Zu den 16 Bildern existieren zeitgenössische Bildbeschreibungen, die hier unverändert und unkommentiert zitiert werden. Quelle: Der Palast der Republik. Text von Heinz Graffunder und Martin Beerbaum. Fotos von Gerhard Murza. VEB E.A.Seemann Verlag Leipzig 1977, S. 43-50.

Wandgemälde im Hauptfoyer

Volksverbundenheit, Parteilichkeit und Meisterschaft - in den Werken unserer sozialistischen Kunst vielfach verwirklicht und doch immer erneut als weiterführende Aufgabe erkannt - sprechen aus den 16 Wandgemälden im Hauptfoyer. Inhaltlich werden in ihnen grundsätzliche Lebensfragen aufgegriffen. Es geht um das große historisch bedeutsame Thema des Vorwärtsstrebens und -träumens von Kommunisten, um das Aufnehmen aller progressiven Traditionen der Menschheitsgeschichte und um die Bereitschaft, sich den Forderungen der Zeit uneingeschränkt zu stellen. Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges wird dabei in den spezifischen Themenbereichen und Gestaltungsweisen anschaulich. Und indem die Künstler, zugleich mit der historischen Bilanz und dem Ausblick auf Künftiges, ihr bisheriges Schaffen zusammenfaßten, gewannen sie Ansatzpunkte für das Bestreben, in ihrer Arbeit weiterzukommen, eine neue, höhere Qualität zu erreichen. Sie verwandten dabei Zitate aus ihren bisherigen Werken oder bezogen sich unmittelbar auf das Kulturerbe.

Im Bestreben der Künstler, in ihrer Spezifik das Allgemeine, das Gesetzmäßige, das Ganze zu erfassen, kommt es zur eindrucksvollen Gesamtwirkung aller Kunstwerke im Hauptfoyer, in der das einzelne Kunstwerk an Weite und Resonanz gewinnt. Hier wird auch die Harmonie zwischen bildender und angewandter Kunst und Architektur in besonderem Maße erlebbar. So entstand im Erschließungstrakt des Palastes der Republik, dem Hauptfoyer, eine neue Form einer Galerie, die sowohl ideell mit der Architektur verbunden als auch kraft ihrer Vielschichtigkeit und künstlerischen Qualität eigenständig ist.

Arno Mohr bezieht sich mit seinem Wandbild auf den Gedanken »So, wie die Erde ist, muß sie nicht bleiben, sie anzutreiben, Forscht, bis ihr wißt« aus Brechts Gedicht »Erziehung der Hirse«.

Im Mittelpunkt des Werkes befindet sich die Gestalt eines reifen, wissenden Mannes, der mit großer Gebärde die Arme ausbreitet. Seine Geste und seine Haltung lassen die Deutung zu, daß er bereit ist, die ganze Fülle unseres Lebens in sich aufzunehmen und zugleich bereit ist, diesem Leben alles, was er vermag, zu geben. Dabei wendet er sich an eine Gruppe Jugendlicher, die im rechten Bildteil vor der Berliner Humboldt-Universität zu sehen ist. Die Gestalt des Mannes erhebt sich vor einer weiten Landschaft, deren fruchtbare Erde auf Bestellung zu warten scheint und den Blick bis zum Horizont freigibt. Die tiefenräumliche Staffelung deutet an, daß hinter dem sichtbaren Horizont Neues liegen mag, das es gegebenenfalls zu erkennen gilt.

Arno Mohr ist dafür bekannt, daß er als Grafiker durch die Konzentration auf das bildnerisch Wesentliche eine tiefe Poesie in seiner Bildsprache erzielt, die uns berührt und unsere Phantasie beflügelt. In dem Wandbild Arno Mohrs wird in einem Gleichnis von lyrischer Dichte die Aussage in ein Beziehungsfeld gestellt, das in unserer Zeit, in der der Mensch sein Schicksal selbst zu meistern vermag, viele bewegt. Der Künstler spricht die Verantwortung des Einzelnen für das gesellschaftliche Ganze an. Er tut dies mit den ihm eigenen, äußerst sensiblen Mitteln, die er mit künstlerischer Meisterschaft handhabt. Auch in der humorvollen Schilderung eines Naturerlebnisses im linken Bildteil wird die unverwechselbare Handschrift des Künstlers sichtbar. Seine poesievolle Bildsprache ist von der Liebe zu den Menschen durchdrungen, in der das humorvolle Lächeln seinen Platz hat.

Willi Neubert widmet sein Wandbild dem Thema des wissenschaftlich-technischen Fortschritts im Beziehungsgefüge »Gestern - Heute«. Im Mittelpunkt des Gemäldes - wie seines Schaffens überhaupt - stehen Kampf und Sieg der Arbeiterklasse. Neubert greift auf Bildformulierungen zurück, die aus seinem bisherigen Werk bereits bekannt sind, sucht und findet aber zugleich neue Ausdrucksmöglichkeiten. Im linken Teil der Haupttafel hebt er die Gestalt einer jungen Laborantin hervor, im rechten die eines Arbeiters. Die Masten einer Industrielandschaft schaffen inhaltliche Bezüge zwischen den beiden Gestalten. Den linken Teil seines Werkes hat der Künstler abgesondert und doch inhaltlich mit dem Ganzen verbunden; hier nimmt er Stellung zu unserem Verhältnis zum »Gestern«. Das Inferno der Vernichtung Dresdens durch anglo-amerikanische Bombenflugzeuge am 13. Februar 1945 wird durch die Farbigkeit des Himmels symbolisiert, die an Rauch und Feuer gemahnt; vor diesem Hintergrund ragt die Ruine der Frauenkirche auf. Das rote Dreieck der Kämpfer gegen den Faschismus nimmt Bezug auf den Kampf, die Leiden und die Unüberwindlichkeit der Arbeiterklasse. Als Bildzitate erscheinen Ausschnitte aus Tizians »Zinsgroschen« und aus Rembrandts »Saskia«. Willi Neubert erinnert hier an die heldenhafte Tat sowjetischer Soldaten, die unter Einsatz ihres Lebens die Kunstschätze der Dresdner Gemäldegalerie retteten. Durch die dynamisch wirksame Art, wie er das Bild aufbaut, die Gegenstände auswählt und in ihrer Anordnung ein farblich aussagekräftiges Beziehungsgefüge schafft, will der Maler den Betrachter aufrütteln.

Im Mittelpunkt des dreiteiligen Werkes (Triptychon) »Die schaffenden Kräfte« von Kurt Robbel befindet sich eine Gruppe Jugendlicher. Die dargestellten Beziehungen und die Formen und Farben betonen die Zusammengehörigkeit der Gruppe. In differenzierter, verhaltener Charakterisierung der einzelnen Personen durch Gesten, Mimik und Farbigkeit verlebendigt der Maler die von ihm künstlerisch gestaltete Gruppe Jugendlicher. Durch das »Ausspielen« von gestalterischen Möglichkeiten der Form- und Farbkontraste erhält das Bild in seiner eindeutigen Bestimmtheit als Wandbild eine Dynamik, die die Assoziationsfähigkeit des Betrachters in starkem Maße anregt. Das trifft auch für die linke und rechte Bildtafel zu. Die Brandung des Meeres bricht sich an der Festigkeit des Leuchtturmes. In der rechten Bildtafel steht der Stille der parkähnlichen Landschaft am Meer die Unruhe der Krähen gegenüber. Das in Vorstellung geweckte Naturerlebnis wird gleichnishaft zum Verhalten und Erleben von Jugendlichen in Beziehung gesetzt. Der direkt formulierte und zugleich assoziativ bewirkte Beziehungsreichtum dieses Bildes von unserer Jugend regt zum Weiterdenken an.

In einer psychologisch erfaßten, großzügig komponierten und differenziert charakterisierten Strandszene »Menschen am Strand« greift Hans Vent eine bekannte Lebenssituation auf. Aus seiner Sicht gewinnt sie andere Dimensionen dazu, läßt uns vieles neu sehen und erleben. In einem äußerlich ruhig erscheinenden Bildgeschehen, das jedoch eine spannungsvolle psychologische Charakterisierung aufweist, werden Menschen in unterschiedlichsten Verhaltensweisen geschildert: sich Erholende, Zuschauende, Abgespannte, die den Alltag noch nicht abgeschüttelt haben und Aktive, die sich der Bewegung erfreuen. Auf der rechten Bildseite erkennen wir Frauen in unterschiedlicher Haltung und Stimmung. In der Mitte des Bildes befindet sich hinter einer Umfriedung aus Bademänteln eine Gruppe, in der das Gesicht eines Mannes auffällt, der die duftige, sonnige Strandatmosphäre, die ihn umgibt, nicht zu bemerken scheint. Völlig gelöst, der Sonne und der Schönheit des Strandes hingegeben, befindet sich ganz links eine weitere Frauengestalt. Sie bildet in ihrer Lebensfreude ausdrückenden Haltung einen Kontrast zu der zusammengesunkenen Gestalt am rechten Bildrand. Der Maler beherrscht für schwierig zu malende Strandsituationen seine bildnerischen Mittel virtuos: Die Luft scheint zu vibrieren, Meer und Sonne, ja die gesamte Szenerie sind greifbar nahe.

Von bezwingender Kraft ist Ronald Paris' Werk »Unser die Welt - trotz alledem«. Der Künstler greift aktuelle und historische Bezüge auf und erhellt Zusammenhänge des Klassenkampfes. Symbolisches und Situationsbedingtes sind zu einem Bildganzen von starker ideologischer ästhetischer Dichte und beeindruckender Unmittelbarkeit der Bildsprache verwoben. Unser Blick wird auf ein junges Paar gerichtet, dessen Bewegtheit durch eine Gestalt an der linken Seite des Mannes verstärkt wird. Kraftvoll tritt uns das Paar entgegen, scheint aus dem Bild herauszutreten. Unter Aufbietung aller Kräfte werden von ihm tiergestaltige Ungeheuer niedergetreten, die als Verkörperung des Gefährlichen und Unmenschlichen anzusehen sind. Links daneben verhüllt ein weißes Tuch den toten Körper eines Kämpfers. Über ihm stupide Gesichter von Soldateska, die zum oberen Bildrand hin die Gestalt von Ungeheuern annehmen. Hinter einem Gitter erscheinen die Gesichter Gefangener, davor verzweifelnde und trauernde Menschen. Dazwischen wiederum erscheinen verschlossene Gesichter, die sich lächelnde Masken vorhalten. Ein gequälter Körper stürzt in dieses Inferno hinab.

Im rechten Bildteil verkörpern in der oberen Bildhälfte Menschen verschiedener Erdteile den Solidaritätsgedanken. Weiter unten sehen wir eine Gruppe am Lagerfeuer, ein alter Mann bringt Brot. Am rechten Bildrand erkennen wir das Bildnis Louis Corvalans und das Selbstbildnis des Malers. Dieser Teil wird wie durch Bühnenbeleuchtung aus dem Bildganzen hervorgehoben. Mit seiner Fülle von Symbolen, Gleichnissen und Geschehnissen ist dieses gedankenreiche Bild ein großes Loblied auf die Kraft der Menschen, die in aller Welt für gesellschaftlichen Fortschritt, für soziale Gerechtigkeit und Frieden kämpfen.

Bernhard Heisig nimmt in seinem Wandbild »Ikarus« zum Verhältnis von gesellschaftlichem und wissenschaftlich-technischem Fortschritt Stellung. Ausgehend von dem Flug des Ikarus, dessen Vater Dädalus als Schmied das Flügelpaar konstruiert und als Sinnbild für den Erfindergeist des Menschen in der griechischen Mythologie gilt, wird das Thema in seiner historischen Dimension abgehandelt. Der Sage nach flog Ikarus, als er mit seinem Vater aus der Gefangenschaft auf einer Insel entfloh, zu nahe an die Sonne heran. Das Wachs, mit dem die Vogelfedern zusammengehalten wurden, schmolz, und Ikarus stürzte ins Meer. Auf unserem Bild hingegen scheint er Kraft zu sammeln. Nicht er, sondern der Pilot eines Flugzeuges aus dem I. Weltkrieg, in dem Motorflugzeuge erstmals zur Bombardierung von Menschen mißbraucht wurden, stürzt ab. Links neben dieser Gruppe erhebt sich die Gestalt eines Kommunarden. Der Kampf der Pariser Kommune ist ein Thema, das den Künstler seit langem bewegt. Daneben das angedeutete Bild Juri Gagarins. Eine Montgolfiere und ein Adler über der Weite des Meeres und die Caravelle des Kolumbus schaffen weitere Bezüge zum Forscherdrang des Menschen.

Willi Sitte leitet das Thema »Die rote Fahne - Kampf, Leid und Sieg« mit den aus dem Hintergrund hervortretenden Bildnissen von Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Ernst Thälmann ein. Sie stehen für den Kampf der deutschen Arbeiterklasse in den ersten 30 Jahren unseres Jahrhunderts. In einer U-förmigen Kurve sind die weiteren Bildelemente angeordnet. Brennende Bücher zeigen die beginnende Nacht des Faschismus an, eine gequälte Gestalt symbolisiert den Leidensweg der Kämpfer gegen den Faschismus; das Bildnis Dimitroffs steht für siegreichen Widerstand. Eine Kindergestalt, die an ihrem Körper Brandwunden trägt, schafft in der weiteren Bildfolge gedankliche Beziehungen zwischen der faschistischen Barbarei und der barbarischen Kriegsführung der USA in Vietnam. Wir erinnern uns aber auch an die Atombombenabwürfe von Hiroshima und Nagasaki. Ein in perspektivisch starker Verkürzung im unteren Bildteil ausgestreckter Leichnam appelliert an unser Verantwortungsbewußtsein.

Den Aufbruch zu neuem Beginn verkörpernd, tritt uns im rechten Bildteil eine kraftvolle Männergestalt entgegen. Hinter diesem Körper erheben sich viele Fäuste, mit denen kollektive Stärke zum Ausdruck gebracht wird. Ein Frauenakt, in seiner Schönheit sinnbildhaft das Glück unserer Tage charakterisierend, schließt das Bild ab. Die angedeutete Bewegtheit des Kopfes der Frau und der uns entgegengestreckte Blumenstrauß unterstützen diese Aussage Willi Sittes. Während der kahle Tierschädel links unten als Vergänglichkeitssymbol zu deuten ist, weist die drohende Maske über der zentralen Männergestalt auf heute noch gegenwärtige Gefahr und Bedrohung hin.

Die Bildsprache in diesem Werk ist wie im gesamten Schaffen des Künstlers von zupackender Eindringlichkeit. In starkem Maße werden Farben als Träger des Ideengehaltes und der Aussageabsicht eingesetzt. Die kraftvolle Dynamik des Bildgeschehens wird durch die präzise Bestimmtheit und Vehemenz von Gestik und Mimik der Dargestellten unterstrichen. Die ideologischen Bezüge, die sich aus der Symbolik von Personen und Beziehungen ergeben, bewirken, daß wir unser Wissen um die im Bild gestalteten Geschehnisse für ein tieferes Erleben einsetzen.

An Werner Tübkes fünfteiligem Bild (Pentaptychon) »Mensch - Maß aller Dinge« beeindruckt die Gediegenheit der Malweise, mit der er sich in starkem Maße dem Kulturerbe der Spätrenaissance verpflichtet. Zwei große Tafelbilder stehen in Korrespondenz zu drei Tafeln der Predella. Zur gesellschaftlichen Einordnung seines Werkes gibt er in der linken Tafel der Predella den Auftakt. Er greift eine Geschichte der griechischen Mythologie auf, deren man sich insbesondere in der Spätrenaissance und im Barock bediente, um den Sieg des Guten über das Böse sinnbildhaft zu verdeutlichen. Es ist die sogenannte Kentauromachie: Laipithos,

der König der Lapithen, lud zu seiner Hochzeit mit Hippodomeia die Kentauren ein. Diese brachen brutal die Gastfreundschaft der Lapithen und vergriffen sich an deren Frauen. Es kam zum Kampf, in dem die Lapithen siegten.

Der Künstler stellt diese Allegorie in ein weites Bezugsfeld, in dem religiöse (Christusgestalt) und geschichtliche Aspekte (Hakenkreuze an den Kentauren) auftauchen. Die Äußerung dieser Tafel steht im Kontext zur mittleren Tafel, wo Werner Tübke unter ablesbarer Bezugnahme zu seinem Bild "Chilenisches Requiem" zeigt, wie eine Frau mit behutsamer Gebärde einen Leichnam bedeckt. Darüber befindet sich das Bild einer glücklichen Familie inmitten einer fruchtbaren Landschaft.

In der rechten oberen Bildtafel gestaltete der Künstler ein Liebespaar. Der Torso einer griechischen Frauenplastik im Bildgefüge dieser Tafel macht erneut deutlich, in welch weitem historischem Bezug Werner Tübke verstanden sein will. In der rechten Tafel der Predella symbolisieren die Bildgeschehnisse den Tanz um das »goldene Kalb«.

Werner Tübkes Malkultur fasziniert unmittelbar, die Symbolik seiner Bildsprache dagegen will gelesen und verstanden sein.

In seinem Wandbild »Tadshikistan« verwertet Erhard Großmann Erlebnisse und Eindrücke einer Studienreise in die Sowjetunion. Die Erbauer eines Kraftwerkes in einer mittelasiatischen Landschaft beraten in einer Arbeitspause. Kraft, Klugheit und Entschlossenheit werden bei den jungen Arbeitern sichtbar. Die Gruppe der Mädchen ist voll Anmut und Schönheit. Die Alten im rechten Bildteil geben sich in stiller Freude und in selbstverständlicher Bindung an die jungen Leute dem Genuß des Teezubereitens und -trinkens hin.

Der Künstler schildert sowjetische Menschen verschiedener Generationen. Zur Darstellung der Gemeinsamkeit, die alle verbindet, als auch der Differenziertheit und beziehungsreichen Individualität ihrer Persönlichkeiten werden die Kennzeichnung der Tätigkeit und die charakterisierende Gestik und Mimik der Personen sparsam genutzt.

Die pastellartigen Farben bringen Atmosphäre und Kolorit der südlichen Landschaft zum Ausdruck. Da das Bild zugleich sehr statuarisch erscheint, gewinnt der Betrachter den Eindruck einer gelungenen Abstimmung auf die Architektur des Raumes im Hauptfoyer.

Günther Brendel fand für sein Anliegen, eine Würdigung unseres Aufbaus gestalterisch zu formulieren, eine ebenso einfache wie eindrucksvolle Lösung. Das Hochziehen einer großen Richtkrone auf einen Neubau wird zum Sinnbild der Freude und des Stolzes, die wir empfinden, wenn ein neues Haus rohbaufertig ist. Die Richtkrone ist vom Künstler als großes Blumengebinde gestaltet worden, dessen Reichtum an Blütenformen und Farben die Blicke auf sich zieht. Die locker wirkende künstlerische Handschrift gibt dem Bild einen Charakter, der eine frische Atmosphäre ausstrahlt, die unserem Lebensgefühl entspricht und es bereichert. Dem Blumengebinde werden alle anderen Bildelemente zugeordnet. Mit seinem Gemälde »Großes Stilleben« im Palast der Republik hat Günther Brendel für das Glück in unserem Leben eine künstlerische Ausdrucksmöglichkeit gefunden, die die Beziehung zu den anderen Wandbildern im Hauptfoyer braucht, wenn sie in ihrem vollen Bedeutungsgehalt vom Betrachter ästhetisch erfaßt werden soll.

Im Mittelpunkt des Wandbildes »Brot für alle« von Wolfram Schubert steht beherrscht und selbstbewußt ein Genossenschaftsbauer, hinter dem sich weit bis zum Horizont hügeliges, fruchtbares Ackerland ausbreitet. Rechts neben ihm sind vor einem Feld mit reifem Getreide die Früchte der Arbeit zu sehen. Brot und Wein bringen zum Ausdruck, daß die Ergebnisse der Arbeit unserer Genossenschaftsbauern ihnen und uns ungeteilt zur Verfügung stehen. Ein knorriger, abgestorbener alter Baumstumpf erinnert an das einstmals viel schwerere Ringen mit der Natur, das nötig war, um eine gute Ernte einbringen zu können. Das Porträt eines Genossenschaftsbauern wird durch ein »Porträt« der Landschaft ergänzt. Die Gedanken und Gefühle des Künstlers werden durch die kontrastreiche, in sich geschlossene, differenzierte intensive Farbigkeit des Bildes dem Betrachter nahegebracht.

René Graetz konnte sein Wandbild für den Palast der Republik nicht mehr vollenden. Arno Mohr hat den Entwurf im Geiste des plötzlich verstorbenen Freundes ausgeführt.

Unter dem großen Thema »Krieg und Frieden« hatte René Graetz beabsichtigt, Frauen zu würdigen, die wie Rosa Luxemburg und Clara Zetkin ihr Leben für den gesellschaftlichen Fortschritt und den Frieden einsetzten.

Mütter und Kinder von zart empfundener Individualität und Bewegtheit nehmen den Vordergrund des Bildraumes ein. Eine allegorische Frauengestalt im oberen Bildteil hält mit kräftiger Gebärde ein den Frieden der Frauen und Kinder bedrohendes Ungetier nieder. Den Leistungen der Frauen im Kampf um gesellschaftlichen Fortschritt und Frieden wird mit dieser gleichnishaften bildkünstlerischen Gestaltung hohe Anerkennung zuteil.

Für Arno Mohr war es eine große Aufgabe, das Gemälde nach dem Entwurf von René Graetz zu vollenden, galt es doch, sein eigenes Können so einzusetzen, daß er der künstlerischen Handschrift seines Freundes so nahe wie möglich kam.

Lothar Zitzmann nimmt mit seinem Wandbild auf das »Weltjugendlied«Bezug. Er gestaltet das Thema, indem er in einer vielfigurigen Komposition die ganze Spannbreite dessen, was uns im Zusammenhang mit diesem Lied bewegt, zu erfassen bestrebt ist. Die Gestalten auf einem Bild stehen für die Jugend der Welt, sie entsprechen dem Text des Liedes. Doch ist das Bild keine bloße Illustration, sondern gestaltet mit den Mitteln der bildenden Kunst das Thema neu.

In der Sinnbildhaftigkeit der bildnerischen Umsetzung läßt es Raum für die Vorstellungskraft des Betrachters.

Das Wandbild Zitzmanns ordnet sich in seiner klaren Gestaltung gut in das architektonische Gefüge des Hauptfoyers ein.

Die Großförmigkeit und Überschaubarkeit der Figuren, die zurückhaltende Farbigkeit, die konzentrierte und zugleich Inhaltliches verdeutlichende stürmische Bewegtheit der Personen, die Geschlossenheit der Komposition werden den Ansprüchen an ein solches Wandbild in besonderem Maße gerecht.

In seinem Wandbild »Wenn Kommunisten träumen...« bringt Walter Womacka in der ihm eigenen Bildsprache zum Ausdruck, was er unter der historischen Mission der Arbeiterklasse versteht. Der Gedankenkreis ist weit gespannt.

Im linken Bildteil macht er erlebbar, daß die Arbeiterklasse alle großen Errungenschaften der Menschheit in sich aufnimmt und fortführt.

Symbole dafür sind die Gestalt des Ikarus, ägyptische Pyramiden, der Kampf des Laokoon, die Freiheitskämpferin der Französischen Revolution und die Gestalt der resignierenden amerikanischen Freiheitsstatue, unter der das Kreuz des CluClux-Clan brennt. Der zerschlagene Stahlhelm eines deutschen Soldaten aus dem II. Weltkrieg, neben dem prächtige rote Mohnblüten emporwachsen, ist am unteren Bildrand zu sehen. Von hier wird unser Blick zur Hauptgestalt des Werkes geführt, einem jungen Arbeiter. Der kluge, sensible und weltoffene Gesichtsausdruck sowie sein kraftvoller Körper versinnbildlichen die Stärke der Arbeiterklasse, die ihre historische Mission verantwortungsbewußt wahrnimmt. Das historische Beziehungsgefüge des Bildes wird durch den Panzerkreuzer Aurora, durch einen Zug revolutionärer Soldaten, durch das Verbinden dieser Situation mit Gegenwärtigem (Schaltpult) und die wieder weit in die Ferne gehenden, sich zum oberen Bildrand hin bewegenden Straßen der Zukunft angedeutet.

In Korrespondenz zu diesem Bildteil und als Kontrast zur Freiheitsstatue erscheinen die Köpfe einer jungen Frau und eines Kosmonauten. Das Bullauge eines Flugkörpers öffnet den Blick auf eine weite Gebirgslandschaft. Der »Apfel der Erkenntnis« assoziiert, daß die Welt durch den Menschen erkennbar ist und immer weiter erkannt werden wird. Die Schilderung des Glücks einer Familie ist optisch mit Bildelementen verknüpft (Faust, Atommodell), die verdeutlichen, daß wir unser Leben zu meistern verstehen.

Über das ganze Bild ist die Kugel des Universums ausgespannt, dessen Mitte die Gestalt des jungen Arbeiters einnimmt.

Walter Womacka setzt in starkem Maße bei seinem Wandgemälde grafische Mittel ein. Die durchdachte, konzentrierte Zuordnung aller Bildelemente zur Zentralgestalt erfolgt über ein grafisches Netz, das die ganze Bildfläche überzieht. Farbige Partien und grafisch gestaltete Bildteile sind so miteinander verbunden, daß das Wesentliche in der Vielfalt überzeugend zum Ausdruck kommt.

Auf seinem Wandbild »Guten Tag« gestaltet Wolfgang Mattheuer in einer Familienszene vor einer sonnenüberfluteten Stadtlandschaft einen Erlebnisbereich, in dem sich die Geborgenheit, die Sicherheit und das Glück unseres sozialistischen Lebens widerspiegelt. Das Bild ist in drei Bildebenen gegliedert, die zugleich als Bedeutungsebenen wirksam werden. Im Vordergrund erkennen wir im Auf-uns-zukommen eine Familie, ein älterer Mann schaut ihr nach. Die verschiedenen Generationen angehörenden Menschen sprechen uns unmittelbar an.

Dahinter im Mittelgrund präzise gestaltet, doch nicht lokal bestimmbar, erstreckt sich eine sonnenbeschienene Stadt. Unser Verhältnis zur natürlichen und gebauten Umwelt, die durch unsere Arbeit Veränderungen unterworfen ist wird ausdrucksvoll herausgearbeitet.

In der Weite des Horizonts scheinen sich Himmel und Erde zu begegnen. Die Flugspur eines Düsenjägers am Himmel wandelt die Linienführung des Hügels im Vordergrund ab, zugleich korrespondiert sie mit ihr. Was da im Bilde erscheint, ist ein guter Tag, ein gutes Land mit einer guten Perspektive.

Matthias Wegehaupt stellt sich in seinem Wandbild »Raum für Neues« die schwierige Aufgabe, den Weg der Arbeiterklasse bis zu ihrem Sieg bildnerisch zu gestalten. Aus dem Dunkel der Erde erhebt sich ein Zug Menschen, der, je mehr er eine Anhöhe meistert, unter der durch ein Räumfahrzeug der Unrat kapitalistischer Vergangenheit vergraben wird, an Kraft und Individualität gewinnt.

Im rechten oberen Bildteil werden innere Bereicherung durch das Erleben der Natur und deren zunehmende Beherrschung zum Nutzen der Menschheit assoziiert.

Die Bildsprache von Matthias Wegehaupt ist darauf angelegt, ein großes Thema einprägsam zu gestalten. Sie weist dabei weitgehend illustrative Züge auf und vermeidet die psychologische Charakterisierung der einzelnen Personen. Das erste Wandbild von Matthias Wegehaupt ist ein verheißungsvoller Auftakt für weitere künstlerisch überzeugende Leistungen.

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