Die Darsteller seiner Opern wählte Wagner im allgemeinen so aus, daß sie von ihrer äußeren Erscheinung her zur Rolle paßten. »Meine Götter, Riesen und Helden sind alle von ausgezeichneter Statur, so daß auf dem hiesigen Bahnhofe, wann ein solcher Riese ankam, es immer gleich hieß: ›da kommt wieder ein Nibelunge!‹« Aus Geldmangel mußten jedoch für die Nibelungen-Zwerge nicht Statisten, sondern eine Gruppe junger Turner herhalten, die ohne Entgelt auftraten. Die Rheintöchter, gespielt von »Fräulein Lammer«, Lilli und Maria Lehmann, wurden auf der Bühne mit drei Wagen in die Lüfte gehievt. »Diese Maschinen mußten wir hin und her schieben und die Sänger während der sechs Stunden der ersten Probe heben und senken. Der Meister war müde und wir drei konnten kaum einen Arm und Bein mehr bewegen.«
Kat.-Nr. 111, 112: Brünhilde und Rheintöchter, Bayreuth 1876, Photographien, 17 x 11 cm bzw. 11 x 17 cm (Köln, Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln)
1912 wurde anläßlich Wagners 100. Geburtstages die Nibelungenhalle eröffnet. Der von den Architekten Hans Meier und Werner Berendt entworfene Rundbau mit Apsis und Vorhalle barg unter einer Eisenbetonkuppel mit den ›Sternen des nordischen Himmels‹ zwölf Gemälde von Hermann Hendrich, der sich insbesondere mit der Verbindung von norwegischer Natur und ›germanischer Mythologie‹ einen Namen gemacht hatte. Sowohl das hakenkreuzartige vierfache ›F‹ rechts (›frisch, fromm, fröhlich, frei‹ – dieses Symbol benutzte der wegen seines ›Arierparagraphen‹ 1889 aus der deutschen Turnerschaft ausgeschlossene Deutsche Turnerbund seit 1907) als auch der Judenstern rücken den Kultbau in den Zusammenhang von völkischer Ideologie und Antisemitismus. Das ›Nordische‹ kommt auf dem Plakat außerdem in der Verwendung von Drachenstilmotiven zum Ausdruck. Heute wird die Nibelungenhalle als Reptilienzoo genutzt.
Kat.-Nr. 122: Hermann Hendrich, Die Nibelungenhalle zu Königswinter a. Rh., 1913, Plakat, 20,8 x 31 cm (Königswinter, Marlies Blumenthal, Nibelungenhalle Königswinter)