Mythen der Nationen. 1945 - Arena der Erinnerungen  
   
 


Belgien

Für immer

Schon vor dem deutschen Überfall war das belgische Nationalbewußtsein fragil gewesen. Als Folge von weltanschaulichen Konflikten, vor allem aber aufgrund der sprachlichen Trennung der Bevölkerung in zwei Gruppen war ein regelrechter flämischer Separatismus entstanden. Hinzu kam, daß die Kommunisten im belgischen Widerstand eine so bedeutende Rolle gespielt hatten. Zum Ausdruck kommt dieser Konflikt im Streit um die Person des Königs, dem die Wallonen vorwarfen, das Volk verraten zu haben. Die Flamen hingegen sahen in ihm den Verteidiger des Vaterlandes. Man befürchtete deshalb nach Kriegsende einen Bürgerkrieg.
Auch deshalb bemühte sich die belgische Regierung zwischen 1945 und 1955, das Gedenken an den Krieg als patriotischen Kitt der Nation zu nutzen. Insbesondere das Leiden der Bevölkerung unter der deutschen Besatzung wurde instrumentalisiert. Den bösen Deutschen wurden die guten Alliierten gegenüber gestellt und die Belgier wahlweise als hilflose Opfer oder glücklich Befreite in das Geschehen eingeordnet. Belgien sollte als das Land des einmütigen Widerstandes verstanden werden.
Bei der Erzählung vom belgischen Widerstand ging es weniger um konkrete Heldentaten, als vielmehr um eine „von allen Belgiern geteilte mentale Wehrhaftigkeit“ und einen möglichst weit gefaßten Widerstandsbegriff, der alle Gruppen integrierte.
Vergrößerung
Der Streit um die Rückkehr König Leopolds III. bringt die unversöhnlichen Positionen zwischen den Flamen und Wallonen zum Ausdruck. Mit diesem Plakat versuchten die Wallonen, den König zu diskreditieren. Sie zeigen seine „freiwillige Gefangenschaft“ im besetzten Belgien als Zeit persönlichen Glücks. Ein Kriegsgefangener – der König hatte versprochen, in allem das Schicksal seiner Soldaten zu teilen – muß dem glücklichen Paar hinter Stacheldraht zuschauen. Der königstreue Block hingegen postulierte, daß der König mit der Kapitulation das menschliche Drama des Krieges beendet habe.
Vergrößerung
Der Gedanke des gemeinsamen Leides steht auch in der nationalen Gedenkstätte Fort Breendonk im Vordergrund, die 1947 eröffnet wurde. Der Bildhauer Idel Ianchelevici hat diesen Gedanken in seinem 1954 aufgestellten Denkmal des Widerstandes aufgenommen und um das Motiv der Gegenwehr erweitert: Sein Held, hier in einer verkleinerten Replik von 1970, ist nicht als Kämpfer zu bezeichnen, da er unbewaffnet ist. Doch obgleich er in die Knie gezwungen ist, bleibt sein Rücken ungebeugt. Er ist im Begriff, wieder aufzustehen. Damit hat Ianchelevici wohl das heroischste Bild des Widerstandes gefunden.
   
 
   
 
   
   
  DEUTSCHES HISTORISCHES MUSEUM                                                                           Impressum · Suche · Gästebuch  
www.berlin.de - Stadtplan weitere Besucherinformationen Begleitband Begleitprogramm Museumspädagogik Kinoprogramm Pressespiegel Rundgang Eröffnung 360° Panoramen Leihgeber Ausstellungsstartseite Zur englischen Seite Zu polnischen Seite Zum Seitenanfang Wir haben gemeinsam widerstanden / Niederlande