Mythen der Nationen. 1945 - Arena der Erinnerungen  
   
 


Ungarn

Die Seele der Freiheit

In Ungarn war die nationale Unabhängigkeit immer Gegenstand der Debatte. Sowohl die Opposition wie auch die Kommunisten erinnerten gern an die Leitdaten der ungarischen Nationalgeschichte – allerdings mit unterschiedlichen Absichten. Nach 1989 konnte erstmals öffentlich die Geschichte ohne Rekurs auf die Interessen einer sozialistischen Geschichtsschreibung erörtert werden. Doch vollzieht sich die Aneignung in jähen Wenden. Unterschiedliche Sichtweisen und Interpretationen erhitzen die Gemüter. Die jüngste Geschichte ist zum begehrten Objekt der Tagespolitik geworden.
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Die Freiheitsstatue auf der südlichen Bastion des Budapester Gellért-Berges wurde von den Kommunisten als Befreiungsdenkmal aufgestellt, doch hat sie für die Ungarn auch eine andere Bedeutung. Ursprünglich war sie als Denkmal für den am 20. August 1943 gefallenen Sohn und Stellvertreter des Reichsverwesers, Admiral Miklós Horthy, konzipiert. Das Denkmal wurde nicht realisiert. Der Bildhauer Zsigmond Kisfaludi-Strobl sah vor, einen Genius auf einen Sockel zu stellen und die Figur István Horthys davor zu plazieren. Weihnachten 1945 legte der Bildhauer, nunmehr in sowjetischem Auftrag, einen graduell überarbeiteten Entwurf vor. Der Genius wurde übernommen und an der Stelle, an der ursprünglich István Horthy stehen sollte, stand bis 1989 der sowjetische Soldat als Befreier.
Das Plakat von 1950 zeigt die Freiheitsstatue in Untersicht, ihr zu Füßen Budapest mit der Donau und keine Spur von dem davor plazierten sowjetischen Soldaten. Ungarn ist sozusagen bei sich. Seiner Geschichte wegen wurde das Denkmal, das als „Horthy-Denkmal“ den Kampf der Ungarn gegen den Bolschewismus symbolisiert, nach 1989 nicht geschleift, abgebaut wurde aber ganz schnell die Figur des sowjetischen Soldaten.
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Regelmäßig versammelten sich am 15. März, dem Gedenktag für die Revolution von 1848, Oppositionelle, um ihren Wunsch nach Freiheit zu artikulieren. Da es der kommunistischen Regierung nicht gelang, die Opposition endgültig zu unterdrücken, versuchte sie, den 15. März zu vereinnahmen. 1967 führte sie aus diesem Grunde die „Revolutionären Jugendtage“ ein. Dem kommunistischen Jugendverband wurde aufgetragen, die Feiern zum 15. März 1848 (Revolution), 21. März 1919 (Errichtung der Räterepublik) und 4. April 1945 (Tag der Befreiung) auszurichten. Das Ziel, spontane Massenbewegungen zu verhindern, konnte nicht immer erreicht werden. Die Jugendorganisation selbst gibt sich auf dem den Jugendtagen gewidmeten Plakat national und modern zugleich. Ein Hippiemädchen trägt ein Stirnband mit den ungarischen Nationalfarben und hüllt sich in die Jahreszahlen 1848, 1919 und 1945 ein. So wird in die national besetzten Daten das Datum der Befreiung integriert.

   
 
   
 
   
   
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