Mythen der Nationen. 1945 - Arena der Erinnerungen  
   
 


Ukraine

Die Ukraine sucht seit ihrer Unabhängigkeit 1991 einen Gegendiskurs zur sowjetischen Leiterzählung. Dabei laufen verschiedene Geschichtsinterpre-tationen nebeneinander her. Die Aneignung der Geschichte in der Ostukraine unterscheidet sich von der in der Westukraine.
Kiews „Denkmal der Mutter Heimat“ ist nach wie vor Ausdruck des sowjetischen Heldenkultes. Dagegen zeichnet sich im Kriegsmuseum, zumindest in einigen Sälen, ein erster Bruch mit der Heroisierung ab. Hier wurde in den 90er Jahren begonnen, den Mythos, der jede Witwe, jede Waise glauben ließ, daß ihr Mann oder Vater als Held starb, zu dekonstruieren.
In der unabhängigen Ukraine wird die Frage diskutiert, ob man die Soldaten der Division der Waffen-SS „Galizien“ als Patrioten oder als Verräter und Kriminelle behandeln solle. Die Debatte ging bis in höchste Regierungskreise und wurde auch im Internet im Sinne der Unschuld der Division geführt. Abgeordnete der westukrainischen Region Ivano-Frankivsk konzipierten einen Gesetzesentwurf, der die Soldaten der ukrainischen Division der Waffen-SS „Galizien“ mit anderen Veteranen des Zweiten Weltkrieges gleichstellte und ihnen dieselben Vergünstigungen wie anderen Kriegsveteranen zukommen lassen wollte. Der Gesetzesentwurf wurde allerdings nicht angenommen.
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Der vorsichtige Wandel wird in einer Broschüre sichtbar, die das Kriegsmuseum herausgibt. Die Photographien sind alle im Obergeschoß des Hauses entstanden. Sie zeigen das Museum nach der Neuordnung. Wert hat man darauf gelegt, daß der Krieg als Leiderfahrung in das Gedächtnis aller Völker eingegangen ist. Dabei wird hier festgestellt, daß Ukrainer wie Deutsche gelitten haben. Um die Brücke zur Gegenwart zu schlagen, wurde ein langer Tisch gedeckt, an dem symbolisch auf der einen Seite die Toten und auf der anderen Seite die Lebenden Platz nehmen, ohne sie in Freund und Feind zu teilen.
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„Tatsächlich betrachten die Menschen die Division Galizien nicht als pro-faschistische Organisation, sondern als „nationale Befreiungsbewegung“, resümiert ein junger Ukrainer die Debatte um die Bewertung der Division. 1993, fünfzig Jahre nach der Aufstellung der Division Galizien, gründeten ihre Veteranen in der Umgebung von Lviv einen „Gedenkfriedhof“ für die im Kessel von Brody im Juli 1944 Gefallenen. Auf der abgebildeten Postkarte ist sowohl die Einweihungszeremonie vom 22. Juli 1997 als auch die Bestattung der Gefallenen im Sommer 1998 zu sehen. In einem Faltblatt zum „Gedenkfriedhof“ werden die jungen Ukrainer ermahnt, „die Erinnerung an diejenigen zu bewahren, die während des Zweiten Weltkrieges für die Ukraine die Freiheit erringen wollten und dafür ihr Leben auf diesen Feldern gelassen hatten“.

   
 
   
 
   
   
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