Interview mit dem namibischen Botschafter,
S. E. Hanno Rumpf


Hanno Rumpf ist seit März 2003 Botschafter der Republik Namibia in Deutschland. Der Nachkomme deutscher Einwanderer, die nach dem ersten Weltkrieg ins damalige Südwest-Afrika kamen, engagierte sich bereits als Student für die "South West Africa People's Organisation" (SWAPO). Nach der Unabhängigkeit Namibias war er in verschiedenen Funktionen in der namibischen Regierung tätig.

 

Links: Hanno Rumpf
Botschafter der Republik Namibia, 2004

 

Deutsches Historisches Museum (DHM): Sie sind in eine weiße Apartheidgesellschaft hineingeboren und darin aufgewachsen. Wie kommt man mit so einem Hintergrund in Kontakt mit der SWAPO?

Hanno Rumpf: Oje, das ist eine lange Geschichte, aber ich werde sie etwas gekürzt darstellen. Mein politisches Engagement hat sich während meiner Studentenzeit entwickelt. Ich war in der progressiven Studentenbewegung aktiv, in Namibia wie auch in Südafrika. Ich war dann auch für kurze Zeit der Generalsekretär der namibischen Studentenbewegung, bevor ich ins Exil gehen musste. Damals gab es die Wehrpflicht in der südafrikanischen Armee. Da gab es im Grunde genommen nur zwei Optionen für mich: Entweder den Wehrdienst in der südafrikanischen Armee zu leisten. Oder den Wehrdienst zu verweigern, was wiederum eine siebenjährige Gefängnisstrafe in einem Militärgefängnis bedeutet hätte. Da sagte die SWAPO, dass ich sicherlich mehr bewegen könnte, wenn ich das Land verlassen würde. Und das habe ich auch getan.

DHM: Sie gingen dann nach Deutschland?

Hanno Rumpf: Richtig. Ich habe in Deutschland gelebt, habe als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bremen gearbeitet, und wurde dann Pressesprecher der SWAPO für Deutschland und Österreich.

DHM: Die Ausstellung „Namibia-Deutschland, eine geteilte Geschichte“, wurde im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum konzipiert und gezeigt. Und Sie haben sie dort ja schon gesehen. Wie finden Sie die Ausstellung?

Hanno Rumpf: Ich finde, dass die Ausstellung recht interessant gemacht worden ist, insofern als sie eine Zeitlinie darstellt, die an bestimmten Themen festgemacht eine schnelle Route durch die namibische Geschichte darstellt. Wir haben mit dem Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln eng zusammengearbeitet, was die gesamte Konzeption der Ausstellung betrifft und ich glaube, dass es den Kölnern sehr gut gelungen war, dieses umzusetzen.
Allerdings scheint es anlässlich des Jahrestages 2004 in Deutschland eine extrem starke Fokussierung eben auf die Ereignisse des Jahres 1904 zu geben. Aus deutscher Perspektive vielleicht verständlich. Bei einer derartigen Einengung auf die Ereignisse des Jahres 1904 besteht aber meiner Meinung nach die Gefahr, dass der Widerstand, den es außerhalb des sogenannten Deutsch-Herero-Krieges gegeben hat, ausgeblendet wird. Dieser frühe antikoloniale Widerstand gegen das Deutsche Reich hat eben nicht nur über die Herero stattgefunden, sondern hat natürlich, vielleicht in ungleich größerem Umfang sogar, über den Kampf der Nama stattgefunden. Was war denn der Grund, warum sich die Herero und Nama den Deutschen widersetzten? Die Position der Herero und Nama resultierte aus ihrem Wunsch, ihre de facto bestehende Unabhängigkeit zu behalten. Außerdem widersetzten sie sich der stattfindenden Enteignung ihres Bodens. Und diese Gründe sind auch später noch relevant geblieben. Darum hat es auch in den darauf folgenden Jahren einen Widerstand gegen koloniale Unterdrückung gegeben.

DHM: Wir schätzen Sie die Bitte um Vergebung im Sinne des „Vater Unser“ ein, um die Bundesentwicklungsministerin Wieczorek-Zeul gebeten hat?

Hanno Rumpf: Ich glaube, dass die Entschuldigung, die Bitte um Vergebung, eine sehr wichtige Entwicklung ist. Geschichte kann man nicht ungeschehen machen. Aber es war das erste Mal, dass eine deutsche Regierung um Vergebung gebeten hat für das, was damals geschehen ist. Das war für die Namibier selber, für hererosprachige Namibier aber auch für andere Namibier, ein sehr wichtiger Schritt. Vergessen kann man nicht, vergeben kann man. Aber man kann sicherlich nur dann vergeben, wenn derjenige, der historisch gesehen ein Unrecht begangen hat, sich dieser Tatsache bewusst ist, und ehrlich um Vergebung bittet.

DHM: Wie stellen Sie sich die namibisch-deutsche Zukunft vor?

Hanno Rumpf: Nun, wir haben eine gemeinsame Geschichte. Diese Geschichte wird immer ein stark verbindender Faktor in unseren Beziehungen sein. Wir leben aber in der Gegenwart und arbeiten an den dynamischen, wachsenden Beziehungen zwischen unseren Ländern. Es gibt eine große Anzahl von Anbindungspunkten, abgesehen von der Geschichte, zwischen beiden Ländern. Insofern bin ich davon überzeugt, dass in Zukunft ein gutes, kooperatives Verhältnis gegeben sein wird, das sich sicherlich nicht nur über entwicklungspolitische Maßnahmen erstellt, sondern hoffentlich zunehmend über andere, vielleicht längerfristig gesehen viel wichtigere Aspekte, z. B. kulturelle oder wirtschaftlich Aspekte. Wir werden immer eine sehr enge Beziehung zu Deutschland haben. Aber nicht nur zur Bundesrepublik als Staat, sondern sicherlich vor allem eben auch zu den Menschen, die hier und in unserem Lande leben.


Link: Botschaft der Republik Namibia in Berlin