bislang weder aus archivalischen Quellen noch aus den Bildern selbst einwandfrei zu ermitteln. Die Wappen und Monogramme, die Architektur und die Landschaft der Monatsbilder geben darüber nur bedingt Aufschluß. Soviel steht jedoch fest: Die Vorlagen der Monatsbilder, das heißt die Monatsscheiben bzw. die Scheibenrisse Jörg Breus d. Ä., hat der Augsburger Patrizier Georg II Höchstetter (1479-1534) vor 1521 in Auftrag gegeben. Die großformatigen Monatsbilder gehen sicher ebenfalls auf die Initiative eines Angehörigen der ratsfähigen Geschlechter zurück, deren Vertreter auf dem Dezember-Bild dargestellt sind. Manches spricht für die Familie Rehlinger als Auftraggeber. Das Wappen dieser Familie ist auf dem Schlitten im Zentrum des "Winter"-Bildes, also an exponierter Stelle, wiedergegeben. Ulrich Rehlinger war zudem von 1525 bis 1535 in allen ungeraden Jahren, also auch 1531, Bürgermeister der Reichsstadt. Im selben Jahr fanden gleich vier Heiraten männlicher Familienmitglieder statt - die Gemälde könnten durchaus zur Erinnerung an diese festlichen Ereignisse entstanden sein. Welchen Rang die weitverzweigte Familie damals in Augsburg hatte, zeigt auch eine kurze Notiz Clemens Jägers im Entwurf des Fuggerschen Ehrenbuchs: Während er bei den Wappen ansonsten jeweils die Wappenfarben angibt, begnügt er sich beim Rehlinger-Wappen mit der Feststellung "Colores omnibus noti" (Die Farben sind allgemein bekannt). Allerdings ist nicht auszuschließen, daß sich das Wappen konkret auf die Frau im Schlitten bezieht. Dann kämen etwa auch Anna Rehlinger, die Gemahlin Anton Fuggers, oder eine andere Dame aus dem Rehlinger-Geschlecht in Betracht.

Der ursprüngliche Standort und das spätere Schicksal der Bilder sind leider ebenfalls nicht sicher zu ermitteln. Das muß nicht nur angesichts der Größe der Bilder überraschen. Denn seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts haben gelehrte Köpfe und Augsburger Künstler mit großem Sammeleifer Nachrichten und Bilder der älteren und jüngeren Stadtgeschichte zusammengetragen und der Nachwelt überliefert. Nachzeichnungen aus dem Turnierbuch Marx Walthers im Confectbuch des Jeremias Schemel, die Reihe der Familienstammbücher, die Chronik Marcus Welsers sowie in späterer Zeit die Radierungen Wilhelm Peter Zimmermanns und die Geschichtswerke des Paul von Stetten sind ein beredtes Zeugnis dafür.

Die Kopie des "Winter"-Bildes im Maximilianmuseum ist eine Frucht dieser Bemühungen. Noch zu Beginn unseres Jahrhunderts befand sich dieses Bild im Sitzungszimmer des neuen Rathauses, bevor es in das Maximilianmuseum gelangte. Und nur auf dieses Bild beziehen sich die ersten Erwähnungen in der älteren Literatur. Wilhelm Peter Zimmermann hat sich am Anfang des 17. Jahrhunderts an diesem Gemälde orientiert, als er seine Radierung über den "Perlachplatz anno 1520" anfertigte. Seine Datierung kann sich freilich nur auf die Vorlagen des "Winter"-Bildes beziehen, stellt also einen bisher unbeachteten Hinweis auf die Entstehung der Scheibenrisse dar. Hätte er die übrigen drei Bilder gekannt, hätte er diese vermutlich in ähnlicher Weise aufgegriffen.

Wo das Bild ursprünglich hing, erfahren wir einige Jahrzehnte später von Paul von Stetten d. J., dem besten Kenner der Augsburger Geschichte (1731-1808). Dieser schreibt in seiner Kunstgeschichte der Reichsstadt Augsburg über den Maler Heinrich Vogtherr, der 1541 archivalisch in der Reichsstadt nachweisbar ist: "Mit Gewißheit wüßte ich kein Gemälde von ihm anzugeben, doch möchte er wohl diejenigen großen Stücke, die in dem izigen sogenannten großen Baugarten stunden, als er noch den Fuggern gehörte, und wovon nur noch eines daselbst zu sehen ist, gemalet haben .... Das "Winter"-Bild, das hier nur gemeint sein kann, hing also im ehemaligen Fuggerschen Baugarten, bevor es ins Rathaus gelangte. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte Jacob Fugger zwei Häuser nebst Garten gekauft und zu einem "Lusthaus mit Wasserwerk" umbauen lassen. 1532 war das Grundstück im Besitz Anton Fuggers, Ende des 16. Jahrhunderts Marx Fuggers, danach Philipp Eduard Fuggers, der es 1656 der Stadt überließ. Der "Baugarten" in der Jakober Vorstadt zwischen Gänsbühl und Hasengasse ist auf mehreren Stadtansichten des 16. bis 18. Jahrhunderts zu erkennen. Unsere Monatsbilder könnten durchaus in solchen "Lusthäusern" inmitten von Gärten, die einige reiche Familien um 1520 anlegen ließen, gehangen haben. Mit größerer Wahrscheinlichkeit aber haben sie den Festsaal eines der Landsitze und Schlösser der weiteren Umgebung geschmückt, auf die sich die Augsburger Patrizier in jenen Jahrzehnten zurückzogen. Die Fugger richteten sich in Weißenhorn, Babenhausen und anderen Schlössern ein. Für die Ausstattung der Räume kamen sicher auch Monatsdarstellungen in Frage. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts sind zum Beispiel in Kirchberg und Bobingen gleich mehrere Monatsserien nachweisbar, und zwar wie bei den Monatsbildern des Deutschen Historischen Museums jeweils drei Monate auf einer Tafel. Mitglieder der RehlingerFamilie erwarben im 15. und 16. Jahrhundert sage und schreibe vierzehn Schlösser, darunter etwa Hainhofen, Ottmarshausen und Untermeitingen. 1559 waren allerdings nur noch fünf von ihnen in Familienbesitz (Schornack, Friedberg, Meringen, Lichtenberg, Haldenberg). Neben den überlieferten Augsburger Geschlechtertänzen könnten auch hier Monatsbilder zu bewundern gewesen sein.

Wie Zimmermann bezog sich auch Paul von Stetten lediglich auf das "Winter"-Bild. Auch in seinen kulturhistorischen Erläuterungen über das Turnierwesen in Augsburg erwähnt er etwa das Turnierbild mit keinem Wort. Mitte des 17. Jahrhunderts war in Augsburg nur noch ein Bild aus der Monatsbilder-Serie bekannt, nämlich das "Winter"-Bild, das später ins Rathaus gelangte. Lediglich das letzte Monatsbild und nicht etwa der gesamte Zyklus dürfte im 16. Jahrhundert in Augsburg kopiert worden sein.

Die vollständige Monatsbilder-Folge ist vom 16. bis zum 19. Jahrhundert nirgends im Druck erwähnt. Erstmals weist Robert Stiassny in seinem Beitrag über Jörg Breu von 1893 auf die Gemälde hin, die sich damals bereits in Wittelsbacher Besitz, auf Schloß Leutstetten am Starnberger See, befanden. Allerdings kennt er die Gemälde nur vom Hörensagen. Julius Baum dürfte der erste Kunsthistoriker gewesen sein, der die Bilder ebendort zu Beginn dieses Jahrhunderts inspiziert hati. Das Schloß Leutstetten erwarb Prinz Ludwig von Bayern, der spätere König Ludwig III., erst 1875. Die Akten der Hof- und Vermögensverwaltung des Prinzen Ludwig (III.) sind 1944 verbrannt. Daher ist auch ein Leutstettener "Inventar aus dem Beginne des 19. Jahrhunderts" vermutlich verloren, das Julius Baum 1923 noch zu Rate ziehen konnte. 1955 befanden sich die Gemälde auf Schloß Nymphenburg in München, bevor sie schließlich auf Schloß Sünching bei Regensburg gelangten und vor wenigen Jahren vom Deutschen Historischen Museum in London ersteigert werden konnten.

Bildprogramm, Originalität und Realität

Auf den Monatsbildern überschneiden und vermischen sich im wesentlichen drei Entwicklungsstufen des Bildprogramms: der traditionelle Kanon der Monatsdarstellungen, die partielle Umgestaltung dieses Musters in den Scheibenrissen Breus Anfang der 20er Jahres des 16. Jahrhunderts und schließlich die ureigene Bildersprache der großformatigen Gemälde mit ihren Neuerungen gegenüber dem traditionellen Schema wie auch gegenüber der direkten Vorlage.

Das althergebrachte Bildprogramm ist auf dem Augsburger Bilderzyklus in dreifacher Hinsicht wirksam geworden: in der formalen Gestaltung, in der Auswahl der Einzelmotive und in der harmonisierenden Grundtendenz. Die zwölf Monate sind auf jeweils drei Bildzonen der vier Gemälde verteilt worden. Dieses konservative Grundprinzip wird noch durch die Monatsbezeichnungen auf den weißen Schildchen betont. Daß die Monatsnamen lateinisch wiedergegeben werden, unterstreicht die Bindung des Bildprogramms an die Kalendarien der Stundenbücher. Thematisch halten sich die Scheibenrisse noch etwas enger an die tradierte Motivauswahl und deren Abfolge als die Gemälde.Gängige Themen der Monatsdarstellungen sind das Festmahl im Januar, die Kahnfahrt ausgelassener junger Leute im April, das Maienbad, das Heumachen im Juni, die Getreideernte im Juli, die Herstellung und das Dichten der Fässer und die Weinkelter, die Versorgung mit Brennholz und das Schweineschlachten im November/Dezember. Nicht zufällig haben sowohl die Scheibenrisse als auch die Monatsbilder vor allem in den Frühjahrs- und Sommermonaten die üblichen Vorlagen nachgeahmt. Auch in den Zyklen der Stundenbücher bilden die Maivergnügen, die Erntearbeiten im Sommer, die Weinlese im Herbst und das Mahl im Winter sozusagen die Konstanten des Bildprogramms. Einige dieser regelmäßig wiederkehrenden Szenen repräsentierten zugleich die entsprechenden Jahreszeiten. Die April- und Mai-Szenen mit den singenden, musizierenden und flirtenden Paaren und Gruppen sowie den Badefreuden im Freien knüpfen zudem an verwandte Themen wie die des Jungbrunnens oder des Liebesgartens an. Sie entsprechen bis auf die linke Gruppe mit dem Narren den gängigen Vorstellungen, wie sie auch in den Mai-Versen im Kalender Blaubirers von 1483 zum Ausdruck kommen: 

"Hie komme ich stoltzer may 
Mit klugen blumen manigerlay 
In disem monat man auch baden sol 
Tantzen, singen, springen und leben wol".

Angesichts der Tradition des Bildprogramms überrascht also nicht die Wahl des Motivs, aber vielleicht doch die Art und Weise, wie das Maienbad dargestellt ist: die Badegäste tummeln sich in einem großzügigen Wild- oder Mineralbad, das zentral und vielleicht nicht von ungefähr in der Bildmitte plaziert ist. Vielleicht ist diese Komposition ein schwacher Reflex des Zeitgeschmacks, des verstärkten Besuchs von Wildbädern, dem auch die anschwellende Bäderliteratur Rechnung trägt. Im übrigen sieht es so aus, als ob der Maler bewußt alt und jung, Personen jeden Alters, in dieser Badeszene vereinigen wollte. Für die Kleinen war das Maienbad ein wohliges Vergnügen, für die jungen Erwachsenen eine Art Liebesbrunnen und Ort der Ausgelassenheit, für die Alten sollte es zum Jungbrunnen werden. Die Heumahd im Juni und die Kornernte im Juli gehören zu den Standardszenen des Bildprogramms. Auch die Weinlese und die Zubereitung der Weinfässer durch die Böttcher, die die Faßreifen auf die Bütten treiben, waren konventionelle Themen. Das bedeutet jedoch nicht, daß die realen Lebensumstände auf diesen Bildern völlig ausgeblendet waren. Die Vorlagen für die bemerkenswert früh angesetzten Arbeiten im Weinberg könnten zum Beispiel aus ausgesprochenen Weingegenden stammen. Daß man auch in Augsburg zu Beginn des 16. Jahrhunderts an dem Thema besonders interessiert war, zeigt etwa die Augsburger Übersetzung eines Traktats von Arnoldus de Nova Villa: "Ain loblicher Tractat von beraitung und brauchung der wein zu gesunthayt der menschen". Andererseits wird der unverzeihliche Irrtum des Malers, der die Arbeit der Faßbinder und die Weinlese anders als auf den Scheibenrissen in verkehrter Reihenfolge wiedergibt, noch schwerer verständlich, wenn jener die Abfolge dieser Arbeiten sozusagen vor der Haustür hätte beobachten können. Jagddarstellungen, insbesondere der Ausritt zur Falkenjagd im Frühjahr, gehören zum festen Repertoire der Monatsbilder. Auf den Augsburger Monatsbildern ist dieser aristokratische Zeitvertreib jedoch gleich mehrfach hervorgehoben: Im April erscheinen zwei Patrizier in prächtigen Jagdröcken vor einer jungen Dame stolz mit ihrer Jagdbeute, einem Fuchs und einem Hasen; in einer kleinen August-Nebenszene entfernt sich ein Falkner mit seiner Gesellschaft auf einem Segelboot. Im Juli erleben wir im Vordergrund die Wachteljagd, im Hintergrund die Reiherbeize, beides ein Freizeitsport der bürgerlichen Oberschicht und des Adels. In den Wintermonaten treten dagegen Berufsjäger oder Bauern auf den Plan. Im Mittelgrund der Weinlese im August sind wie schon auf dem entsprechenden Scheibenriß Netze zum Vogelfang ausgestellt. Auf dem Oktober-Bild verhandelt ein Jäger oder Fallensteller mit dem wohlhabenden Ehepaar in der Wohnstube über seine Beute, das heißt offenbar über Rebhühner und einen Hasen, den er über der Schulter trägt. Derweil bietet ein anderer Jäger draußen auf dem Markt ganze Schinkenteile von Wildbret feil.

Es ist sicher kein Zufall, daß die Jagdszenen auf den Monatsbildern nachdrücklicher hervorgeboben werden, als es das Bildprogramm verlangt. Der Umstand ist vielmehr ein Indiz für die gesellschaftliche Bedeutung dieses aristokratischen Vergnügens. Das Waidwerk stand nämlich auch in bürgerlichen Kreisen hoch im Kurs. Zum Grundbesitz der Patrizier gehörten ausgedehnte Jagdreviere. Die Brüder Langenmantel vom Sparren richteten um 1500 auf ihren Besitzungen in der Möhringerau festliche Jagdveranstaltungen zu Ehren der Gemahlin Maximilians I. aus.

1506 erlaubte Maximilian I. den Augsburger Geschlechtern, in den Gehölzen am Lech drei Hirsche mit der Armbrust zu erlegen. Nach dem erfolgreichen Abschuß luden die hochgestimmten bürgerlichen "Jäger" den Kaiser, die Fürsten, das Domkapitel und andere hochrangige Besucher zu einem festlichen Bankett, an dem 32 Tische besetzt wurden, und zu einem anschließenden Tanz auf dem Tanzhaus ein. 1538 hören wir von Händeln um die Jagdgerechtigkeit zwischen dem Augsburgischen Hauptmann Sebastian Schertlin und Hans Adam von Stein. Wildbret war ein bevorzugtes Geschenk bei Hochzeiten, sowohl in den Augen der Empfänger als auch aus Sicht der großzügigen Schenker, die als Inhaber der begehrten Jagdprivilegien damit zugleich ihren hohen Stand demonstrieren konnten.

Wie beliebt die Jagd und das Thema in der Augsburger Oberschicht waren, das belegen die Beispiele aus dem Bereich der bildenden Kunst. Am eindrucksvollsten ist zweifellos das Fresko der Hirschjagd im Pfettnerhaus. Häufig erscheint das Motiv auf Glasscheiben, wie die Venatio auf einer Rundscheibe und Scheibenrisse Jörg Breus d.Ä. belegen. Selbstverständlich ist die Falkenjagd auch in Miniaturen des Herwartschen und Fuggerschen Ehrenbuches festgehalten. Selbst im Gebetbuch des Matthäus Schwarz stößt man auf Jagdmotive.

Im Bücherschrank der Oberschicht dürfte auch das Jagdbuch des Petrus de Crescentiis nicht gefehlt haben, das damals in Augsburg neu aufgelegt wurde. Andere Schriften informierten speziell über die Beize, "auch wie man den habich dazu gewenen sol, auch wie man erkennen sol ein guten habich". Verschiedene Jagdarten bildete Hans Weiditz auf einem Holzschnitt in der deutschen Ausgabe von Ciceros "De officiis" ab.

Jakob Rehlinger, also ein Vertreter derselben Familie, die vermutlich die Monatsbilder in Auftrag gegeben hat, bestellte in Antwerpen unter anderem ein Gobelinmuster des Monats "September" (81/2 Ellen lang, 61/4 Ellen hoch, festgesetzt auf 11.343 3/4 Dukaten), das er mit Hilfe seiner flämischen und venezianischen Geschäftspartner nach Konstantinopel transportieren und dort verkaufen wollte. Das Stück war Teil einer Serie von Jagdszenen, die auf die zwölf Monate des Jahres verteilt waren.

Unumstritten war dieses Privileg des Adels und des Patriziats nicht. Gesellschaftskritische Töne werden zum Beispiel in einem Streitgespräch zwischen einem Jäger und einem Bauern laut, das auf einem Augsburger Holzschnitt von 1535 nachzulesen ist. Darin wehrt sich der Bauer gegen die ihm aufgebürdeten Lasten der Jagd und bemerkt, daß es unter allen Heiligen nur einen Jäger gegeben habe, und der habe sich rechtzeitig bekehrt. Rechtschaffener Broterwerb sähe anders aus: "Wen gute Arbeit schwächen tut, mag wohl mit Jagen suchen Mut" [= Vergnügen]; der Teufel habe jedenfalls seine helle Freude daran, wenn jemand auf Kosten armer Leute der Jagdlust fröne.

Die "Frühlings"- und "Sommer"-Gemälde halten sich also sehr viel enger als die beiden anderen Bilder an die vorgegebenen Themen. Vereinfacht ausgedrückt scheinen in den vier Bildern zwei unterschiedliche Konzepte verwirklicht zu sein. Zwei Gemälde sind den konventionellen, die anderen beiden den originellen Themen reserviert. Merkwürdigerweise und vielleicht nicht zufällig entsprechen dieser thematischen Zweiteilung auch gewisse stilistische Unterschiede zwischen den "Winter"- und "Sommer"- Bildern.

Gleichmäßig korrekt und mit viel Liebe zum Detail hat der Maler die Realien wiedergegeben und die vier Bilder zu einer Fundgrube der Alltagskultur des 16. Jahrhunderts gemacht. Kulturgeschichtlich besonders interessant ist das Interieur der bürgerlichen Wohnstuben: Das Januar-Bild ist eines der wenigen süddeutschen Bildbeispiele eines Festmahls in einem Patrizierhaus oder einem öffentlichen Versammlungsraum. Ins Auge fallen der wuchtige Kachelofen, der Waschbrunnen, die raffinierte Holzkassettendecke, die Kredenz mit dem kostbaren und repräsentativen Geschirr und die eleganten Fensterstreben. Auf dem Tisch sind nicht nur Braten und zierliche Dessertbehälter, sondern sogar bunte, gedrehte "Honigröhren" und Konfektstäbchen zu entdecken, die als verdauungsfördernd, hilfreich gegen Trunkenheit und verschiedenes mehr galten. In zeitgenössischen Gesundheitsbüchern sind solche Gewürze und Leckereien abgebildet und deren Eigenschaften und Wirkungsweise minuziös beschrieben. 

Die Wohnstube im Oktober ist kaum bescheidener ausgestattet. Man erkennt den Stuhl und das Baldachinbett, die schwere verzierte Tisckdecke, den gewölbten Spiegel an der Wand, den Waschschrank und die etwas einfachere Balkendecke. Der Hausherr sitzt auf einem Schemel mit fein gedrechselten Beinen.

Beachtenswert ist auch der Planwagen im Mittelgrund des April-Bildes; genauer und aus anderer Perspektive ist die Konstruktion dieser Wagen auf dem Holzschnitt von Jörg Breu d. Ä. über die Belehnung König Ferdinands bei Wellenburg (1530) zu sehen. Demgegenüber läßt es die Abbildung der Weinpresse auf dem August-Bild kaum zu, den technischen Vorgang der Weinkelter nachzuvollziehen. Naturgetreu nachgemalt sind wieder andere Geräte und Utensilien wie die Forken mit Quersteg und Eisenzinken (Juli).

Das traditionelle Bildprogramm wirkt auch in solchen Kleinigkeiten nach. Nicht nur die meisten Hauptmotive, sondern auch viele Details gehen nämlich auf das überkommene Repertoire zurück. Manche Einzelheit, die man auf den ersten Blick für eine spontane Bildidee des Malers halten könnte, ist längst mehr oder weniger fester Bestandteil der entsprechenden Szene gewesen: der Kachelofen im Januar, die Katze auf dem Ofen und die Hunde vor der reichgedeckten Tafel, Mann und Frau, die gemeinsam auf einem Pferd sitzen (August), der Schafhirte mit seinem Dudelsack (April), der Mann im Apfelbaum während der Obsternte im September oder auch die Frau im Vordergrund des Oktober-Bildes mit dem flachen Obstkorb auf dem Kopf .

Obwohl die meisten Hauptszenen und die genannten Einzelmotive eng an die gewohnten Genreszenen anknüpfen, haben die Monatsbilder auf den ersten Blick wenig mit dem traditionellen Bildprogramm gemein. Man stelle sich nur einmal vor, auf den Bildern fehlten die weißen Schildchen mit den Monatsbezeichnungen! Wer würde dann auf Anhieb erkennen, daß es sich hier um die Darstellung der zwölf Monate handelt? Daß die Bilder einen anderen Eindruck als die meisten Monatszyklen vermitteln, liegt weniger an der Zusammenfassung von jeweils drei Monaten zu relativ geschlossen wirkenden Gesamtszenen, sondern an zwei anderen Besonderheiten: erstens natürlich daran, daß einige Szenen eindeutig vom herkömmlichen Kanon der Monatsbilder abweichen. Manche dieser Motive hat der Maler wie die Standardszenen gleichfalls aus seinen direkten Vorlagen, den Scheibenrissen, übernommen: den Verkauf von Geflügel im Oktober, die Marktszene im November und den Auszug der Ratsherren im Dezember. Neu sowohl im Vergleich mit dem üblichen Bildprogramm als auch gegenüber den Entwürfen Breus ist die große Turnierszene, die das gesamte für Februar und März reservierte Bildfeld einnimmt. Auf Kosten der normalerweise streng durchgehaltenen Monatsgliederung ist hier ein Bildthema, das auf dem Scheibenriß im Hintergrund der Januar-Szene nur vage angedeutet wurde, so breit wie kein anderes ausgeführt. Diese Turnierdarstellung stellt eine entscheidende Änderung der Konzeption der Scheibenrisse dar, die sicher auf den besonderen Wunsch des Auftraggebers zustande gekommen ist. Die beiden "originellen" Gemälde werden weiter unten eingehend zu besprechen sein.

Der überraschende Gesamteindruck hängt aber auch mit den ungewöhnlich figurenreichen und lebendigen, um nicht zu sagen überladenen Einzelszenen zusammen. Wie in den Scheibenrissen sind sämtliche Szenen aus mehrfigurigen Einzelgruppen zusammengesetzt. Aber formal und qualitativ unterscheidet sich die figurenreiche und lebhafte Schilderung auf den vier Monatsbildern von der direkten Vorlage. Schon auf einigen der zwölf Einzebilder - etwa im Februar, Juli, September - waren einzelne Patrizier auffällig im Bildvordergrund plaziert. Nun aber rücken sie noch stärker in den Vordergrund. Nicht auf die Getreideernte, sondern zunächst auf die Wachteljagd der vornehmen Bürger fällt etwa im Juli der Blick des Betrachters. Sogar rein zahlenmäßig sind die vornehmen Damen und Herren jetzt - anders als auf früheren Monatszyklen - eindeutig in der Mehrheit. Der Lebensrhythmus und die Selbstdarstellung der Patrizier gewinnen thematisch die Oberhand über die Feldarbeiten des Landvolks.

Der Eindruck wird verstärkt durch die Kleiderpracht, die auf den Bildern vorherrscht. Farben, Variationsbreite, sorgfältige Ausführung und Schmuck der Kleidung dominieren so sehr, daß sie den Zuschauer in den Bann ziehen und von den eigentlichen Monatsbeschäftigungen ablenken. "Meid jetzt der neuen Kleider Tracht, Lädt man dich ein, nimm dich in acht." So empfiehlt es der Kalender Albrecht Glockendons für den Monat Juli. Die Augsburger und auch der Maler haben solche Merkverse in den Wind geschlagen. Für sie galt eher der Satz: "Hoffart ist überall Sünde, in Augsburg aber gehört sie zum Wohlstande".

Hier und da sind spanische, italienische und französische Besonderheiten übernommen worden. Die Teilnehmer der Festgesellschaft auf dem Januar-Bild sind erwartungsgemäß besonders fein herausgeputzt: Der links am Tisch sitzende Mann, vielleicht der Gastgeber, trägt unter einem dunkelbraunen Pelzrock ein prächtiges Wams aus Damast, das mit einem Rankenmuster in Gold und Schwarz gewebt ist. Aus dem Halsausschnitt lugt der Faltenrand eines weißen Hemdes hervor. Das Barett auf dem Kopf ist mit Pelz besetzt. Demgegenüber ist sein Gesprächspartner mit einem schlichten schwarzen Wams bekleidet, auf dem die schräg über die Schulter getragene goldene Gliederkette besonders gut zur Geltung kommt. Eine netzartige goldene Haube hält das Haar über der Stirn in einem Wulst zusammen.

Der Herr rechts neben den beiden Hauptfiguren hat eine prächtige gelbe Schaube mit einem farblich dazu passenden Tellerbarett kombiniert, während das moosgrüne Kleid seiner Dame italienischen Schnitt und Chic verrät. Die linke Lautenspielerin an der Vorderseite der Tafel mit dem breitrandigen roten Barett auf dem Kopf trägt über Rock und Oberteil den sogenannten Goller, einen in diesem Fall hochgeschlossenen runden Kragen, der Schulter und Ausschnitt bedeckt und dekorativ mit zwei schweren Goldketten behängt ist. Nur diese Schmuckformen und das Material bezeichneten Standesunterschiede, während der Goller an sich ein Allerweltskleidungsstück war. Unter dem Obergewand der Lautenspielerin wird der gekräuselte weiße Hemdkragen sichtbar. Noch deutlicher sind diese gekräuselten Rüschen an den Hemden der Kartenspielergruppe im Mittelgrund betont - ein Detail, das erst seit den 30er Jahren häufiger zu beobachten ist und als Vorläufer der späteren Halskrause, der Kröse, gilt

Das vornehmste Obergewand bei Männern wie bei Frauen war die mantelartige Schaube. Mit einem dekorativen Besatz aus Pelzen oder anderen kostbaren Stoffen verbrämt, kam sie in verschiedenen Längen und Farben vor. Nur die repräsentativen Schauben der Ratsherren reichten in den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts noch bis auf den Boden (Dezember). Wichtigste Zusatzausstattung war natürlich der Pelzkragen, der fast völlig die Schultern bedecken konnte. Neben dem hier vorherrschenden Schnitt mit den weiten bauschigen Ärmeln, die zuweilen mit einer zweiten Öffnung in Höhe der Ellenbogen kombiniert waren, gab es auch kurze Puffärmel, die nur den Oberarm bedeckten.

Die Augsburger Bürgerin, die im November den Perlachplatz überquert, trägt ähnlich wie die Ratsherren im Vordergrund eine kostbare helle pelzverbrämte Schaube; die Hände wärmt sie in den weiten Ärmeln ihres Kleides, die durch die Hängeärmel der Schaube geführt sind. Das um den Kopf geschlungene, das Kinn verhüllende "Bündlin" ist zwar etwas altmodisch, könnte aber auch konservative Attitüde einer Dame aus besserem Hause sein. Die althergebrachte Form der hohen Haube hat sich noch in der (Trauer-?)Gewandung der Frauen in der Nähe des Beerdigungszuges im Mittelgrund des Februar gehalten.

Auffällig oft bestimmen Männer im ritterlichen Waffenrock oder Faltrock die Szenerie. Dieser Rock war um 1530 zwar eher ein "Auslaufmodell", aber aus praktischen Erwägungen als Reitrock (Juli, November), bei der Jagd (April) und bei anderen Aktivitäten beliebt. Mi-parti-Kleidung mit verschiedenen Farben für die beiden Körperhälften und gestreiften Hosenbeinen ist in der reinen Form und in der ursprünglichen heraldischen Bedeutung vor allem bei den drei Stadtdienern verwirklicht (Dezember). Die Augsburger Stadtfarben Weiß-Grün-Rot verleihen ihnen und den Ratsherren zusätzliche Autorität. Ansonsten hat sich diese Art der zweifarbigen Kleidung noch im Narrenkostüm erhalten und wird sozusagen durch die Schlitzung der Oberbekleidung und die andersfarbige Unterfütterung fortgeführt, wie sie im Januar der "Kellner" am Wappenschemel zeigt.

Eher zurückhaltend ist auf den Gemälden eine andere typische Eigenheit der Männerkleidung dargestellt: der plastisch ausgearbeitete Hosenlatz, die sogenannte Braguette. Vielleicht nicht zufällig ist sie nur bei dem jungen Mann im Vordergrund des Mai-Bildes etwas deutlicher hervorgehoben, während sie sonst unter Schoßwams, Rock oder Schaube verschwindet. An der genannten Figur ist auch am besten die vorn breite Schuhform der sogenannten Kuhmäuler zu erkennen.

Ein modisches Accessoire, das sich zeitlich auf wenige Jahre eingrenzen läßt, waren die Kniebänder, die kreuzweise um die Kniescheibe gebunden wurden. Das gekreuzte Knieband war eine Vorstufe der Unterteilung des Beinkleides in gebauschte Oberschenkelhose und Strumpf. Matthäus Schwarz hat diese modische Neuheit von 1529 bis 1533 zur Schau getragen. Einer der beiden Herren links vor den Kramläden unter dem Perlachturm auf dem November-Bild folgt gleichfalls dem neuesten Modetrend. Wie Matthäus Schwarz scheint er stolz auf den kurzen Mantel, die sogenannte spanische Kappe, und die kreuzweise gebundenen Strumpfbänder zu sein. Weniger elegant wirkt die Kombination der gekreuzten Bänder mit dem Faltrock auf der Ernteszene im Juli.

Überhaupt hat der Maler sich weitgehend an der damals herrschenden Männer- und Frauenmode orientiert. Auch die übrige Kleidung paßt gut in diese Zeit. Diesbezüglich gibt es also keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die Augsburger Monatsbilder tatsächlich um "1531" entstanden sind. Wenn manche Details etwas altmodisch erscheinen, dann hat das einen einfachen Grund: Wichtiger als die historisch korrekte Wiedergabe scheint dem Maler die Abwechslung gewesen zu sein. Man vergleiche nur die höchst unterschiedlichen Kopfbedeckungen auf den einzelnen Gemälden. Die Barette sind entweder flach mit steifen Krempen oder bestehen aus mehreren weichen Stofflagen und sind geschlitzt. Sie waren aus Tuch, Samt, Damast, Leder oder Wolle und konnten mit Pelz, Federn und anderem Zierat geschmückt sein. Mit einer Brosche oder Ähre ist etwa die Unterseite der Krempe des Baretts verziert, das sich der junge Mann im Vordergrund der Mai-Szene absichtlich schief auf den Kopf gesetzt hat. Auf den "Herbst"-und "Winter"-Bildern sind auch einige Barette mit Ohrenklappen zu entdecken. Oft wurden diese Barette, die im Laufe der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts immer kleiner wurden, an einer netzartigen Haube am Kopf befestigt. Diese sogenannten Kalotten, die man auch wie die Herren auf dem Januar-Bild und im Vordergrund der Mai-Szene ohne zusätzliches Barett tragen konnte, bestanden oft aus wertvollem golddurchwirktem Seidengarn. Solche Gold- und Silberhauben waren natürlich der Oberschicht vorbehalten. Man vermißt allerdings das winzige ovale Barett, das "klein spanisch hütlein", das auf den Holzschnitten Breus vom Einritt Karls V. in Augsburg 1530 zu sehen ist. Offenbar "fingen die Manus-Personen zu Augsburg [erst um 1540] an, kleine leinene Barette wie die Spanier zu tragen".

Gegenüber den Scheibenrissen Jörg Breus hat der Maler die Kostüme auf den Monatsbildern in zweifacher Hinsicht weiterentwickelt: Er hat die Kleidung auf den gut zehn Jahre alten Vorlagen dem Zeitgeschmack angepaßt und sie zudem prächtiger ausgeführt. Dies läßt sich besonders gut an dem wohlhabenden Paar auf der Oktober-Szene beobachten: Der Mann trägt statt der hautengen Beinlinge eine kurze ballonartige schwarzgelbe Hose, auf die die ebenfalls in mi-parti gehaltenen Strümpfe und die goldene Kalotte abgestimmt sind. Dazu paßt ein schwarzer Goller, der in Farbe und Schnitt, mit dem kleinen Schößchen, den angeschnittenen kurzen Ärmeln und dem ausgeprägten Kragen der neuesten Mode entspricht. Seine Frau hat sich ebenfalls "umgezogen": Statt des tief ausgeschnittenen Kleides des Scheibenrisses trägt sie nun unter dem schwarzen Mieder ein hochgeschlossenes Hemd; die Manschetten der hautengen überlangen Ärmel sind modisch umgeschlagen. Auch die Goldkette um den Hals ist neu hinzugekommen.

Die Kleidung der Landarbeiter und der einfachen Leute ist natürlich weniger aufwendig und war nicht dem raschen Wechsel der Mode unterworfen. Die charakteristischen Bestandteile blieben über Jahrzehnte hinweg gleich: das einfache, meist kurze Wams, die schlecht sitzenden Hemden, die relativ engen Hosen, die mit Nesteln verknüpft waren, die langen Röcke der Frauen, die hier und um der größeren Bewegungsfreiheit willen über der Hüfte zu einem Wulst zusammengebunden wurden (Juni), Schürzen zum Schutz der Oberbekleidung, Stroh- und Filzhüte, der bis über die Knöchel geschlossene Leder- oder Bundschuh (Juni). Aber auch bei der Kleidung der Landleute hat sich der Maler um Abwechslung bemüht. Das zeigt sich etwa bei der Kleidung der Frauen, die im Juni bei der Heumahd mithelfen. Die hübschen kleinen Beutel, die am Gürtel einiger Frauen hängen, sind um des malerischen Reizes willen sogar allzu luxuriös ausgefallen.

In der prachtvoll inszenierten Modenschau ist zweifellos wieder ein Stück Lebenswirklichkeit des 16. Jahrhunderts zu fassen. So wie auf den Monatsbildern konnte sich Wohlstand nur in wenigen anderen deutschen Städten äußern. Die weiträumigen Handelsverbindungen, die internationale Atmosphäre auf den Reichstagen und die eigene Kaufkraft machten die Augsburger Patrizier besonders empfänglich für Modeströmungen aus aller Herren Länder. Gegen 1500 zeigten sie sich etwa von den pantoffelartigen Schuhen von 400 burgundischen Reitern des Erzherzogs von Österreich so sehr angetan, daß sie ihre spitzigen Schnabelschuhe umgehend aufgaben, "wie dann die Teutschen gleichsam anderer Nationen Affen seyn". Der englische Gesandte auf dem Reichstag von 1515, Sir Robert Wingsfield, schwärmte von der Schönheit und dem prächtigen Aufzug der Augsburgerinnen, von ihren kostbaren Goldketten, den venezianischen Satin- und Damastroben mit goldbesetzten Rändern. Wir hören von Marderpelzen an den Schauben, teuren Stoffen, kostbaren Ringen, Perlen und Ketten, wie man "sie in kainer stat in teutschen landen nicht findt".

"Kleider machen Leute", das hieß damals unter anderem: Bürger konnten wenigstens äußerlich Fürsten und Adel nachahmen. Bereits gegen 1500 registrierte Sebastian Brant im Narrenschiff bedenkliche Anzeichen einer solchen Nivellierung der Standesunterschiede:

"Der vor eyn burger, kouffman was/ will edel sy und ritter gansz/ . Es kunt da har eyns burgers wib, / Vil stöltzer dann eyn gräfin duot/ Wo yetz gelt ist, do ist hochmuot/. Inn allen landen ist großze schand/ Keynen benuogt me mit sym stand . . . Der Adel hat kein Vorzug meh".

Auch in Augsburg waren solche Tendenzen zu beobachten. Hochzeiten waren die besten Gelegenheiten, Reichtum und Modeneuheiten zur Schau zu stellen. Als Georg Thurzo 1497 Anna Fugger heiratete, glaubte der Chronist und Standesgenosse Wilhelm Rem eine neue Dimension bürgerlicher Repräsentation zu entdecken und sprach daher von "adelichen sitten, das vor nie mehr hie geschehen was". Auf der Hochzeit Ulrich Fuggers des Jüngeren "ward grosse hoffart getriben, daß man maint, es mecht ettwan bös alter nemen". Ebenso überschwenglich beschrieb Jörg Breu eine Hochzeit von 1537: "Also het man...ain groß mal mitsamUt den freundten und darnach ain köstlich dantz, (wie) der in langer zeit nie gesehn ist worden, mit berlen, goldt, silber, edlen stainen, halsbanden, ringen, sammat, damascat, atlaß und von zoblnfuttern: da was kain tadl, in keiner hoffart nichts gespart". Und man ließ sich einiges einfallen, um die Kleidung vor dem Straßenschmutz zu schützen. Jörg Breu d.Ä. berichtet etwa von einem Hochzeitszug, "da warent kerren mit sandt da, daß man die kleider mit sammat und seiden nit verunrainiget, daß kain hundt daran saichet".

Eine optische Vorstellung von der Pracht und vom Aufwand des Augsburger Patriziats in der Kleidermode vermitteln am besten die sogenannten Geschlechtertänze. In teils zeitgenössischen, teils historischen Kostümen führen die Paare dort in exklusivem Rahmen den gravitätischen Schreittanz vor. Auch die Passion des Fugger-Faktors Matthäus Schwarz für die elegante Garderobe ist kein "pathologischer Ausnahmefall" eines "Kleidernarren", sondern durchaus zeittypisch. Auf unseren Monatsbildern ist der Kleiderluxus zwar nicht ganz so aufdringlich, aber doch unübersehbar.

Kleiderordnungen versuchten vergeblich, Hoffart und Verschwendungssucht einzudämmen und die Standesunterschiede auch bezüglich der Kleidung aufrechtzuerhalten. Die Augsburger Policeyordnung von 1530 enthält etwa gesonderte Auflagen für gemeine Bürger und Handwerker, Kaufleute und Gewerbetreibende sowie schließlich Angehörige der Geschlechter. Die diesbezüglichen Vorschriften wurden mehrfach erneuert, wie zum Beispiel in einem "Außzug eins erbern Raths jüngst den VIII. Augusti MDLXVIII verruffter Ordnung unnd verpotts die Hoffart belangendt, unnd was einem jeden seinem Stand nach von kleydung unnd andern anzutragen gepürt und zugelassen ist". Doch weder die Bürger in der Wirklichkeit noch die Patrizier auf den vier Monatsbildern haben sich an die Regelungen gehalten. So hätte möglicherweise die junge Reiterin in der Mai-Szene, die auf der reichverzierten gelben Schabracke sitzt, ebenso Anstoß erregt wie die goldfarbigen Metallschellen am Pferdezeug des Pferdeschlittens im Dezember.

"Hätt' ich Venedigs Macht,
Augsburger Pracht, 
Nürnberger Witz,
Straßburger Geschütz 
und Ulmer Geld, 
so wär' ich der Reichste von der Welt".

Diesen Reim soll man sich gegen 1500 auf die speziellen Vorzüge der großen europäischen Handelsstädte gemacht haben. Was Augsburgs Pracht angeht, so findet der Spruch zweifellos in den Monatsbildern eine gewisse Bestätigung in Auftreten und Kleidung der städtischen Oberschicht.

Die Monatsbilder des Deutschen Historischen Museums unterscheiden sich, um den roten Faden wieder aufzunehmen, von anderen Versionen des Bildprogramms dadurch, daß sehr viel mehr Menschen die Einzelszenen bevölkern und daß die Personen durch die Farben und die Eleganz ihrer Kleidung die Aufmerksamkeit auf sich lenken und von den eigentlichen Monatstätigkeiten abziehen. Doch gleichzeitig geht die soziale Differenzierung der dargestellten Personen weiter als auf den Scheibenrissen und auf anderen zeitgenössischen Zyklen. Es kommen immer mehr Frauen, spielende Kinder sowie gesellschaftliche Randgruppen ins Bild: Juden, Krüppel und Bettler, Spielleute und Narren.

Nimmt man die herkömmlichen Monatsbilder-Zyklen zum Maßstab, dann sind Frauen erstaunlich zahlreich vertreten. Nur das Schneiden des Getreides mit der Sichel war von jeher Domäne der Frauen: "Auch mach ich Sichel mancherley, darmit man einschneid das Getreid, Durch alte Weiber und Bawrn Meid", so drückt es wie selbstverständlich der Sensenschmied im Ständebuch des Jost Amman aus. Ansonsten waren Frauen vielleicht noch bei der Heumahd oder beim Buttermachen tätig. Demgegenüber sind sie auf den Monatsbildern nicht nur bei der Korn- und Heuernte, sondern auch in anderen Szenen fast gleichberechtigt neben den Männern zu sehen: auf der Festgesellschaft im Januar, als Zuschauerinnen beim Turnier, bei Kahnfahrt, Musik, Bad und Spiel im April und Mai, bei Erntedankfesten im August und auch beim Einkauf und beim Flanieren auf dem Perlachplatz im Oktober und November. Einige vornehme Damen treten infolge ihrer Tätigkeit, ihrer Position im Bildaufbau oder ihrer Kleidung besonders her vor: so im Januar die beiden Lautenschlägerinnen und die Gruppe der Kartenspielerinnen, die Flötenspielerin auf dem Turnierhof , die umworbene Reiterin in der Mai-Szene, die Dame im gelben Kleid mit den zwei Zöpfen in der Rückansicht, die in der Rechten einen Krug hält (August), die Frau in Rot, die im September den Einflüsterungen eines Narren nachgibt, die gutsituierte Ehefrau, die gemeinsam mit Mann im Oktober die Angebote der Landleute prüft, oder auch die Frau in der pelzverbrämten gelben Schaube, die im Dezember den Perlachplatz überquert.

Kindern gestanden die knappen Monatsdarstellungen des 14. und 15. Jahrhunderts noch weniger Raum zu als den Frauen. Das änderte sich erst allmählich in den Kalendarien der späten flämischen Stundenbücher. Das nicht gerade "kinderfreundliche" Bildprogramm hat auch die Augsburger Monatsbilder geprägt. Wenn die Erwachsenen bei der Abendgesellschaft im Januar unter sich bleiben wollten, wird man das noch verstehen können. Doch es ist schwer vorstellbar, daß die neugierigen Kinder auch beim großen Fastnachtsturnier nicht zuschauen durften. Auf den übrigen Monatsszenen sind sie vereinzelt im Bildhintergrund versteckt worden: Ein Kind sammelt beispielsweise im September die Äpfel auf, die ein Mann vom Baum schüttelt, ein anderes spaziert im Dezember an der Hand der Mutter am Brunnen auf dem Fischmarkt vorbei. Schon älter ist der Junge, der auf die Affen achtgibt (September); seine Kameraden stürzen sich auf die Schweine; ein Jugendlicher trägt einen Wildschweinkopf über den Perlachplatz (November). Nur im Mai und Juli entdeckt man spielende Kinder. Leicht übersieht man das putzige Gesicht eines Kleinkindes, das sich im Wasser des Maienbads wohlfühlt.

Der Knabe im Vordergrund der Mai-Szene ist mit dem Reifenschlagen beschäftigt. Dies war damals das typische Kinderspiel. "Das was mein Kurzweil, so ich aus der schul kam", so erinnerte sich auch Matthäus Schwarz in seinem Kostümbuch später an das Reifenschlagen Kinderspiele waren auch beliebte Motive auf Miniaturen in den Randleisten der Stammbücher. Selbst im Andachtsbuch des Matthäus Schwarz scheinen spielende Kinder die Konzentration auf Ablaßfürbitten und auf ein Gebet vom Jüngsten Gericht nicht zu beeinträchtigen. Wegen ihres malerische Reizes gehörten solche Szenen auch auf unseren Monatsbildern einfach dazzu. Darüber hinaus repräsentiert das wie ein kleiner Erwachsener zurecht gemachte Kind in der Mai-Szene, die von Badefreuden, Liebeswerben und Kartenspiel der Jugend bestimmt ist, sozusagen das aufblühende Leben und bringt zugleich eine weitere, kindgemäße Form des Zeitvertreibs ins Bild. Lebendiger wirken freilich die beiden Kinder, die auf dem Juli-Bild am Spiel mit den Windrädern ihren Spaß haben. Die vier Augsburger Gemälde geben in bezug auf Alter und Geschlecht zwar keine Normalverteilung der Bevölkerung wieder, aber im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen Monatsbilder-Folgen sind Kinder und Jugendliche wenigstens unübersehbar präsent. Selbst auf den Scheibenrissen war beispielsweise nur ein Knabe zu sehen, der im Dezember mit einer Laterne einige wohlhaben de Bürger nach Haus geleitete.

Am linken Rand des Februar-Bildes steht eine Gruppe von Männern beisammen, die turbanartige Kopfbedeckungen und Vollbärte tragen. Vielleicht handelt es sich um echte oder kostümierte orientalische Händler; wenigstens einer von ihnen ist durch den typischen rotgelben Judenfleck als Jude gekennzeichnet . Seit 1434 mußte die jüdische Minderheit auf Anweisung Kaiser Sigismunds ein besonderes Abzeichen tragen, und die Policeyordnung, die auf dem Augsburger Reichstag von 1530 verabschiedet wurde, bekräftigte die Bestimmung, "daß die Juden eyn gelen ringk an dem rock oder kappen allenthalben unverborgen zu irer erkantnuß offentlich tragen". Unvermittelt und unvermutet kommt damit auf den Bildern eine soziale Randgruppe ins Spiel, die auf Monatsbildern normalerweise nicht vertreten ist.

Die Geschichte der Juden war auch in Augsburg eine Geschichte der Diskriminierungen und Verleumdungen. 1439 wurden die ungefähr 300 jüdischen Mitbürger mit Erlaubnis des Kaisers Albrecht II. aus der Stadt ausgewiesen. Fortan durften sie Augsburg nur tagsüber und gegen Bezahlung betreten. In diesem engen Rahmen haben sie offenbar nach 1500 tätig werden können, wie unser Bild zu beweisen scheint. Flugschriften für und gegen die Juden kursierten damals in der Reichsstadt. Die Vorstellung vom geizigen Juden, der durch Wucher seinen Reichtum mehrt, findet sich wie selbstverständlich auch im "Memorial der Tugend" wieder. Andererseits sind zu Beginn des 16. Jahrhunderts erstaunlicherweise eine ganze Reihe hebräischer Bücher gedruckt worden. Die meisten dieser Judaica sind dem Eifer des Johannes Böschenstein zu verdanken, der zeitweise auch in Augsburg das Studium des Hebräischen zu befördern suchte. Ganz andere Ziele verfolgte Samuel Margolis alias Anthon Margaritha, ein getaufter Jude aus einer Rabbinerfamilie, der sich in seinen Schriften gegen seine früheren Glaubensbrüder wandte. Sein Werk "Der gantz jüdische Glaub", der die älteste deutsche Übersetzung des jüdischen Gebetbuches enthielt, erlebte 1530/31 gleich drei Auflagen. Auf dem Titelholzschnitt sind Juden wie auf dem Monatsbild mit dem Judenabzeichen dargestellt. In den 30er Jahren gelangte der hebräische Wanderdrucker Chaim Schachor (Schwarz) nach Augsburg und konnte bis 1536 allein sieben Schriften herausbringen.

Das gesellschaftliche Spektrum, das die Monatsbilder abdecken, ist erstaunlich breit. Selbst Bettler, Behinderte und Außenseiter werden in die Szenen einbezogen, das heißt Randgruppen, die auf früheren und zeitgenössischen Monatsdarstellungen überhaupt nicht vorkommen. Manche Figuren sind dabei buchstäblich so sehr an den Rand gerückt, daß sie fast dem starken Beschnitt der Bildränder zum Opfer fielen. In der März-Szene ist rechts gerade noch die Hand eines Bettlers zu erkennen, der mit einem leeren Napf um eine milde Gabe bittet. In der April-Szene kommt ganz links unten ein Mann ins Bild, der mit dem Napf in der Rechten ebenfalls um Nahrung bettelt und mit dem Zeigefinger der linken Hand auf seinen Mund deutet - vielleicht die Geste eines Taubstummen. Ihm gegenüber sitzt eine Frau, die ein Glasgefäß mit einem langen gedrehten Hals, also vermutlich den Kuttrolf oder Angster, in der Linken hält. Möglicherweise ist sie mit diesem Fastnachtsrequisit als Hellseherin gekennzeichnet. Ob diese Gruppe von Außenseitern auf ein Sprichwort anspielt oder einen allegorischen Sinn haben könnte, ist unklar. In ähnlicher Form begegnet das Utensil der Frau zum Beispiel auf einem anonymen deutschen Holzschnitt des 16. Jahrhunderts aus einer Serie mit Narrenspielen.

Auf dem nächsten Gemälde kniet, erneut am linken unteren Bildrand, eine Bettlerin (?), die sich auf einen Stock stützt und die Ähren vom Stoppelfeld mitaufliest. Einer der Musiker, die im August zum Tanz aufspielen, ist durch eine Beinprothese stark behindert, bläst gleichwohl aus voller Lunge seine Trompete. Merkwürdigerweise fehlen Bettler auf der figurenreichen Marktszene im November/ Dezember, wo man sie eigentlich erwartet hätte. Wieder wird deutlich, daß es dem Maler bei der Darstellung von Bettlern nicht so sehr um ein getreues Abbild der sozialen Wirklichkeit ging. Vielmehr dürften diese Randgruppen als Symbol der Bedürftigkeit und des menschlichen Elends und als beliebte (Gegen-)Figuren in Literatur und Kunst jener Zeit dargestellt worden sein.

Die differenzierte Darstellung sozialer Gruppen bietet freilich noch längst kein repräsentatives Bild der Augsburger Stadtgesellschaft. So sieht man kaum Kleriker, die das Stadtbild in Augsburg vor und nach der Reformation nicht unerheblich geprägt haben dürften. Wie überhaupt im Februar und März, so ist der Maler auch in diesem Punkt nicht seiner direkten Vorlage gefolgt. Denn immerhin ist auf dem März-Scheibenriß im Hintergrund ein Versehgang dargestellt: Priester und Diakon halten die verdeckten Behälter mit den geweibten Hostien in den Händen; voran geht ein Mesner mit einer langen Kerze und einer Glocke, mit der er die Passanten zu Andacht und Respekt gegenüber dem Leib und Blut Christi auffordert. Diese Szene wird so nicht in das Januar-März-Gemälde übernommen, aber der Gedanke an Krankheit und Tod wird auch hier wachgerufen: Ein Sarg, der in ein schwarzes Tuch mit einem weißen Kreuz gehüllt ist, wird hinausgetragen; seitlich davor führt jemand ein weißes Pferd am Zügel, also möglicherweise das Pferd des Verstorbenen, aber nicht unbedingt eines Turnierteilnehmers. Ein Priester gehört nicht zu dem Trauerzug, falls wir es bei den beiden Herren links vom Sarg nicht mit protestantischen Predigern zu tun haben. Eher versteckt sind im überdachten Säulengang ein Ordensmann und links neben dem Narren ein Priester mit seiner weißen Stola (?) auszumachen. Im Mittelgrund des August-Bildes geht ein einsamer Mönch seines Weges. Daß der Klerus auf den Scheibenrissen und auf den Gemälden so gut wie keine Rolle spielt, ist allerdings nicht außergewöhnlich und entspricht wieder der Bildtradition. In anderen Folgen der Monatsarbeiten kommen Kleriker ebenfalls nur selten ins Bild: In den Kalendarien einiger Stundenbücher wurde etwa im Februar die Austeilung des Aschenkreuzes am Aschermittwoch festgehalten. Eher eine Ausnahme ist auch der Auftritt eines Priesters, der sich auf dem August-Bild des Zyklus im Adlerturm von Trient mit dem Brovier in der Hand vor dem Pfarrhaus sehen läßt.

Das Bildprogramm der Augsburger Monatsbilder bringt zwar mehr soziale Realität ins Spiel, aber an eine konsequente oder umfassendere Vorstellung der Welt des 16. Jahrhunderts ist nicht zu denken. Die Normen der Bildtradition schließen von vornherein aus, daß die großen Auseinandersetzungen der Zeit, die Besuche der Kaiser und die Reichstage in Augsburg, die Reformation, die sozialen Spannungen innerhalb der Stadt, die Bauernkriege oder der wirtschaftliche Aufschwung der großen Handelshäuser ins Bild kommen. Auftraggeber und Maler konnten sich allenfalls indirekte Anspielungen erlauben.

Bemerkenswert ist in dieser Hinsicht der blutige Streit in einem Dorf, der sich im Hintergrund der Juni-Szene abspielt. Vor einem Wirtshaus, das durch das Schankzeichen kenntlich ist, sind sich bewaffnete Bauern (und Ritter?) in die Haare geraten. Ein Dorfbewohner verteidigt sich mit der Forke gegen einen Angreifer. Einer liegt offenbar, wie erst nach der Reinigung der Bilder zu erkennen war, bereits tot am Boden. Eine Frau eilt schreiend hinzu. Waren dies "normale" Übergriffe in einer unruhigen Zeit, oder stellt das Scharmützel eine Episode im Bauernkrieg von 1525 dar? Eine weitere Anspielung auf dieses epochale Ereignis könnte im Mittelgrund des August-Bildes versteckt sein: Dort zieht, begleitet von Pfeifer und Trommler, eine Rotte von Bauern mit Heugabeln, Hellebarden und anderen Waffen in den Kampf. Tatsächlich hat der Bauernkrieg 1524 die Umgebung Augsburgs erfaßt, während es in der Stadt selbst ruhig blieb. Ende März 1525 stand das große Bauernheer vor den Toren der Reichsstadt, aber zu Auseinandersetzungen und Unruhen kam es damals nicht. Die Frage nach dem realen Hintergrund der Szene mit dem Bauernhaufen wird sich kaum beantworten lassen; doch festzuhalten ist, daß in diesen Sommermonaten auch die Schattenseiten des Lebens nicht verschwiegen werden. So erkennt man rechts hinter der Wehrkirche im Hintergrund des Juli-Bildes einen Galgen, an dem ein Übeltäter aufgehängt ist. Zumindest in Einzelheiten und im Bildhintergrund wird also die Konvention der Monatsbilder-Ikonographie durchbrochen.

Die kleinen Affen auf der Mauer im September-Bild sind kaum als allegorische Anspielung zu verstehen. Als modische Liebhaberei erfolgreicher Geschäftsleute verweisen sie zumindest indirekt auf die überseeischen Handelsverbindungen der Augsburger Handelsfirmen. Die exotischen Haustiere tummeln sich auch auf dem Gartenfest des Narziß Renner von 1522. Der Augsburger Turnierliebhaber Marx Walther bestritt eins seiner Rennen gemeinsam mit seinem Hausäffchen, das angekettet am Sattel auf dem Rücken des Pferdes saß. Ob man sie possierlich und "lustig" oder eher "scheußlich" und chaotisch finden sollte, darüber stritten sich schon die "Freude" und die "Vernunft" in Petrarcas beliebtem Trostbuch.

Doch nur der moderne Betrachter, der die Bildtradition nicht kennt oder geringschätzt, kann darüber enttäuscht sein, daß auf den Bildern die dramatischen Ereignisse des Reformationszeitalters nicht deutlicher zum Ausdruck kommen. Wer den vorgegebenen Rahmen berücksichtigt, wird gar im Gegenteil darüber erstaunt sein, wieviel an Realität und Originalit, in den Bildern steckt. Schon die "konventionellen" Szenen der Monate April-September waren, wie oben dargelegt, nicht ganz so konservativ, wie es auf den ersten Blick schien. Doch in ganz anderem Maß zeigen die Darstellungen der Herbst- und Wintermonate, worauf es den Auftraggebern der Scheibenrisse und Monatsbilder ankam. Neue Szenen verändern das Standardprogramm, die gesellschaftliche Führungsschicht Augsburgs setzt der Stadt und sich selbst ein Denkmal.

Die Segnungen einer "Guten Regierung"

(Oktober-Dezember)

Drei Motive bestimmen den Bildeindruck des Gemäldes mit den Monaten Oktober bis Dezember: erstens die Bauten im Zentrum Augsburgs, also ein Wohnhaus und dahinter vielleicht das alte Schlachthaus (die Metzig), dann das Giebelhaus mit dem Wappen des Stifts St. Peter, der Perlachturm, die Barfüßerkirche und das alte Rathaus, zweitens das bunte Markttreiben, das sich von der linken unteren Bildhälfte diagonal bis in den rechten Hintergrund am Rathaus hinzieht und die Monatssektoren miteinander verbindet, sowie schließlich der Auszug der Ratsherren aus dem Rathaus.

Die Verkaufsszene im Oktober spielt (wie schon auf dem Scheibenriß) eindeutig in einer bürgerlichen Wohnstube; die Identifizierung des Hauses mit der alten Metzig, die sich in der Literatur eingebürgert hat, erscheint höchst zweifelhaft. Eher ist das kleinere Gebäude, vor dem der Schlachter ein Schwein ausnimmt, mit dem alten Schlachthaus in Verbindung zu bringen. Vielleicht hat bereits der Maler, der das Gemälde im 16. Jahrhundert kopiert hat, die Funktion und Anordnung der Häuser mißverstanden und deshalb die Ansicht des Giebelhauses im Vordergrund, die vermeintliche Metzig, so auffällig und eigentlich unverständlich "korrigiert".

Im Zentrum steht der Perlachturm mit dem Reichswappen. Er war das Symbol der städtischen Unabhängigkeit und Reichsunmittelbarkeit, aber zugleich auch Wachtturm. Oben im Turm hängt die Sturmglocke, die im Notfall der ebenfalls hoch oben hausende Türmer läuten mußte. Im Bärenzwinger sind echte Bären eingesperrt . Die volkstümliche Deutung des Namens Perlach als eines Platzes, an dem Bären gefangen gehalten wurden, soll allerdings erst Anfang des 17. Jahrhunderts aufgekommen sein. Unterhalb des Bärenzwingers an beiden Seiten des Reichswappens zogen sich Ladenzeilen an der Front entlang. Erst 1531 sind die Dächer über den Läden angebracht oder erneuert worden. Rechts vom Perlach schließt sich im Hintergrund das städtische Schaugefängnis an, das 1475 für Nachtschwärmer, Trunken- und Raufbolde errichtet worden war. Neben den vergitterten Fenstern sind die "Eisen" oder Blöcke (?) des Stadtgefängnisses zu sehen. Hier haben unter anderem vielleicht auch monatelang die Höchstetter, die Auftraggeber der Scheibenrisse, nach ihrem Bankrott in den zwanziger Jahren geschmachtet. Davor breitet sich der Fischmarkt aus, ein Platz, auf dem man bei Bedarf auch Übeltäter erhängte. Einen Galgen hat man beispielsweise während des Reichstags von 1548 "auf dem vischmarckt gleich hinder dem rörkasten machen lassen ..., daran sie vil Spänier, landtsknecht und ander hencken, und die hoch püne, so ir kay. mt. auf dem platz des Berlachs, zunechst bei der Metzg, aufrichten, auch etliche im Reichstag darauf viertailen, vor mit dem reitl und strick erwurgen und darauf ratbrechen lassen; und [sind] ir vil darauf enthauptet worden, darunder der Vogelsperger, auch andere haupt- und edelleut gewesen".

Mittelpunkt des Platzes ist ein Brunnen, der nicht eindeutig zu identifizieren ist. Die Nachrichten über den Brunnen sind nämlich nicht eindeutig und widersprechen sich teilweise. Um 1420 wurde der Brunnen angelegt, und laut Ratsbeschloß von 1456 soll damals der "rörenkasten" auf dem Fischmarkt neu aufgerichtet worden sein. 1510 fertigte der Augsburger Bildhauer Sebastian Loscher für den Fischbrunnen eine geschnitzte Bildsäule an. 1531 ließ der Rat im Brunnen ein neues "Messingrohr" einbauen. Einige Rätsel gibt die Brunnenfigur auf, die auf dem "Winter"-Bild, wie aufder Kopie des Augsburger Maximilianmuseums zu sehen ist. Handelt es sich dabei um die ursprüngliche "Wappnerfigur" des Sebastian Loscher, die noch auf einem späteren Kupferstich mit dem von Hans Felber erneuerten Brunnen zu sehen ist? Die Verwirrung entsteht dadurch, da nach anderslautenden Nachrichten auf dem Fischmarktbrunnen eine Statue des H1. Ulrich gestanden haben soll, die Ulrich Maurmiller 1511 vergoldete und die 1537 nach dem Bildersturm durch eine Neptunfigur ersetzt wurde. Dies geht aus einer Beschwerdeschrift hervor, die das Augsburger Domkapitel nach den erwähnten Übergriffen an die Stadt richtete: "Hingegen kunnen wir nit für recht noch loblich achten oder halten d[a]z die vo Augspurg als widersinnig Leut Sanct Ulrichs des heiligen bischoves biltnu so lange zeit uff dem Berlach gestanden ist, verachter weiß hinweg getha und an desselben stat des Abgots Neptun Bildtnus uf den Brunnen gestelt haben". Zu dieser Notiz paßt die Radierung, die Wilhelm Peter Zimmermann zu Beginn des 17. Jahrhunderts nach dem Vorbild dieses Monatsbildes anfertigte. Das Blatt zeigt zweifelsfrei Neptun mit seinem Dreizack. Doch leider hat sich der Radierer gerade in diesem Punkt nicht nach seiner Vorlage gerichtet. Die Brunnenfigur auf unserem Gemälde is nämlich weder mit dem H1. Ulrich noch mit Neptun identisch und weicht auch von der Statue Loschers (bzw. Felbers) merklich ab. Das Rätsel ist vorerst nicht zu lösen: Vielleicht bezieht sich die Beschwerdeschrift von 1537 auch auf den heutigen Augustusbrunnen bzw. auf jenen, der heute auf dem Weinmarkt steht. Vielleicht aber müssen wir auch mit mehrfachen Umsetzungen von Brunnenfiguren innerhalb Augsburgs oder aber mit einem Standbild rechnen, das nur wenige Jahre den Brunnen zierte und bisher unbekannt war.

Diejenigen Szenen, die Themen der Monatsbilder aufnehmen, sind ziemlich isoliert im Mittelgrund angeordnet: Brennholz wird von einem Leiterwagen geladen und an der Hauswand aufgeschichtet; Schweine werden in die Stadt getrieben und vor dem Verkauf noch einmal mit Eicheln gefüttert; links daneben nimmt der Metzger ein bereits geschlachtetes Schwein aus. Direkt vor dem Perlach sprengt ein Pferd über den verschneiten Platz; es zieht einen Schlitten, in dem eine vornehme Dame sitzt, die sich vom Schlittenführer herumkutschieren läft. Der Schlitten ist mit dem Rehlinger Wappen geschmückt - ein deutlicher Hinweis auf den möglichen Auftraggeber. Wie zeichenhafte Symbole für die entsprechenden Monate stehen diese Episoden unverbunden nebeneinander. Zudem sind sie im Gegensatz zu den Scheibenrissen nicht mehr korrekt den Wintermonaten zugeordnet, sondern auf engem Raum zusammengefaßt. Während Jörg Breu das Schweineschlachten in seinem Entwurf wie üblich im Dezember stattfinden läßt, verlegte der Maler den Vorgang kurzerhand in den Oktober/November.

Ganz beiseitegelassen ist das Zechgelage der Marktbesucher (?), das im November-Riß noch relativ breit ausgeführt worden war. Das mag daran liegen, daß die Szene allzusehr den Auszug der Ratsherren im Dezember beeinträchtigt hätte. Vielleicht hat die erstaunliche Lücke aber auch damit zu tun, daß die Unsitte des "Zutrinkens" in jenen Jahren immer mehr in Verruf kam. Vergeblich war das Laster auf Reichstagen mehrfach seit 1497 verboten worden, wirkungslos blieben die Strafgelder gegen Zuwiderhandlungen, die in den Stadtbüchern notiert wurden, ins Leere gingen die polemischen Schriften einiger Kritiker.

Das Motiv der Schlittenfahrt hat der Maler offenbar einfach aus dem Hintergrund des Januar-Scheibenrisses als Sinnbild für den Winter hierherverpflanzt. Der Aspekt eines spezifisch winterlichen Vergnügens tritt in den Hintergrund. So bleibt die Szene eher ein Beispiel dafür, wie realistische Vorkommnisse unrealistisch abgebildet werden können. Man erhält jedenfalls kaum eine Vorstellung davon, wie beliebt diese winterlichen Schlittenpartien für die Augsburger Patrizier damals gewesen sein müssen. Sehr viel besser hat später Wilhelm Peter Zimmermann dieses Wintervergnügen, daß man in Gesellschaft, also mit vielen anderen Schlitten gleichzeitig, genoß, wiedergegeben. In dem dazugehörigen Text hebt er die Fugger als besondere Liebhaber dieses Winterspaßes hervor. In der Tat ist auch im Ehrenbuch der Fugger die Schlittenfahrt in einer eigenen kleinen Miniatur festgehalten. Daß Schlittenpartien für die Oberschichten ein bevorzugtes Mittel waren, sich selbst und ihren Reichtum zur Schau zu stellen, wird freilich nirgends so deutlich wie im Trachtenbuch des Matthäus Schwarz. Gleich mehrfach ließ er sich dort als Schlittenlenker konterfeien. Schlitten und Pferdegeschirr waren prächtig bemalt und dabei fein auf das Kostüm des Besitzers abgestimmt. Die Rückenlehnen wurden ähnlich wie die Renndecken der Turnierpferde - mit scherzhaften Szenen bemalt. An den Schellen für die Schlitten verdienten die Schellenmacher ihr gutes Geld. Als Schwarz am 5. Januar 1523 "auf dem Weinmarkt" mit einem anderen Schlitten zusammenstieß, so daß sein Gefährt "zu Stücken" zerbarst, beschaffte er sich binnen fünf Tagen eine völlig neue Ausrüstung.

Solche Unfälle und Auswüchse dieser Modeerscheinung machten dem Rat offenbar zu schaffen. So sah er sich im Winter 1530 genötigt, ein regelrechtes "Nachtfahrverbot" für die Schlitten zu verhängen: "ist angesehen, das man uber zehen hor[e]n in der nacht wol und daruber mit dem schlitten nit gefarn werd[en]" solle. Der Aufwand für die Prunkschlitten nahm eher noch zu. Schließlich mußten die Stadtoberen sogar Höchstpreise für Schlitten festsetzen. In der Hochzeitsordnung von 1568 heißt es: "Item es soll kein Schlitten, der mit macherlon, gemehl und allem anderm, uber 10 biß inn 12 gulden kost und werdt ist, gebraucht auch daran gar nichts vergults gemacht werden bey straf 10 gulden". Der Weinmarkt wurde im Winter zu einer Spielwiese der Eitelkeit, das Schlittenfahren aber zugleich zu einer Zielscheibe der Gesellschaftskritik. So stellt sich das Vergnügen im "Memorial der Tugent" frei nach Ciceros Officia ("Der teutsch Cicero") recht zwiespältig dar. Wer es genießen will, sollte gut auf seine Frau aufpassen:

"Zu mummerei und schlittenfart 
Auch wo man sonst gut sitten spart
Rath ich gesell dein weib nit ley 
Und muß es sein biß nach dabey.
Denck sein die schaf und lemmer dein 
So laß den wolf kein hueter sein.
Glaub wo der bock ein gartner wirt
Die jungen beum er selten ziert.
Und wer sein schmer für katzen setzt
Wirt offt benaschet und verletzt.
Also wer weib und pferd leicht hin 
Ist auch ein kauffman on gewinn".

Hauptmotiv des Gemäldes ist aber nicht die repräsentative Schlittenfahrt, es sind die profanen Marktszenen: der Verkauf und Kauf von Federvieh und Kleinwild im Oktober und der Handel mit anderen Lebensmitteln im November und Dezember. Die Versorgung mit Waren und Naturalien aus dem Umland war für eine spätmittelalterliche Stadt, auch für eine Fernhandelsstadt wie Augsburg, lebensnotwendig. Immer stärker bezogen die expandierenden Gewerbe- und Handelsstädte ein wachsendes Umland in ihr Marktsystem ein. Diese Stadt-Land-Beziehungen bildeten die Grundlage für den Einstieg einiger Familien in die Montanindustrie und in das Bankwesen. Insoweit spiegelt das Bild die Realität eines Marktes wider, der offenbar noch stark vom direkten Kontakt zwischen Erzeuger und Verbraucher lebte. Das Schlachtvieh, Federvieh und anderes kauften die Bürger auf dem städtischen Markt.

Aber zum großen Teil bleiben auch das reiche Marktangebot und die problemlose Versorgungslage mehr Wunschbild als Realität. Schon in normalen Zeiten war der Handel durch üble Praktiken mancher Kredithaie und Betrüger bedroht. Ein unbekannter Augsburger Meister macht um 1535 in einem Einblattdruck "Vom wucher, Furkauff und Trygerey" diese alltäglichen Mißstände zum Thema. Den betrogenen Opfern bleibt als letzter Ausweg nur der Selbstmord, wie der Text ausführt und wie es der Holzschnitt auf dem offenen Dachboden des Hauses auf der rechten Seite drastisch zeigt.

Wie war es da erst um einen ruhigen und friedlichen Marktverkehr bestellt, wenn wieder einmal Hungersnöte und Pestepidemien zu Engpässen in der Versorgung geführt hatten. Schon die Beschaffung von Brennholz für den Winter war nicht so problemlos, wie es auf dem Bild aussieht. Als Zulieferer kamen einerseits der Bischof und Adlige, andererseits "geizige Bauern" in Frage. Streitigkeiten enzündeten sich an der Trift über den Lech. Doch die Probleme lagen tiefer. Der "Raubbau" in den Wäldern der Augsburger Umgebung hatte zu bedrohlichen Versorgungsengpässen geführt.

Seit 1477 versuchte der Rat, den Verkauf von Holz zu reglementieren. Au der Chronik Paul Hector Mairs erfahren wir, daß der Holzpreis um 1548 in schwindelnde Höhen gestiegen war. 1566 durfte man den wichtigen Rohstoff nur noch auf offenem Markt, nicht mehr vor der Stadt anbieten und verkaufen. Die Schweine, die in der Bildmitte zusammengetrieben werden, lassen kaum etwas ahnen von dem Mangel an Fleisch, der in manche Jahren herrschte. Die "Metzgerordnung" versuchte, den Mißständen zu steuern, doch die Klagen der Chronisten reißen nicht ab.

Wirklichkeitsnah und realitätsfern zugleich dürften auch die wohlgefüllten Säcke auf dem "Brotmarkt" an der Rathausmauer sein, die nach friedlichen Verkaufsverhandlungen den Besitzer wechselten oder aus denen das Korn scheffelweise verkauft wurde. Sie spiegeln uns - fast nach Art der "Guten Regierung" in Siena - eine geregelte Vorratshaltung und problemlose Lebensmittelversorung in Zeiten des Überflusses vor. Aber gerade in den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts herrschten in Augsburg wieder einmal Teuerung und Hungersnot. 1531 beschränkte der Rat wegen der große Teuerung die Aufnahme von Neubürgern und drohte denjenigen, die aus Mangel an Nahrung die Stadt verließen, den Verlust des Bürgerrechts an. Die Versorgung der Stadt mit Fleisch und Getreide hatte sich auch 1533 noch nicht gebessert. In stadteigenen Backöfen wurde zusätzlich Brot gebacken und zu einem günstigen Preis an die Armen verkauft. 1534 mußt der Rat, um der Betrügereien der Müller Herr zu werden, eine öffentliche Mehlwaage anlegen und wegen des fortwährenden Mangels an Fleisch eigene Metzger anstellen, die Ochsen schlachteten und das Fleisch billig an die Armen weitergaben. Wie es in solchen Notzeiten ausgesehen habe mag, schildert der Kupferstich des Augsburgers Daniel Hopfer von 1534, der im Anschluß an den Spruch Salomonis (cap. XI, Vers 26) drastisch den Kornwucher illustriert: "Wer Korn inhelt, dem fluochen di Leit, aber Segen kompt uber den, so es verkafft." Erst 1535 waren Getreide und Wein wieder im Überfluß vorhanden.

Eher harmlos wirkt der "Zahnbrecher", der sich links hinter dem Fischverkaufsstand über einen Patienten beugt. Seine "Praxis" im Freien ist nicht zuletzt an dem Aushängeschild kenntlich, auf dem dieser Alleskönner seine sonstigen Angebote anpreist: seine Dienste als Geburtshelfer, allerlei Kram wie Petroleum, Salben gegen Flöhe und Läuse und Rattenpulver. Aber auch hinter der charmant-chaotischen Fassade verbirg sich sozialer Zündstoff. So beschweren sich 1532 beispielsweise vier Ärzte in Augsburg über ungelernte und falsche Ärzte und über den freien Verkauf von Arzneien außerhalb der Apotheke und prangern namentlich die Zahnbrecher an.

Immerhin vermittelt diese Hintergrundszene ein Stück spezifisch städtisches Leben, das auf den Monatsbildern normalerweise nicht die Hauptrolle spielt. Unter diesem Aspekt ließen sich auch die Auslagen der Handwerker in der Sieben-Lädle-Zeile unter dem Perlachturm betrachten. Die interessanten Auslagen, Heiligenfiguren, Turnierspielzeug, Harnischteile, sind Produkte verschiedener städtischer Gewerbe: der Rot- und Goldschmiede der Harnischmacher usw. Doch mehr als eine Andeutung des Gewerbefleißes können diese Szenen nicht sein. Vor allem fehlt jeglicher Hinweis auf die Grundlage der Wirtschaftskraft und das wichtigste Exportgewerbe der Reichsstadt: die Barchentweberei. Über 1000 Meister zählte die Weberzunft zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Ihr Versammlungslokal, das prächtig bemalte Weberhaus, stand im Zentrum der Stadt und zog die Blicke der Besucher auf sich. Die Zunft führte eine eigene Chronik. 1531 wurde ein Angehöriger dieser Zunft, Mang Seitz, zum (zweiten) Bürgermeister gewählt Jörg Breu hatte die Weberei ("Vestiaria") um 1516 noch in seine Gruppe von sechs Rundscheiben aufgenommen. Aber auf den Scheibenrissen und den Gemälden war aus ikonographischen Gründen kein Platz für sie.

Der Reigen der Monatsbeschäftigungen endet auf den Gemälden nicht nur im Dezember, sondern erlebt im Auszug der Ratsherren aus dem Augsburger Rathaus sein großes Finale. Augsburger Realität und Selbstbewußtsein werden in keinem anderen Bildausschnitt so demonstrativ vorgeführt wie in dieser Szene, die den vorgegebenen Rahmen der Monatsbilder-Ikonographie sprengt. Jegliche Anspielung auf die üblichen monatsspezifischen Themen ist vermieden. Selbst das Schweineschlachten, das auf der Vorlage Jörg Breus noch im Hintergrund zu sehen war, hat der Maler weit weg in den Oktober/November verschoben. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich ganz auf die Ratsherren und den mächtigen Bau des alten Rathauses. Zweifellos haben sich hier Sonderwünsche des Auftraggebers niedergeschlagen. Da diese Bildvorstellung schon auf dem Dezemberriß Jörg Breus verwirklicht war, stammt sie bereits aus der Zeit um 1520 und geht auf Georg II Höchstetter zurück.

Das alte Rathaus, 1449 erweitert und 1515/16 von Jakob Zwitzel aus drei ungleichen Reihenhäusern zu einer Einheit umgestaltet, ist um der besseren Wirkung willen im Bild nach vorn versetzt worden. Hinter den hübschen neuen dreiteiligen Korbbogenfenstern im ersten Obergeschoß befand sich der große Rathaussaal. Die blechernen Schutzdächer für die Kramläden und für die Eingänge zu den gewerblich genutzten Kellergewölben wurden in jenen Jahren durch bessere aus Kupfer ersetzt, das die Fugger und andere Familien nach Augsburg importierten. An der Stirnseite erkennt man den Pranger, auf dem Bösewichter wegen ihrer Vergehen öffentlich zur Schau gestellt wurden. Dann wurde der auf dem Bild hochgeklappte hölzerne Boden heruntergelassen. 1531 waren dort beispielsweise Ehebrecher an die Schließeisen angekettet und dem Spott der Menge preisgegeben.

Nur auf dem Gemälde des Maximiliarmuseums ist noch ein Teil der Rathausuhr zu erkennen, die 1516 dort angebracht worden war. Das erste Modell zeigte allerdings nur die vollen Stunden an.

Über dem nördlichen Hauptportal ist das Sandsteinrelief von 1450 mit dem Stadtwappen eingemauert, das sich heute an der Ostfassade des Rathauses von Elias Holl befindet. Zwei wilde Männer halten den gemäß den Bannerfarben des vormaligen bischöflichen Stadtherrn rotweiß/silbernen Schild, auf dem das Stadtzeichen zu sehen ist: eine umgekehrte grüne Weintraube oder "Zirbelnuß" auf einem Fuß, die unter dem Einfluß der Humanisten in einen antiken Pinienzapfen auf einem Kapitell umgestaltet wurde. Unter dem Schilde kauern zwei Löwen, die an die beiden großen Förderer der Stadt erinnern: den Staufer-König Heinrich VI. und Rudolf von Habsburg. Über dem Wappen schweben zwei Engel mit einem Spruchband, auf dem zu lesen war: "Christe, tiLi gloria / in Augusta Rhaetica / Urbe vere regia!" (Ehre sei Dir, Christus, in Augsburg, der wahrhaft königlichen Stadt!). Wappen und Aufschrift zeugen vom Selbstbewußtsein und vom Stolz der Schwaben auf ihre Reichsstadt.

Die Fresken, mit denen Jörg Breu d. Ä. und seine Mitarbeiter nach dem Konzept Konrad Peutingers seit 1516 die Außenfassaden schmückten, sind merkwürdigerweise nicht einmal angedeutet. Einst dürften dort Herrschergestalten aus dem Geschlecht der Habsburger "von Romischen Kaiseren und Kunigen, auch Kunigen von Hispanien und Sicilien" abgebildet gewesen sein. Über dem Wappenrelief am Hauptportal war eine Schlachtenszene zu sehen. Der eigentliche Blickfang ist der achteckige Erker, von dem aus Verlautbarungen des Rates ausgerufen wurden. Daneben diente der sogenannte Kaisererker der Huldigung von Fürsten und neugewählten Bürgermeistern.

Vor dieser Kulisse spielt sich nun der beeindruckende Auftritt der Ratsherren ab. Eingehüllt in ihre kostbaren, perlzverbrämten Schauben verlassen sie ernst und feierlich ihr Versammlungslokal. Einer von ihnen trägt einen Rosenkranz. Ob dieses Attribut eine spezifische Bedeutung hat und etwa auf das Bekenntnis des Betreffenden in der reformatorischen Umbruchzeit verweist, ist schwer zu sagen. Zwei Stadtdiener, die die typische mi-parti-Kleidung in den heraldischen Stadtfarben Rot-Weiß-Grün tragen, bahnen ihnen den Weg. Möglicherweise handelt es sich um den Abgang des alten Rates nach dem "Letztmahl" am 31. Dezember, auf das ein "Neumahl" im Januar folgte. Der Zeichner und Kupferstichverleger Zimmermann deutete 1618 den Vorgang als Neuwahl des neuen Rates von "1520". Die Umsetzung des Rates fand freilich normalerweise erst am Dreikönigstag statt. Vielleicht steht die Szene auch im Zusammenhang mit der Auszahlung des "Bürgermeisters Sold" am Sonntag nach dem Fest der Unschuldigen Kinder (28. Dezember).

Eine "alte Inventarnotiz" vom Anfang des 19. Jahrhunderts aus dem Schloß Leutstetten, wo sich die vier Monatsbilder früher befanden, nennt kühn die Namen der angeblich dargestellten Ratsherren: die Bürgermeister Ulrich Rehlinger und Marx Seitz, die Räte Wolfgang Langenmantel und Hans Mühlich sowie Konrad Peutinger. In der Tat sind die Gesichter der Ratsherren wie schon auf den Scheibenrissen recht markant ausgeführt, und der Gedanke liegt nahe, daß hier zeitgenössische Ratsherren abgebildet worden sind. Doch bestimmte Zuschreibungen erlauben die Porträts, die man zum Vergleich heranziehen kann, nicht.

Die Frage, ob Personen des öffentlichen Lebens, Auftraggeber oder Maler auf den Bildern verewigt und wiederzuerkennen sind, läßt sich auch in anderen Fällen nicht beantworten: Auffällig ist beispielsweise der etwas isolierte Reiter mitten auf dem Perlachplatz, der ein Schwert in der Linken und außerdem noch einen Stab hält. Die Teilnehmer des Festmahls im Januar, der junge Mann am linken Rand des Turnierbildes, der eigenartig aus dem Bild hinaus- und den Betrachter anblickt, sowie der ältere Patrizier mit der Netzhaube, der sich im Vordergrund des Mai-Bildes über die Kartenspieler beugt, könnten ebenfalls reale Personen jener Zeit darstellen. Den letztgenannten in den schwarz-gelben Fuggerfarben hat man als Mitglied der Familie Fugger identifizieren wollen.

Der Perlachplatz war das Zentrum des politischen und wirtschaftlichen Lebens der Reichsstadt. Nach dem Bau des neuen Rathauses durch Elias Holl (1615) erhöhten sich Wert und Wirkung des Bildes, das den früheren topographischen Zustand festhielt. Moderne Historiker verwenden es gern als Illustration mittelalterlichen Stadtlebens. Doch bereits die Zeitgenossen des 16. Jahrhunderts sahen in dem Gemälde offenbar einen gelungenen Versuch der Selbstdarstellung. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts ließen sie eine Kopie des Bildes anfertigen, und es spricht einiges dafür, daß nicht etwa die ganze Serie der Monatsbilder, sondern nur dieses "Winter"-Bild nachgemalt wurde.

Exklusive Geselligkeit und aristokratischer Zeitvertreib 
(Januar-März)

Das Bild des verschneiten Perlachplatzes ist fraglos das bekannteste aus Serie der vier Monatsbilder, und kein anderes bildet die geschönte Augsburger Wirklichkeit so getreu ab. Aber noch bemerkenswerter ist das Gemälde mit den Monaten Januar bis März. Die Motive sind noch eigenwilliger, vor allem weicht das Bild insgesamt am stärksten von den Vorlagen der Scheibenrisse ab. Es bringt daher am besten die Wünsche und Absichten zum Ausdruck, die der (zweite) Auftraggeber um 1531 mit diesen Gemälden verfolgte.

Selbst das Januar-Bild hält sich nur scheinbar an den vorgegebenen Rahmen und an die Zeichnungen Breus: Die Festgesellschaft in der Wohnung eines reichen Mitbürgers oder in einem größeren Versammlungsraun, die sorgfältig aufgebaute, repräsentative Kredenz mit den prunkvollen Schaugefäßen, Tellern und Krügen, schließlich der Kachelofen, an dem sich eine Frau wärmt und auf dem eine Katze ein ruhiges Plätzchen gefunden hat - all das entspricht weitgehend den Januar-Darstellungen in den Kalendarien der Stundenbücher und der Komposition auf dem Scheibenriß. Auf den Ausblick aus dem Fenster auf das winterliche Treiben des Weinmarktes, auf das alte Siegelhaus und Sankt Ulrich mit dem noch unvollendeten Turm hat der Maler verzichtet.

Aber einige Themen sind sehr viel stärker als in den allgemeinen und speziellen Vor-Bildern betont: der gesellige Charakter des festlichen Mahls, an dem eine größere Schar vornehmer Gäste teilnimmt; die zentrale Bedeutung von Musik, für die die beiden Damen im Vordergrund mit ihren Lauten sorgen, und von Gesellschaftsspielen, die gleich dreimal ins Bild komen: beim Tric-Trac-Spiel der beiden Männer am linken Bildrand, im Schachbrett an der Wand und in der Runde der Kartenspieler. Individuelle und entscheidende Zutaten des Malers sind der Narr im Hintergrund, der Bienen fängt, und der dreifüßige Schemel im Vordergrund, eine Art Beistelltisch, der mit den Wappen der Augsburger "High Society" bemalt ist.

Vor allem diese Wappen verleihen dem Bild einen individuellen Charakter, bringen einen neuen Realitätsbezug in das Genre-Bild. Zwar hat der Maler auch hier eines der beiden Paare am Tisch durch die zentrale Position im Bild, durch aufwendige Kleidung und Gestik besonders hervorgehoben. Doch die Szene ist mehr als eine Reminiszenz an das fürstliche Fest wie es in flämischen Kalendarien, etwa im Stundenbuch des Herzog Berry oder im Breviarium Grimani, dargestellt ist. Das Fest ist ein Gemeinschaftserlebnis und offensichtlich keine beliebige Zusammenkunft wohlhabender Bürger, sondern ein spezielles Treffen eines ausgewählten Kreises. Der Raum mit seiner aufwendigen Holzkassettendecke, dem Wandbrunnen und den zierlichen Mittel- und Ecksäulen der Glasfenster ist nicht eindeutig zu identifizieren. Doch das Interieur paßt wohl kaum zu einem normalen Festessen in einem öffentlichen Wirtshaus, wie es im Ravensburger Gatshaus "Zum Mohren" auf einem Fresko des 15. Jahrhunderts - ebenfalls mit den Wappen der Patrizier - dargestellt war. Schon eher könnte man an ein Neujahrsmahl des Rates oder an eine private Feier in der guten Stube eines Patrizierhauses denken. Auf entsprechende Bräuche verweisen Einträge in den städtischen Amtsbüchern, aber auch ein Passus in dem 1537 in Augsburg auf deutsch herausgegebenen Werk des weitgereisten italienischen Theologen Polydorus Vergilius (gest. 1555) "Von den erfyndern der dyngen". Vergilius geht unter anderem auch der Frage nach, "woher bey den unsern der brauch sey, Gelt under das volck hinaus zu werffen, ein gemayne Malzeyt un(d) daz New Jar [zu] geben, Dantzen, Schawspyl halten und am ersten tag des Mayens auff die aecker hinaus zegehen, unnd auch am ersten tag des Mertzens mit angezündten Facklen durch die Felder zelauffen und an den Weyhenachten etwann aus den Knechten ein Künig zumachenn und vor anfangs der Fasten, Faßnacht klayder anzulegenn". Demnach ist der Brauch, "im anfang des jars von gutes glücks wegen eine Strena", das heißt eine "schankung", zu geben, auf die Zeiten des Kaisers Augustus zurückzuführen. In der Gestaltung des Festes gab es im Europa des Vergilius Unterschiede: In Italien richteten es die Reichen den weniger Reichen aus, in England die Fürsten dem König.

Den besten Fingerzeig auf Ort, Anlaß und Festgemeinde geben aber wohl die 37 Wappen selbst, die erstaunlich sorgfältig in sechs Reihen (I-VI) auf den Untersatz gemalt worden sind. Eins der Wappen ist nicht mehr zu erkennen. Die anderen lassen sich bis auf wenige Ausnahmen zweifelsfrei identifizieren:

I 1: Langenmantel vom R.
I 2: Rehlinger
I 3: Sultzer
I 4: Welser
I 5: Walther
I 6: Frickinger
I 7: [nicht erkennbar]
II 1: Langenmantel vom Sparren
II 2: [bislang nicht identifiziert];
wohl kaum von Giltlingen, Artzt oder Kenzel.
II 3: Lauginger
II 4: Grandauer
II 5: Hofmair
II 6: Regel
III 1: von Stetten
III 2: Fugger
III 3: Mielich
III 4: Baumgartner
III 5: Meiting
III 6: wohl Thurzo (oben wachsender Löwe, unten eine halbe rote Rose);
vgl. aber auch Honold »vom Luchs«.
IV 1: Rem/Rhem
IV 2: Hainzel
IV 3: wohl Vetter; evtl. auch Honold »vom Luchs«?
IV 4: Wilbrecht; kaum Ulstätt
IV 5: Schellenberger
IV 6: Ehem
V 1: Riedler
V 2: Dietenheimer
V 3: wohl Neidhart; kaum Pichler
V 4: PreiPschuh
V 5: Vetter oder Vögelin
V 6: Herwart
VI 1: Adler
VI 2: Vöhlin
VI 3: Ravensburger
VI 4: Peutinger
VI 5: Reihing
VI 6: Renwolt/Rembold

Nur die Wappen der Patrizier und der mit ihnen durch Heirat verbundenen großen Familien Augsburgs, der sogenannten "Mehrer", haben auf dem Schemel Platz gefunden. Die Familien der Zunftbürgermeister, etwa des mehrfachen Stadtpflegers Mang Seitz, der 1531 Anton Bimmel ablöste, sind nicht vertreten. Die nähere Eingrenzung und Datierung dieser Wappenkombination ist nicht leicht. Auf dem Schemel sind keine Allianzwappen zu sehen, mit deren Hilfe man einzelne Personen identifizieren könnte. Kein Wappen ist etwa durch seine Position oder Ausführung gegenüber den anderen herausgehoben. Falls die politische Führungsschicht, also Stadtpfleger, Mitglieder des Großen (233 Personen, davon 12 Patrizier) und des Inneren Rats (12 Patrizier und 57 Zünftler) und andere Amtsinhaber gemeint gewesen sein sollten, dann müßten einige der Wappen mehrfach vertreten sein. Daß ein Familienwappen stellvertretend für mehrere namentlich bekannte Amtsträger stehen könnte, ist unwahrscheinlich. Daher lassen sich Zahl und Verteilung der Wappen schlecht zu der Größe der jeweiligen Gremien in Beziehung setzen. Verlockend wären solche Überlegungen allenfalls für die Zeit nach der Regimentsordnung Karls V. von 1548, als ein 7köpfiger "Geheimer Rat" eingerichtet und der Innere Rat auf 41 Personen (31 Patrizier, 3 Mehrer, 1 von den Kaufleuten und 6 aus der Gemeinde) reduziert wurde. Sollte also etwa die oberste Reihe auf dem Schemel, die anders als die nachfolgenden Reihen ursprünglich aus sieben Wappen bestand, dem obersten Regierungsorgan entsprechen?

Plausibler ist eine andere Hypothese: Könnte es sich nicht um die Wappen der Familien handeln, die Zugang zur Herrenstubengesellschaft erlangt hatten? Dieser Vereinigung, der "merere Gesellschaft von der herren stuben", gehörten Patrizier und durch Heirat stubenfähige Nichtpatrizier an, darunter besonders Leute aus der Kaufleutezunft ("Mehrer der Gesellschaft"). Aus der letztgenannten Gruppe der Mehrer wurden 1538 die übriggebliebenen sieben alten Geschlechter durch 39 Familien ergänzt. Von den sieben alten Geschlechtern (Herwart, Hofmaier, Ilsung, Langenmantel, Ravensburger, Rehlinger und Welser) fehlt nur das Wappen der Ilsung; also spricht einiges dafür, daß das nicht mehr erkennbare Wappen (I 7) das der Ilsung war. Allerdings sind in der Stadtpolitik von 1500 bis 1548 von diesen alten Geschlechtern nur noch die Herwart, Langenmantel, Rehlinger und Welser aktiv gewesen.

Die Mitglieder der Herrengesellschaft fanden sich in der Herrentrinkstube zu Beratungen, Hochzeiten und Gelagen zusammen. Dieser Versammlungsraum, auch Geschlechterstube, Herrenstube oder Bürgerhaus genannt, befand sich an der Ecke gegenüber dem alten Rathaus. Hier kam man auf die Idee, Hochzeitsbücher anlegen zu lassen: "so auf der herren stuben rechtlich beschriben, auch derselben erlich gesellschafft und geschlechten zugethon gewesen, und zum tbaill noch sein". An den Wänden hingen womöglich repräsentative Gemälde wie etwa der Geschlechtertanz des Abraham Schelhas (um 1600). In einem solchen Raum hätten die Wappen der Mitglieder ihren guten Sinn, sei es an den Wänden, sei es auf einem Wappenschemel. Diesen Usus bestätigt der Kaufmann Hektor Mülich in seiner Chronik: "Anno domini 1457 seind dise nachgeschribne gechlecht auf der trinckstuben gemalt an der taflen gewesen, wie sie hernach stand gemalet"; anschließend folgen die angekündigten Wappenmalereien.

In eine ähnliche Richtung weist die Beischrift im "Gartenfest" Narziß Renners (1522), der die 200 Wappen nachgemalt hat "von der Stuben", davon 54 der von Herren. Mit dieser Stube könnte auch der Sitz der Kaufleutestubengesellschaft gemeint gewesen sein, die den Angehörigen aller Zünfte offenstand. Dem Namen nach müßte die führende Zunft, die Kaufleutezunft, die 1539 nur noch 39 Mitglieder hatte, in dieser Gesellschaft den Ton angegeben haben. Das war aber offensichtlich nicht der Fall. Denn die Kaufleute selbst zogen es vor, lieber in der Herrenstubengesellschaft und in der Herrentrinkstube unter ihresgleichen zu verkehren. Ein Schlaglicht auf das gesellschaftliche Leben beider Gemeinschaften werfen die "Stubengesetze der Gesellschaft der Kaufleute von 1541", die nur folgende Spiele auf der Stube gestattete: "mit dem würffl, doch allain im pret, item mit der karten, im thurn, muntten, ains und hundert, rümpfen der pfennig, aber teurer nit und karneußlen". Auch Hochzeiten wurden in der Kaufleutestube wie in der Herrentrinkstube am Perlach gefeiert.

Auf dem Januar-Bild ist also entweder ein (Neujahrs-)Fest in der Trinkstube der "Herrengesellschaft" oder eine Feier in den Privaträumen eines ihrer Mitglieder abgebildet. Einige offene Fragen bleiben: So fällt auf, daß verschiedene Familien, die eigentlich auf der Herrenstube repräsentiert sein müßten, nicht mit ihren Wappen vertreten sind, z. B. die Gossembrot, Höchstetter oder Pfister. Es fehlt mit dem Höchstetter-Wappen also ausgerechnet das Erkennungszeichen jener Familie, die ihr Haus mit den Monatsscheiben nach den Entwürfen von Jörg Breu hat ausschmücken lassen. Entweder ist ihr Wappen mit jenem identisch, das in der obersten Reihe rechts außen im nachhinein unkenntlich geworden ist, oder aber es ist bewußt unterdrückt worden. 1529 brach das  Wirtschaftsimperium der Höchstetter bekanntlich zusammen, die Firmenchefs saßen Anfang der dreißiger Jahre in Haft. Vor diesem Hintergrund wird die Lücke in der Wappenfolge im Januar-Bild zumindest erklärlich.

An das prunkvolle Fest im Januar schließen sich das prächtige Turnier und das bunte Treiben im Februar und März an. Das Turnier findet im Innenhof eines gotischen Gebäudes statt, das mit seinen großen Erdgeschoßlauben, dem Zinnenkranz und mit dem Turm aus drei aufeinander aufbauenden Loggien das Geschehen im vorderen Teil hermetisch vom Hintergrund abschließt. Die Architekturformen gemahnen an venezianische Vorbilder, an vergleichbare Elemente auf Gemälden Carpaccios und Bellinis oder auch an den Fondaco dei Tedeschi, das Kaufhaus der Deutschen in Venedig, wo Augsburger und Nürnberger Kaufleute eine führende Rolle spielten. Insbesondere die überdeckten Bogengänge mit den roten Marmortondi in den Bogenzwickeln erinnern aber auch an Bauten in Augsburg selbst und in der weiteren Umgebung: an die Fuggerkapelle in St. Anna, an den Damenhof der Fuggerhäuser, an den Nordflügel des Schlosses Neuburg an der Donau (1534-1537), an Architekturformen des Schlosses Grünau, des Schwazer Fuggerhauses und anderer Tiroler Burgenneubauten. Über die Renaissance-Architektur wird also erneut ein Bezug zur Lebenswirklichkeit der Augsburger Oberschicht des 16. Jahrhunderts hergestellt. Die Bauformen verbinden anscheinend zeitgenössische Gestaltungselemente mit Phantasieformen. Gegen eine reine Phantasieansicht sprechen unter anderem die roten Kuppeln und Dächer, die rechts - eigentlich überflüssigerweise - hinter dem Zinnenkranz angedeutet sind. Allerdings ist es bislang nicht gelungen, den luftigen, heiteren Renaissance-Bau mit einem historisch verbürgten oder noch bestehendem Schloß oder Palazzo zu identifizieren.

Das Turnierbild spiegelt wie kein anderes Thema innerhalb des Monatszyklus die Vorlieben und Absichten des Auftraggebers wider. Im Mittelpunkt steht das gesellschaftliche Ereignis der ritterlichen Welt, das exklusive Kampfspiel des Adels. Das städtische Patriziat hatte dem Adel jedoch längst dieses Privileg streitig gemacht. Gelegenheit dazu hatte es auf den zahlreichen Turnieren, die im späten Mittelalter überwiegend in den Städten stattfanden. Willkommener Anlaß solcher Kampfspiele waren häufig Besuche von Königen und Fürsten in der Stadt, aber auch Hochzeiten wohlhabender Bürger. Daneben kamen im 15. Jahrhundert Turniere zur Fastnacht groß in Mode. Im Narrenschiff Sebastian Brants gehören Turniere bereits wie selbstverständlich zur Fastenzeit: "Auch lädt man ein zu Tanz und Stechen, da muß man viele Speere brechen, und Narren recht zusammenbringen".

In die Fastenzeit (Februar/März) fällt auch das Turnier auf dem Augsburger Monatsbild. Vorläufer in den Kalendarien der Stundenbücher oder in anderen Monatszyklen gibt es kaum. Allenfalls die Repräsentation des Februars durch ein Turnier im Adlerturm von Trient ließe sich zum Vergleich heranziehen und könnte die Augsburger Lösung beeinflußt habeni.

Das Februar-Bild erschließt sich also weniger als Teil eines traditionellen Bildprogramms, sondern dokumentiert nackdrücklich die gesellschaftliche Bedeutung des Turniers im Augsburg jener Zeit. Die schwäbische Reichsstadt war damals die erste Adresse für jeden, der das Turnierwesen in Theorie und Praxis kennenlernen wollte. Hier befand sich das Zentrum der Harnischproduktion, die Hochburg der Plattner, hier und in Nürnberg wurden mehr Turniere abgehalten als irgendwo sonst in Deutschland, hier war demzufolge auch das theoretische und historische Interesse an der Geschichte der Turniere besonders groß.

Diese besondere Anteilnahme dokumentieren die Turnierbücher, die in Deutschland seit dem Ende des 15. Jahrhunderts Ablauf, Kampfformen, Termine und Teilnehmer der Turniere festhalten. Könige und Fürsten gaben persönliche Turnierbücher in Auftrag, die von bekannten Künstlern illustriert wurden. Die Turnierbücher Kaiser Maximilians I. mit Miniaturen der Augsburger Maler Hans Burgkmair d. Ä. und d. J. oder der sächsischen Kurfürsten aus der Cranach-Werkstatt und des Herzogs Wilhelm IV. von Bayern mit Bildern von Hans Ostendorfer d. J. sind nur die bekanntesten Beispiele. Unter den historischen Turnierbüchern, die Kampfspiele an einem Ort oder die Turniergeschichte bis in die Zeit König Heinrichs I. (938) zurückverfolgen, wurde das 1530 gedruckte Werk des Reichsherolds Georg Rixner Vorbild für viele spätere historische Abrisse.

Aber auch bürgerliche Liebhaber des ritterlichen Kampfsports verfaßten einige bemerkenswerte Turnierbücher. Einige besonders informative und prächtige Exemplare entstanden in Augsburg. 1518 erschien dort die älteste gedruckte Turnierordnung und -chronik: "Wann und um wellicher ursachen willen das loblich ritterspil des turniers erdacht und zum ersten geübet worden ist". Die Schrift eröffnete den Reigen der großen Turnierbücher und diente unter anderem auch Georg Rixner als Vorlage. Der Verfasser ist unbekannt, den Druck von 1514 veranlaßte der Augsburger Bürger Marx Würsung. Ein seltenes Beispiel eines persönlichen Turnierbuchs aus der Feder eines städtischen Patriziers ist der Bericht des Marx Walther, der die Aufzeichnungen über die von ihm bestrittenen Reiterzweikämpfe mit Notizen über die Geschichte seiner Familie verband. Kolorierte Federzeichnungen illustrieren die Zweikämpfe, die er in der Zeit von 1477 bis 1489 austrug. Der Augsburger Bürger scheint seinen ganzen Ehrgeiz daran gesetzt zu haben, seine städtischen und adligen Konkurrenten zu übertreffen. Bezeichnend für sein Selbstbewußtsein und seine Renommiersucht ist eine Episode aus dem Jahr 1489. Bei einem Rennen gegen Jacob Ridler aus München erschien er mit einem riesigen Spieß von dreifacher Manneslänge in der Arena, den selbst zwei Helfer nur mit Mühe tragen konnten. Seine Gegner argwöhnten, die Lanze müsse hohl sein. Kurzentschlossen setzte Walther zum Gegenbeweis einen vierzehnjährigen Knaben auf die Lanze und sprengte so in voller Rüstung einmal über den Fronhof und zurück. Danach schlug er die Eisenspitze vom Spieß, füllte sie mit Wein und trank sie in einem Zug aus. Um 1542 übersetzte der Augsburger Ratsdiener Paul Hector Mair eine Turniergeschichte ins Lateinische und arbeitete diese in sein "Fechtbuch" ein. Mair hat auch Angaben darüber gemacht, "wie es meine Herren [die Ratsherren] halten, wenn sie ain Rennen [in Augsburg] ausschreiben". Eigene Beobachtungen und Auszüge aus den Turnierbüchern Würsungs, Walthers und Mairs fügte Jeremias Schemel um 1560 zu einem großen, reich illustrierten Sammelband zusammen. Anhand anschaulicher Bilder beschrieb er unter anderem das "welsch gestech über das Till" und die 32 Harnischteile dieses "welschen gestechs über die Plangken oder frei Thornier mit all seiner zugehör".

Das Interesse der Augsburger Bürger am Turnier bezeugen auch die Fresken, Holzschnitte, Scheibenrisse und Zeichnungen, die das beliebte Kampfspiel abbilden. Ein frühes und außergewöhnliches Beispiel ist das große Fresko aus dem Stettenhaus, das einen Turnierkampf mit Keulen und Schwertern zeigt. Wie selbstverständlich ist das Thema neben Schlittenfahrt und Jagdszenen in einer Miniatur des Fuggerschen Ehrenbuches festgehalten. In ähnlicher Form ziert das Motiv auch die Ratsbücher des oberen und unteren Rats.

Nicht weniger aufschlußreich für die Aufmerksamkeit, die man in bürgerlichen Kreisen den Turnieren schenkte, sind die zahlreichen Hinweise in der Augsburger Chronistik des 15. und 16. Jahrhunderts. Aus Chroniken und Turnierbücher erfahren wir denn auch zwar nicht erschöpfend, aber doch einigermaßen zuverlässig, wie häufig man sich in den Städten zu diesen Schaukämpfen traf und wie die Treffen abliefen. Eine Zusammenschau sämtlicher Nachrichten über die Turniere in den süd- und mitteldeutschen Städten von 1400 bis 1550 ergibt, daß gleich nach Nürnberg für Augsburg die meisten Turniere überliefert sind. Ungefähr 45 Scharfrennen, (welsche) Stechen oder Halbierungen wurden in diesem Zeitraum ausgetragen - in der Rosenau, auf dem Weinmarkt, bei Wellenburg oder auf dem Fronhof. Dreizehn größere Turniere fielen allein in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts. In der Regel wurden sie als Rahmenprogramm bei Reichstagen, Schießfesten und Hochzeiten oder während der Fastenzeit anberaumt. Die Kosten solcher Veranstaltungen waren beträchtlich. Bezüglich der sozialen Herkunft der Turnierteilnehmer in Augsburg gab es verschiedene Varianten: Oft blieb der Adel unter sich, die Bürger maßen sich meist untereinander bzw. mit Gästen aus anderen Städten, mehrmals traten aber auch Adlige gegen Bürger an.

Einige dieser Turniere erregten aus verschiedenen Gründen besonderes Aufsehen. Zur Fastnacht 1442 kam Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg mit 54 Rittern und 300 edlen Turnierteilnehmern nach Augsburg. Der Rat mußte auf dem Fronhof, dem Turnierplatz, einen "Ordnungsdienst" von 1.300 Männern aufbieten, um die Sicherheit der Teilnehmer und Zuschauer zu gewährleisten. "Kostlich täntz" und "fröliche vasnacht von stechen und anderm" waren den Aufwand offenbar wert. Die ritterliche Lebensweise faszinierte die Bürger und spornte sie zu besonderen Anstrengungen auf dem Spezialgebiet des Adels an. Die sportliche Rivalität konnte gefährlich werden, sobald sie das Selbstverständnis und das Standesbewußtsein der Ritter in Frage stellte. So wurde Michael Rem während eines Fastnachtsturniers von einem von Schaumburg erstochen, und zwar deshalb, weil er gesagt hatte, "daß unsere Bürger mit Thurnieren und Rennen denen vom Adel weit überlegen weren".

1459 maßen sich die Augsburger auf dem Fronhof mit ihren Gegnern aus Nürnberg und Ulm. Am 6. Februar "stachen die Herzöge Christoph und Wolfgang von Bayern mit den Bürgern" bei einem Gesellenstechen. In Anwesenheit Maximilians I. fand 1510 erneut ein prächtiges Turnier statt, an das sich ein Festmahl im Haus Jacob Fuggers und danach der Geschlechtertanz auf dem Tanzhaus anschlossen. Anläßlich der Hochzeit Anton Fuggers mit Anna Rehlinger war am 5. Februar 1527 erneut ein Rennen oder Stechen angesetzt, an dem Ulrich Welser, Thomas Ehem, Jörg Pfister, Wolf Preischuh, Lienhart Epischoffer, Michel Sedelmeier, Paltaß Streng, Ulrich Prock, ein gewisser "Gallunsch" und Offerus Mair als Turnierer sowie "Gall Schemel maller" und "Michel Feierabent balbierer" als Narren teilnahmen. Großen Zuspruch muß das Turnier gefunden haben, das 1542 auf dem Fronhof veranstaltet wurde. Wilhelm Peter Zimmermann hat es nach einer zeitgenössischen Vorlage ungefähr 200 Jahre später wiedergegeben.

Der Nachweis der Turnierfähigkeit war das beste Mittel, Zweifel an der adligen Herkunft zu zerstreuen. So wehrten sich auch die Rehlinger in ihrem Stammbuch gegen "Mißgunstige des Rehlingeschen Namens und Geschlechtes" am besten mit dem Hinweis darauf, daß sie "neben und mit anderen vom Adel selbst gerent, gestochen und thurniert haben, bey welchem Thurnieren, Rennen und Stechen vil fürsten, graven, freiherren und von guttem rittermessigen Adel zum offten mal in guetter anzal selbst personlich gewesen und vil ehrlicher Ritterspil und kurzweil mit ihnen gehalten und hochberuembt worden sind".

Die Berechtigung zur Teilnahme am Turnier wurde auch in den Adels- und Wappenbriefen gebührend hervorgehoben. Die Privilegien machten den Begünstigten zu einem "recht edel gebornen Lebens-, Torniersgenoß und rittermeBigen edelleuten" und verliehen das Recht, "ein rots wachs geprauchen, tornier zu reitten ... urtail zu schöpffen und Recht zu sprechen", wie es im Adelsbrief Karls V. für die Augsburger Krafter heißt.

Ist nun das Turnier, das auf dem Augsburger Monatsbild dargestellt ist, mit einem historischen Turnier zu identifizieren? Bezieht sich die Jahreszahl 1531 auf dem Renaissance-Bau im Mittelgrund auf die Veranstaltung im Vordergrund? Die Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Historisch bezeugt sind lediglich für 1530 einige Treffen: am 6. Juni ein Scheingefecht anläßlich der Ankunft Kaiser Karls V. und König Ferdinands in Schwaz (Tirol); am 10. Juni ein Scharmützel in München anläßlich des Einzugs des Kaisers und des Königs auf ihrer Reise nach Augsburg; am 5. September 1530 das Turnier in Wellenburg bei Augsburg, als Ferdinand I. durch Karl V. mit den österreichischen Erblanden belehnt wurde. Das letztgenannte Ereignis ist bis hin zu den Farben der Turnierschilde ausführlich beschrieben worden. Gemeinsamkeiten mit den Farben und Wappen auf dem Februar-Bild sind nicht festzustellen. Anfang 1531 fanden dann in Köln die Wahl und in Aachen die Krönung Ferdinands zum römischen König statt. Auf dem Rückweg nach Österreich ließ ihm der Augsburger Rat in Donauwörth durch Johann Haintzel und Konrad Peutinger die besten Glückwünsche zur Königswahl ausrichten. Am Augsburger Weberhaus war König Ferdinand als "erwelt 1531" vertreten. In den Hochzeitsbüchern vermerkte man das Ereignis ebenfalls, aber von einem Turnier aus Anlaß der Wahl und Krönung ist nichts bekannti.

Auch sonst ist für 1531 in Süddeutschland kein besonderes Turnier bezeugt; Jeremias Schemel nennt nach der Hochzeit Anton Fuggers (1527) erst wieder zu 1538 ein "gestech und rennen", das auf Karl Fillingers Hochzeit ausgetragen wurde. Falls der Ort des Geschehens Augsburg sein sollte, könnte es sich bei den Kampfspielen auf unserem Monatsbild höchstens um eine "normale" Fastnachtsveranstaltung handeln - es sei denn, das Bild selbst gäbe uns konkrete Hinweise auf ein anderweitig nicht überliefertes Turnier dieses Jahres.

Die große Turnierdarstellung selbst gibt freilich zunächst Rätsel auf. Offensichtlich hat der Maler verschiedene Turnierformen miteinander verbunden und sich auch bei Harnisch- und Helmformen nicht immer an die realen Vorbilder gehalten. Ganz im Vordergrund tragen zwei Reiter augenscheinlich ein "deutsches Stechen" aus. Die Lanzenspitzen sind im Gegensatz zum Scharfrennen nicht mit einem vierseitig geschmiedeten spitzen Dorn, sondern mit einem Krönlein versehen. Dahinter findet ein "welsches Stechen über die Palia" oder, wie man in Augsburg sagte, ein "welsch Gestech über das Thill" statt. Bei dieser italienischen Turnierart, die um 1530 in Deutschland immer beliebter wurde, waren die Gegner durch eine Planke (palia, dill) voneinander getrennt, die den möglichen Zusammenprall der Pferde verhindern sollte; die Spieße waren dabei ebenfalls gekrönelt, trugen also an der Spitze einen stumpfen Kranz von Zacken. Bei beiden Varianten zielte der Stoß auf die Tartsche, die den Hals und die linke Schulter des Gegners deckte. Im Hintergrund rechts messen sich andere Streiter im Schwerterkampf. Die beiden Trompetenbläser sowie der eine Trommler noch weiter rechts davon übernahmen vielleicht das Anblasen des Turniers. Wahrscheinlich handelt es sich aber um die drei festangestellten Spielleute der Stadt, die das Fest musikalisch begleiteten. Der Maler hat also verschiedene Gänge eines Turniers zusammengefaßt, die normalerweise auf mehrere Tage verteilt waren. Ebenfalls simultan, aber auf andere Weise hat Jörg Breu d. Ä. die unterschiedlichen Turnierformen auf dem großen Holzschnitt über das Turnier bei Wellenburg (1530) wiedergegeben.

Sämtliche Turnierer tragen prächtige (Halb-)Harnische. Die Helme der beiden Teilnehmer am Plankengestech sind durch große Federbüsche, der des linken Reiters mit einer besonderen Helmzier geschmückt. Spezialisten für diese stählernen "Maßanzüge" waren Augsburger und Nürnberger Harnischmacher. Die Datierung der abgebildeten Rüstungen und Waffen ist schwierig; der Stechhelm des Reiters auf der gelb-schwarzen Renndecke im Vordergrund gehört eher in eine etwas frühere Zeit (um 1520), wenn man an Abbildungen zeitgenössischer Turnierbücher (etwa im Freydal) denkt und berücksichtigt, zu welchen sehr viel eleganteren Lösungen Augsburger Harnischmacher bereits um 1525 gekommen waren. Andererseits ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß man um 1530 noch Turniere mit diesen etwas veralteten Helmen ausgetragen hat. Die "Renngäule" wurden eigens für die Turniere trainiert und nicht minder aufwendig herausgeputzt: mit den Schellenkränzen um den Hals und mit den farbenfrohen Turnierdecken.

Das Kampfbild bietet nun einige scheinbar konkrete Anhaltspunkte für eine nähere Identifizierung: Am augenfälligsten sind die Embleme auf Tartschen und im Helmschmuck sowie die farbenprächtigen Turnierdecken mit ihren Monogrammen, Symbolen und den Devisen. Wohl anhand dieser Anhaltspunkte sind die Kämpfenden in der älteren Literatur auch kurzerhand als Angehörige der Familien Lanberger, Fugger, Rechenberger und Besserer identifiziert worden. Ganz so einfach ist es nicht. Die Decken einiger Pferde an der Planke, das heißt die rote mit weißen Ornamenten, die gelb-rote und die hellrote Renndecke mit goldenen Rankenornamenten, lassen überhaupt keine weiteren Rückschlüsse auf die Reiter zu. Die übrigen Embleme versprechen mehr als sie halten. Nicht einmal der linke Ritter mit goldenen gekreuzten Rechen auf grünem Grund auf der Tartsche und der Frau mit gekreuzten Rechen im Helmschmuck ist namentlich zu ermitteln. Das Wappen der Rechenberger und andere Wappen, die durch gekreuzte Rechen gekennzeichnet sind, sehen anders aus.

Die Turnierdecke des zweiten Teilnehmers von links ist wie die Tartsche rot-weiß-grün-schwarz gestreift und zeigt eine Frau (?) in Grün, auf die ein weißer Hund zuspringt, sowie ein weißes, nicht ausgefülltes Devisenband. Wahrscheinlich steckt hinter dem Bilderrätsel ein Scherz oder ein Sprich wort. Goldene Leuchter (?) schmücken die grüne Decke des rechten Pferdes im Vordergrund. Aufgemalt ist ferner ein zweigeteiltes Band mit dem scherzhaften Spruch: "Mein Spies spicz, ich hie sicz". Wieder ganz anders, nämlich mit grünen Spielkarten, ist die grüne, durch Goldfäden in Rhomben unterteilte Schabracke des mittleren Pferdes verziert. Das Spielkartenmuster und die Bilddevisen passen gut zu einem Fastnachtsturnier. Ähnliche Schmuckelemente und Losungen kehren beispielsweise in verschiedenen Turnierbüchern wieder. Da reitet der sächsische Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige in Torgau 1527 auf einem Pferd, dessen rote Decke mit silbernen Spielkarten übersät ist. An solchen spielerischen Figuren hatte auch Herzog Wilhelm IV. von Bayern seine Freude. In seinem Turnierbuch fällt etwa eine Renndecke mit Ringen, Sternen, Uhren, Schachbrett und Gießkanne ins Auge. Den Scherz- oder Phantasiefiguren auf den Monatsbildern am nächsten kommen Darstellungen im Turnierbuch des Augsburgers Marx Walther. Dort sieht man auf den Renndecken zum Beispiel eine Katze mit dem Spruch: "Das ist ain bösse katz, die ain vornen leckt und hinden kratzt" oder auch: "Wer mir ist wider, den stos ich nider". Doch zur Identifizierung der Turnierreiter geben die Symbole und Aufschriften wenig her. "Die mannigfaltigen Bilder der Renn- und Pferdedecken, der Schilde und Helmzierde haben selten Bezug auf das Wappen des Ritters, es waren beliebige für das besondere Turnier bestimmte Attribute, die häufig ihren Grund in irgendeinem Witze hatten".

Festeren Boden meint man beim Schmuck der Renndecke links im Vordergrund zu betreten: Die gelbe Turnierdecke ist mit grün-schwarzen Sonnenstrahlen oder Flammen und schwarzen Blättern übersät und wiederholt mehrmals das Monogramm "AF" am Saum. Die Versuchung, das Monogramm voreilig mit bekannten Namen aufzulösen, ist groß. Die Initialen und die gelb-schwarzen Farben passen etwa auf Anton Fugger, um 1531 Leiter des bedeutenden Handelshauses. So ähnlich sind diese Anfangsbuchstaben etwa in sein Petschaft eingeschnitten. Weitere Daten der Fugger-Geschichte drängen sich in diesem Zusammenhang auf: 1531 richtete Anton Fugger in seinem Haus am Weinmarkt ein "kaiserlich Palatium" ein, das Karl V. und die Angehörigen des Kaiserhauses während der Reichstage bewohntenSollte das Renaissance-Gebäude auf dem Februar-Bild den geplanten oder im Bau befindlichen "Palazzo" abbilden? Oder ist einer der Landsitze gemeint, auf den sich Anton Fugger und andere Augsburger Patrizier in jenen Jahren zurückzogen? Nachdem am 19. November 1530 der Augsburger Reichstag verabschiedet worden war, hielten sich Karl V. und Ferdinand noch bei Anton Fugger in Schloß Weißenhorn auf. Dorthin siedelte der Firmenchef, der in dem "kritischen" Jahr 1531 von Karl V. in den Grafenstand erhoben worden war, über und hielt dort von 1533 bis 1536 "herrlich und zierlich" "Haus". So verführerisch solche Kombinationen auch sind, so erlauben sie doch nicht, den Turnierteilnehmer und die Renaissance-Kulisse oder gar den Auftraggeber zweifelsfrei zu identifizieren.

Die Alternativen zur Auflösung des Monogramms auf der Turnierdecke sind nicht weniger plausibel, können allerdings auch nicht recht befriedigen. In verschlungener Form stehen die beiden Buchstaben (AF oder FA) nämlich auch für König Ferdinand I. und seine Gemahlin Anna. Beim Einzug Karls V. in Augsburg 1530 begleiteten ihn unter anderen 100 "Trabanten...ynn gelben leibröcken, und ynn dem einen erbel seiner Mai(estet) liberey, dazwischen ein gelb buchstab F und A gestickt". Genauso hat es Jörg Breu auch auf seinem Holzschnitt über das Einreiten des Kaisers wiedergeben. Ähnlich findet sich das Monogramm auf Holzschnitten Jörg Breus und Christoph Ambergers, auf denen die Schlittenfahrt des Königspaares während des Reichstags dargestellt ist. Ferner ist es auf Medaillen, dem Spielbrett von Hans Kels und anderen Gegenständen zu sehen.

Andere Möglichkeiten sind freilich nicht auszuschließen. Das ligierte "AF" war etwa auch das Monogramm der Augsburger Kunsthandwerkerfamilie Forster. Die Initialen könnten sich auch statt auf die Königsfamilie auf ritterliche Turnierteilnehmer beziehen. Selbst der Gedanke, daß die beiden Buchstaben als Abkürzung einer Devise zu verstehen sind, wäre nicht ganz abwegig. Im Turnierbuch Herzog Wilhelms IV. von Bayern tummeln sich etwa Narren auf einer Turnierdecke, verbunden mit den Buchstaben W.S.N.A., die mit "Wir seind nit alain" aufzulösen sind. Bei einem anderen Treffen tritt ein Teilnehmer mit dem Wahlspruch an: "All Freudt mitt fridt". Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 waren die Leute Landgraf Philipps von Hessen an den am Ärmel aufgenähten Buchstaben V.D.M.I.E. kenntlich: "Verbum Domini manet in eternum". Der Volksmund machte sich darauf seinen eigenen Reim: Und Du Mußt Ins Elend.

Anderer Art als die genannten Aufschriften ist das Monogramm, das sich auf der Tartsche mit dem roten Überzug auf der rechten Bildhälfte befindet. Das H.S.F.A. unter einer kleinen Krone sieht wie eine Signatur des Malers aus. Ob Hans Friedrich Schorer, der das Bild in späterer Zeit übermalt haben könnte, damit gemeint ist, muß offenbleiben. Über weitere Identifizierungen mit Malern aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kann man nur spekulieren. Zur Identifizierung der Turnierteilnehmer trägt die Signatur jedenfalls nichts bei. Vorerst läßt sich also nicht entscheiden, ob das Februar-Bild ein historisches Turnier in der näheren oder weiteren Umgebung Augsburgs oder nur ein typisches Fastnachtsturnier vor einer eleganten Phantasiearchitektur wiedergibt.

Im weiten Innenhof des Renaissance-Baues halten sich weitere Personengruppen auf: die Schar derer, die dem Turnier zuschauen; dahinter eine Reihe von Händlern, Trauergäste um den Sarg herum, flanierende Passanten und eine Frau, die auf der Flöte spielt. Links hinter dem Sarg stehen und diskutieren Männer mit turbanartigen Kopfbedeckungen, darunter wenigstens ein Jude. Die übrigen könnten orientalische Händler sein oder eher Augsburger Bürgersöhne, die sich entsprechend verkleidet haben. Auf der gegenüberliegenden Seite kommen drei Herren in langen roten Gewändern und roten Kopfbedeckungen ins Bild, die mit langen weißen Reiherfedern oder Pelzschwänzen verziert sind. Die auffällige Kleidung verweist auf echte oder kostümierte Janitscharen, eine muslimische Sondertruppe im Heer des Osmanischen Reiches. Jedenfalls sorgten junge Bürgersöhne auch in anderen süddeutschen Städten während der Fastnacht als Türken und Ungläubige für Aufsehen. Die Mummereien zur Fastnacht, die auf unserem Bild lediglich angedeutet sind, gehörten schon im 15. Jahrhundert zu den beliebten städtischen Vergnügen. Im Frühjahr 1477 verbot der Augsburger Rat jegliche "Verkleidung und Maske für Bürger und Geistliche sowie nächtliche Besuche und setzte den Aschermittwoch als absolutes Ende des närrischen Treibens fest". Die Versuche, die Mummerei wenigstens zeitlich auf die eigentlichen Fastnachtstage zu beschränken, fruchteten nichts. Auf taube Ohren stießen solche Verbote fast ein Jahrhundert später auch bei Veit Konrad Schwarz: "Es was verbotten, das niemant sollt in der mummerey geen, da fueren wir dann, hetten 2 stattpfeifer, kamen zu etlichen junckfrauenhöfen, da hett man uns nit ungern. Wir tantzten und sprangen wie die kölber, dann es wasen belle figlie da" [schöne Töchter]. In einem Glockenmantel, den ihm Hans Fugger als Fastnachtskostüm geliehen hatte, machte er mit seinen Kumpanen am 23. Februar 1561 die Nacht zum Tag. Diese Seite des Fastnachtstreibens wurde in der Februar-Szene ausgeblendet. Wenig ist auf dem Bild davon zu spüren, daß die Augsburger Fastnacht die ausgelassenste im ganzen Reich gewesen sein soll.

Doch die Fastnacht gibt erneut einem Narren Gelegenheit zu einem Auftritt. Wie ein roter Faden ziehen sich diese Narren durch die vier Bilder: Auf dem Januar-Bild ist hinter der Gruppe der Kartenspieler ein Narr damit beschäftigt, Bienen zu fangen. Ein typischer Fastnachtsnarr hält sich im Februar vor den Arkaden des Renaissance-Baus auf (Abb. 53), während beim Turnier selbst kleine als Narren verkleidete Helfer ("Grieswärtel") assistieren. Im April lüftet ein Narr sein gelbes Narrengewand und wendet in einer obszönen Geste dem Betrachter sein Gesäß zu. Auf der September-Szene warnt ein Narr eine Frau davor, ihrem Anbeter Gehör zu schenken. Nur auf dem "Winter"-Bild läßt sich kein Narr blicken. Der Maler hat also merkwürdigerweise darauf verzichtet, den einzigen echten Narren, der auf den Scheibenrissen zu sehen ist, in das Gemälde zu übernehmen. Auf der Oktober-Scheibe ist nämlich eindeutig ein älterer Mann im Narrengewand auszumachen, der die Wecken in seinem Brotkorb an den Mann bringen will. Auf dem Januar-Scheibenriß sitzt ein Mann, dem die Hände durch ein Halseisen gebunden sind, etwas abgesetzt mit an der Tafel. Vielleicht war es ein Gefangener, den man am Essen teilhaben ließ, vielleicht aber auch ein Schalksnarr, der auf diese Weise seine Späßchen trieb.

Trotz des Verzichts auf den "Oktober-Narren" hat der Maler auf den vier Monatsbildern die Narren sehr viel nachdrücklicher ins Bild gesetzt als Jörg Breu auf seinen Scheibenrissen. Nur vage knüpft er an Motive der Monatsbilder an. Narren erscheinen seit etwa 1500 auch auf Monatsbildern, tauchen aber normalerweise nur einmal innerhalb des Zyklus und auch in anderem Zusammenhang auf. Gewöhnlich nehmen sie nämlich an der Fahrt im Maikahn teil, wie es etwa die Miniatur im Fuggerschen Ehrenbuch zeigt. Die Augsburger Gemälde halten sich also weniger an das vorgegebene Bildprogramm, sondern beziehen die zeitgenössische Wirklichkeit und die Narrenidee in Literatur und Kunst mit ein.

Im 15. und 16. Jahrhundert konnte man im wesentlichen vier Narrentypen begegnen: den wirklichen Narren in der sozialen Realität, den Schalksnarren der höfischen und bürgerlichen Sphäre und den "künstlichen" Narren zur Fastnachtszeit und bei anderen Formen des gesellschaftlichen Zeitvertreibs. Nicht weniger präsent waren jedoch die Narren in Literatur und bildender Kunst.

Die "natürlichen Narren" des Alltags waren Tunichtgute, Bettler und "schräge Vögel", die sich gern auf Festen sehen ließen und dann - in der Sprache des Hans Sachs - zu "fressend Narren" werden konnten. schrulligen Typen aus Augsburg kennen wir besonders gut. Matthäus Schwarz war offenbar so sehr von ihnen fasziniert, daß er sie auf den leeren Seiten seines Gebetbuches porträtieren ließ. Er stellt uns etwa den wuüsten "Meister Lauxlin" vor, der "khunt nichts denn lachen und vol biers sein", Lenz Weienberger, der als großer Tänzer vor allem in der Fastnachtszeit seinen großen Auftritt hatte, und Kunz Schelklin, genannt Fugger, der so gern die Klarinette blies: "Der versäumett kein Hochzeit, er pfiff vorher, und all Burger- und Kaufmannstenntz tanntzt er jedermann vorher. Ließ sich ser erzirnen, so er on essen und drinckhen blib. So er was hätt, so reimet er fast gern. . . Die Oermel voll Brots, die gab er arm Laidenn. Er ist gwöst bey Jörg Fugger selig". Die Galerie dieser "verkrachten Existenzen" beschließt "Doni Hurri": "Diser lis sich hart erzirnen, so man über in klopfett oder weer schry `Huri´." Vermutlich litt der arme Mann unter Verfolgungswahn und war ein willkommenes Opfer für den Spott der Kinder. Der eine oder andere dieser wilden Gesellen kehrt auch auf dem Gartenfest Renners (1522) wieder, aber offenbar nicht auf unseren Monatsbildern.

Im Gegensatz zu diesen stadtbekannten Stadtnarren waren die sogenannten Schalksnarren oder Hofnarren oft skurrile, aber intelligente Männer, die ihre Herren berieten, kritisierten und mit viel schauspielerischem Talent unterhielten. Einer von ihnen war zum Beispiel Kunz von der Rosen, der Schalksnarr Maximilians I., der später eine Augsburger Bürgerstochter heiratete. Wer es sich leisten konnte, hielt sich solch einen Schalksnarren. Auch der Bischof von Augsburg, Christoph von Stadion, ließ sich in Dillingen von seinem Hofnarren aufheitern.

Gegen Speis und Trank waren weniger privilegierte Schalksnarren gern bereit, ihren Teil zum Gelingen eines Festes beizutragen: "Da ich mit mein närischen Sachen/ Die Herrschafft kan fein frölich machn/ Mit heuchlerey die Leut ich blendt/ Darumm man mich ein Schalksnarren nennt", so dichtete noch Hans Sachs im Ständebuch des Jost Amman. In die "Policeyordnung", die auf dem Augsburger Reichstag von 1530 verabschiedet wurde, fügte man eigene Bestimmungen über die "Schalksnarren" ein. Um einen solchen Schalksnarren könnte es sich auf dem Januar-Bild handeln.

Die dritte große Gruppe sind verkappte Narren, junge Adels- und Bürgersöhne, die sich zu Fastnacht, aber auch zu anderen Gelegenheiten entsprechend verkleideten. Im Narrengewand traten sie etwa beim Geschlechtertanz, bei Schlittenfahrten oder als Sekundanten und Helfer bei Turnieren auf. Seit etwa 1480 mehren sich diesbezügliche Abbildungen in Turnierbüchern und auf Turnierbildern. Eindrücklich hat etwa Marx Walther die bunten Gestalten in seinem Turnierbuch wiedergeben. Dieser Typ des Fastnachts- oder Turniernarren wird auch im Hintergrund des Februar-Bildes gemeint sein.

Das närrische Fastnachtstreiben und das Turnierbrauchtum sind eng mit den literarischen und künstlerischen Strömungen der Zeit verbunden. Das 16. Jahrhundert war in Literatur, Graphik und Malerei das Saeculum der Narren. Nachdem 1494 Sebastian Brants "Narrenschiff" und 1512 die Narrendichtungen des Franziskaners Thomas Murner erschienen waren, wimmelte es geradezu überall von ihnen. In Augsburg publizierte man die Werke Brants und Murners in Neudrucken und verbreitete einzelne Kapitel auf Flugblättern. Narren begegnen scharenweise in Petrarcas Trostbuch "Von der Arznei beider Glück", auch dort, wo man die Gestalt nicht erwartet. In Kunst und Literatur wurde der Narr zu einer Symbolfigur für Vergnügen, Eitelkeit, Vanitas, Laster und Ausschweifungen aller Art.

Insbesondere törichte, blinde Liebe begriff man als Narretei. Was der Narr auf dem September-Bild eher zurückhaltend demonstriert, veranschanlicht etwa das launig-satirische Bild des "Narrenbaums" sehr viel deutlicher. Eine modisch gekleidete Frau schüttelt einen Baum, von dem dann reihenweise die Früchte fallen: Narrenköpfe, die sich beim Herunterfallen in halbfertige und fertige Narren verwandeln. "Eine schöne Frau schafft Narren soviele sie will" - das ist der Sinn dieser Federzeichnung, die möglicherweise Jörg Breu d.Ä. um 1526 anfertigte. Die literarischen Narrenvorstellungen und die Narrenbilder prägten Denken und Sprache in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Das bezeugt wieder einmal Matthäus Schwarz, der in seinem Trachtenbuch mit einer bezeichnenden Redewendung von einem pikanten Erlebnis berichtet. In der Fastnachtszeit 1520, ausgerechnet an seinem Geburtstag (20. Februar), verliebte sich nämlich der junge Faktor der Fugger in eine Niederländerin oder, mit den Worten des "Betroffenen": "Da stach mich der narr mit eyner niderlendischen jungkfrau".

Narren gehören im frühen 16. Jahrhundert einfach zum festen Repertoire von Bildern, die um Kurzweil, Fest, Spiel und Tanz kreisen. Auch auf den Augsburger Monatsbildern durften sie daher - wie das Kinderspiel und die Bettler - nicht fehlen. Gleichwohl sind sie charakteristisch für eine neu Bildersprache. Ungefähr ein halbes Jahrhundert früher wären die Monatsbilder so nicht denkbar gewesen. Die so auffällig betonten Narrenmotive zwingen jedoch nicht zu einer allegorischen Umdeutung des gesamten Bildprogramms. Eine sprichwörtliche Redensart oder eine tiefergehende Aussage könnten allenfalls hinter der Narrenfigur stecken, die im April dem Betrachter das blanke Hinterteil entgegenstreckt. Ansonsten wirken die Narren eher wie dekoratives Beiwerk, verstärken gewissermaßen den heiteren Charakter unbeschwerten Zeitvertreibs. Die Narren sind hier sicher nicht - wie etwa in Brants "Narrenschiff" - als satirische "Allzweckwaffe" gegen Kurzweil jeder Art eingesetzt. Denn dann hätten sie noch stärker präsent sein müssen, etwa beim Turnier, beim Liebesspiel und bei den Badefreuden im Mai, vielleicht auch - wie im Scheibenriß - beim Verkauf von Federvieh im Oktober oder auch bei der Schlittenfahrt im November. Außerdem wären sie vermutlich mit weiteren "Vanitas"-Symbolen kombiniert worden. Diese Lösung hat man beispielsweise auf dem Geschlechtertanz von 1522 vorgezogen, wo ein Todesbrunnen und der Schnitter Tod das unvoreingenommene Vergnügen an Tanz und Spiel störten. Auftraggeber und Maler dürften mit den Narren nicht einmal eine (selbst-)kritische Nebenabsicht verfolgt haben. Gleichwohl verändern die Häufung dieses populären Motivs und die mit ihm verbundenen Assoziationen bis zu einem gewissen Grad den Tenor der Bildaussage. Narren signalisieren zwangsläufig auch Eitelkeit, Genuß- und Ruhmsucht um jeden Preis. Die vordergründige Botschaft von heiterer Kurzweil, geselligem Zeitvertreib und Selbstdarstellung wird damit zwar nicht konterkariert, aber doch durch einen selbstironisch-moralisierenden Zug ergänzt.

Die Narren auf den Gemälden fangen sozusagen gesellschaftskritische Tendenzen auf, die nach 1500 allenthalben in recht unterschiedlichen Medien zu fassen sind: in Kunst und Literatur, aber auch in kirchlichen Mahnungen und Predigten oder in den städtischen Kleider- und Luxusordnungen. Die Grenzen zwischen einem prunkvollen Festmahl und Völlerei, zwischen gepflegtem Gesellschaftsspiel und Spielleidenschaft, zwischen Flirt oder Tanz und unziemlicher Annäherung, zwischen Badefreuden und Ausschweifung waren fließend. Wer die Augsburger Monatsbilder im 16. Jahrhundert betrachtete, konnte sich an den heiteren Szenen freuen, wird aber spätestens durch die Narren an die Kehrseite des Vergnügens erinnert worden sein.

Wie haben die Zeitgenossen beispielsweise die Brettspiele und das Kartenspiel gesehen, die während des Festmahls im Januar so deutlich herausgestellt sind? Vielleicht haben sie die Szenen ohne weitere Hintergedanken als "realistisches" Abbild der gewohnten Freizeitbeschäftigungen hingenommen. Schach und Tric-Trac waren schließlich die bekanntesten Brettspiele im Mittelalter. Das Tric-Trac-Spiel stand oft stellvertretend für das Spiel schlechthin und war ein beliebtes Bildelement. Augsburg war neben Ulm und Nürnberg ein Zentrum der Spielkartenherstellung; unter anderen ist ein Satz von 48 Spielkarten aus der Werkstatt Hans Schäufeleins (um 1535) bekannt. Vielleicht haben die Bewunderer der vier Monatsbilder sogar von der Schrift über "Das goldene Spiel" gewußt, die der Straßburger Dominikaner Ingold Wild verfaßt und Günther Zainer in Augsburg 1472 erstmals gedruckt hatte. Die Holzschnitte des Drucks sind nach Federzeichnungen des Augsburger Kaufmanns Hektor Mülich angefertigt. Der Predigtzyklus handelt über sieben beliebte Spiele, die Wild als Gleichnis für die sieben Todsünden moralisierend auslegt. Anders als erwartet gewinnt der Dominikaner den Gesellschaftsspielen auch gute Seiten ab und empflehlt sie sogar als Heilmittel gegen die sieben Todsünden: zum Beispiel das Würfelspiel gegen Geiz, das Damespiel gegen Gefräßigkeit, das Schachspiel gegen Hochmut, das Kartenspiel gegen Unkeuschheit und schließlich das den Spielen zugeordnete Tanzen gegen Trägheit.

Doch vielleicht haben die Zeitgenossen beim Blick auf das Januar-Bilder auch an die vorherrschende (kirchliche) Auffassung gedacht, die Schachbrett und Kartenspiel als Inbegriff der verabscheuenswerten und nichtsnutzigen Freuden dieser Welt brandmarkte. Auf Darstellungen des Weltgerichts erscheinen sie als Symbole der Verdammnis. Das Kartenspiel artete nicht selten zu einem Glücksspiel aus, bei dem es um viel Geld ging. Die einen oder anderen Fürsten kostete die Spielwut auf den Reichstagen ein kleines Vermögen. Die flammenden Bußpredigten, die Johannes Kapistran im September 1454 in Augsburg gehalten hatte, waren nicht vergessen. Von einer Tribüne auf dem Fronhof herab hatte der berühmte italienische Wanderprediger vor angeblich 20.000 Zuhörern wie üblich gegen unnützen Zeitvertreib und Luxus gewettert. Am Sonntag vor seiner Abreise kam es nach gewohntem Ritual zum Höhepunkt seiner Predigtkampagnen der öffentlichen Verbrennung der Eitelkeiten. Drei bis vier Wagenladungen an Spielgeräten schafften die zerknirschten Augsburger auf den Fronhof, wo sie sonst bekanntlich ihre prächtigen Turniere abbielten. Ungefähr 1500 Spielbretter und 60 bis 70 Schlitten gingen in Flammen auf. Die Lebensbeschreibung des Bußpredigers und Auszüge aus seinen Predigten sind 1519 in Augsburg im Druck erschienen. Der Titelholzschnitt zeigt deutlich das Teufelswerk, das Kapistran in Nürnberg, Augsburg und an anderen Orten verfluchte: Tric-Trac-Brett, Spielkarten und Schnabelschuhe.

Kurzweil viel ohn' Maß und Ziel?

"Kaiser Carolus genant macht sy im Teutschland bekhant
Hielt ain Reichstag ernant Jar gar herrlich auch empfanngen war.
Von den Curfürsten botschafft am 15. tag Juni der monat
Der Kurtzweil und freden vil sach man an maß und zil".

Mit diesen etwas holprigen Versen beschloß der Schreiber eines Augsburger Hochzeitsbuches das Jahr 1530. Nicht minder wichtig als die Wahl Karls V. in Bologna, der Reichstag und die Botschaft der Kurfürsten waren ihm Kurzweil und Freuden, die man "ohn' Maß und Ziel" in Augsburg genießen konnte. Politik und geselliger Zeitvertreib gehörten zusammen. Was die führenden Familien in der Reichsstadt hautnah miterleben konnten, das haben sie in etwas kleinerem Rahmen selbst verwirklicht - im Leben wie auf den Monatsbildern. Repräsentativ war bereits das große Format der Gemälde, die dem Festsaal eines Landschlosses eine feierlich-heitere Atmosphäre verliehen haben dürften. Der Eindruck wird verstärkt durch das Bildprogramm und die Komposition der geradezu ausschweifend gemalten Szenen. Vor allem aber sind die Motive der traditionellen Monatsdarstellungen auf Selbstdarstellung und Kurzweil ausgerichtet und ergänzt worden: Vor der Kulisse des politischen und wirtschaftlichen Zentrums der Stadt demonstrieren die Ratsherren auf den letzten Monatsszenen Wohlstand, Einfluß und Macht. Die übrigen Szenen stehen überwiegend im Zeichen "kurzweiliger" Vergnügungen: Festfreude in ausgewählter Runde, Spiel, Musik und Tanz, Liebesspiel und Badelust, Mummerei zur Fastnachtszeit, Jagd und Schlittenfahrt. Einige dieser Lustbarkeiten werden nur angedeutet, andere ungewöhnlich stark hervorgehoben, wieder andere als eigenständige Szenen ausgemalt. Alles wird jedoch überstrahlt vom großen Turnier zu Fastnacht, dem aristokratischen Freizeitvergnügen par excellence.

Die Turnierdarstellung bietet als Schlüsselszene Kurzweil in "Reinkultur". "Kurzweil" war der Sammelbegriff für Festschmaus, Turnier und Spiel, Mummerei, Jagd und anderen Zeitvertreib. In dieser Kombination begegnen die Spielarten der "Kurzweil" etwa auf Fest- und Turnierbildern oder auf Hochzeitsschüsseln. Der Begriff konnte neutral, aber auch polemisch verwandt werden, wie es eine deutsche Übertragung von Ciceros Officia tut. Der Textabschnitt stellt die Mildtätigkeit der Verschwendungssucht eines Reichen gegenüber und plädiert dafür, "das man auff kurtzweil kosten legt". Der Holzschnitt illustriert diesen Appell. Während der eine Reiche mit seinem Geld Gefangene auslöst, wirft der andere sein Vermögen zum Fenster hinaus "für lustbarliche köstliche .. . speyß, auch zu den spieln oder Mummereyen, dem Waldwerck und anderen dingen, die ein kurtze oder gar kein gedechtnus hinder in verlassen". Wie "all kurtzweil, wollust dißer welt" manchem mitspielen kann, der sich nicht "in essen, trincken, freudenspiel" zurückhält, das illustriert - wieder mit Turnier, Würfel- und Kartenspiel, Liebesszenen und Festschmaus - das Schlußblatt der "Schachtafelen der Gesuntheyt".

Aber "Kurzweil ohn' Maß und Ziel", wie das Hochzeitsbuch das Rahmenprogramm des Augsburger Reichstags charakterisierte, liefern unsere Monatsbilder nicht. Denn dieses Hauptthema der Bilder, Kurzweil und Geselligkeit der städtischen Oberschicht, ist nur in einem Ausschnitt dargestellt: Auf den ersten Blick muß es erstaunen, daß wichtige Formen der Repräsentation fehlen. Tanzszenen sind zwar mehrfach zu sehen, aber der exklusive Reigen der vornehmen Paare, der sogenannte Geschlechtertanz, ist nicht darunter. Nicht minder überrascht es, daß ein weiteres gesellschaftliches Großereignis, das Schützenfest, ausgespart blieb. Unter den öffentlichen Formen der Kurzweil und des geselligen Zeitvertreibs hat nämlich keine Veranstaltung so großes Interesse gefunden wie diese öffentlichen Preisschießen, die mit weiteren sportlichen Wettkämpfen und Lotterien verbunden waren. Das zeigt sich auch in der Ausführlichkeit, mit der die Augsburger Chronisten des 15. und 16. Jahrhunderts auf die verschiedenen Formen des geselligen Zeitvertreibs eingehen. Der gebildete Kaufmann Hektor Mülich hat dem "Schießspiel" von 1470 erheblich mehr Raum gewidmet als den Turnieren oder großen Tanzveranstaltungen. Keine Form der "Kurzweil" hat einen so breiten Strom archivalischer Überlieferung hervorgebracht wie eben die Schießfeste um 1500.

Diese Lücke auf den Monatsbildern ist allerdings leicht zu erklären. Zwei Gründe dürften dafür maßgeblich gewesen sein: Erstens gehörte das Armbrustschießen nicht zum engeren Kanon der Monatsarbeiten. Nur ausnahmsweise taucht das Scheibenschießen einer Schützengilde einmal in einem Brügger Stundenbuch um 1520/30 auf. Erneut werden wir an den Rahmen erinnert, den das Bildprogramm setzte. Der Maler hatte eben nicht den Auftrag, unter dem Deckmantel der "Monatsbilder" Lustbarkeiten und Repräsentationsformen des städischen Patriziats in all ihrer Vielfalt wiederzugeben. In dieser Hinsicht boten das Gartenfest des Narziß Renner, die Augsburger Geschlechtertänze oder auch das Rothenburger Patrizierfest Wilhelm Zieglers von 1538 mehr. Zweitens war das Schießen im Unterschied zu Turnier, Jagd oder Schlittenfahrt kein spezifisches Vergnügen der Oberschicht, sondern stand breiteren Bevölkerungsgruppen offen. Maß und Grenzen werden den Lustbarkeiten weniger durch die Narrenfiguren gesetzt, die den unbeschwerten Genuß der Szenen zugleich erhöhen und beeinträchtigen, als vielmehr wieder einmal durch das traditionelle Bildprogramm. Mit Blick auf die thematische Auswahl und die Schwerpunkte der Monatsdarstellungen müßte das Motto der Monatsbilder also leicht abgewandelt lauten:
"Kurzweil viel, mit Maß und Ziel".

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