Plakatmotiv "Die Hugenotten;

 

Zuwanderungsland Deutschland: Migrationen 1500-2005 - Die Hugenotten, Deutsches Historisches Museum
22. Oktober bis 12. Februar 2006, Ausstellungshalle von I.M. Pei - Logo DHM

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Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Conseil général de la Moselle. Sie wird in veränderter Form unter dem Titel "Huguenots. De la Moselle à Berlin. Les chemins de l'exil" vom 10. November 2006 bis 10. März 2007 im Temple Neuf in Metz gezeigt.

Die Ausstellung Zuwanderungsland Deutschland. Die Hugenotten wird als Beitrag zur aktuellen, europaweit geführten Diskussion zum Thema Migration verstanden. Zeigt die gleichzeitig im Deutschen Historischen Museum stattfindende Ausstellung Zuwanderungsland Deutschland. Migrationen 1500-2005 fächerartig unterschiedlichste Migrantengruppen und Formen von Migration, wird hier der Blick beispielhaft auf die bekannteste Gruppe von Zuwanderern in protestantische Länder des Heiligen Römischen Reichs, nach England und Holland gelenkt. Denn am historischen Beispiel der Hugenotten vereinen sich auf einzigartige Weise bis heute aktuelle Aspekte der vielschichtigen Migrationsproblematik. Keine Migrantengruppe der frühen Neuzeit ist durch Objekte und Quellen so gut dokumentiert wie die Hugenotten.

Um diese angemessen thematisieren zu können, greift die Ausstellung sowohl die Geschichte der französischen Protestanten in ihrem Heimatland auf, als auch ihre Aufnahme und Eingliederung in den Hauptzufluchtsländern nach der Widerrufung des Toleranzedikts von Nantes 1685 durch Ludwig XIV. von Frankreich. Denn insbesondere jetzt setzte eine große Fluchtwelle ein, welche die Ankommenden in den Aufnahmeländern als festumrissene Gruppe deutlich werden ließ.

Der Rundgang der etwa 450 Exponate umfassenden Ausstellung beginnt mit der Geschichte der Hugenotten in Frankreich. Im Gegensatz zu den deutschen Territorien, in denen sich die Religionszugehörigkeit seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 nach dem Bekenntnis des Landesherren richtete, hatte sich die Reformation in Frankreich gegen den Willen der Könige ausgebreitet. In ganz Frankreich entstanden Gemeinden, in denen sich Gläubige aus allen Bevölkerungsschichten zusammenfanden. Der Übertritt eines bedeutenden Teils des Hochadels ließ die zunächst rein religiöse Auseinandersetzung schnell in eine politische umschlagen. In der berühmten Bartholomäusnacht am 24. August 1572 wurde auf Veranlassung der Regentin Katharina Medici ein Massaker an den Hugenotten verübt, das ihnen auch ihre politischen Köpfe raubte. 1598 erließ Heinrich IV. mit dem Ziel der innenpolitischen Befriedung seines Königreichs das Edikt von Nantes, das den Protestanten freie Religionsausübung und eine politische Sonderstellung einräumte.

Unter Ludwig XIV. sollte der andauernde Konflikt der widerstreitenden Parteien, die die katholische Konfessionalität förderten oder hemmten, gelöst werden. Die Widerrufung des Edikts von Nantes 1685 – die sogenannte Revokation - und die anschließende Flucht hunderttausender Protestanten war die Konsequenz der absolutistischen Politik, die konfessionelle Homogenisierung als notwendiges Element der staatlichen Einheit und Machtssicherung des Königs betrachtete. Um den inneren Frieden zu gewährleisten, sollte der konfessionellen Entzweiung vorgebeugt werden. Die bereits zuvor bestehende, gesetzlich verankerte Benachteiligung der Protestanten wich nun der Auffassung, daß es keinen Platz für andersgläubige Untertanen mehr geben sollte.

Obgleich Ludwig XIV. den Hugenotten die Auswanderung unter Androhung von Strafen verboten hatte, verließen zwischen 1685 und 1705 mehr als150.000 reformierte Franzosen Frankreich, um der befohlenen Konversion zum katholischen Bekenntnis zu entgehen. Da die hugenottische Auswanderung illegal war, ergab sich in den ersten Monaten nach der Revokation des Edikts von Nantes eine spontane, ungeplante Fluchtbewegung. Es flohen einzelne Personen, Familien, Unternehmer mit ihren Arbeitern und manchmal sogar ganze Gemeinden.

Die Hugenotten erwarteten unterschiedliche politische, rechtliche und ökonomische Bedingungen in den Hauptaufnahmeländern des Heiligen Römischen Reichs, in den Niederlanden und in England. Grundsätzlich erfolgte die Erlaubnis zur Einwanderung gezielt nach wirtschaftlichen Erwägungen, d.h. in Übereinstimmung mit der merkantilistisch geprägten Wirtschaftspolitik. Entsprechend kann keineswegs von einer einheitlichen Wirkung des hugenottischen Zuzugs in den Aufnahmeländern ausgegangen werden. Der wirtschaftliche Zuwachs erfolgte am ehesten im Manufakturbereich durch die zugewanderten Handwerker. Die Ansiedelung von zur Herstellung von Luxusgütern befähigter Handwerker war oftmals mit Prestigedenken verbunden. Man wünschte Erzeugnisse von hoher Qualität, die einen europäischen Markt erreichen konnten.

Die Hugenotten selbst kamen hingegen mit präzisen Vorstellungen bezüglich ihrer Religionsausübung in die Aufnahmeländer. Häufig existierten bereits vor der Revokation mehr oder weniger eigenständige französisch-reformierte Kirchen im Ausland oder sie wurden mit Unterstützung der aufnehmenden Fürsten aufgebaut. Als erste Anlaufstelle der Flüchtlinge konnten sie die nötige Hilfestellung leisten. Die Kirche war also nicht mehr nur wie ehedem in Frankreich die religiöse Heimat der Gläubigen, sondern gleichermaßen das integrative Zentrum des sozialen Lebens der französischen Fremden. In den ersten Jahren bewirkten äußere Zwänge im Zusammenspiel mit einer inneren Disposition zur gegenseitigen Hilfe eine schnelle Wiederherstellung gemeinschaftlicher Strukturen. Die Integration in die Gesellschaft der Aufnahmeländer waren in erster Linie abhängig vom Grad der zugestandenen kulturellen und rechtlichen Eigenständigkeit der Hugenottengemeinden.

Die Geschichte der Hugenotten ist weitgehend als eine „Erfolgsgeschichte“ beschrieben worden, bei der vor allem die wirtschaftlichen, technischen und kulturellen Innovationen, die sie mitbrachten, hervorgehoben wurden. Dies gilt in besonderem Maße für die von Hugenotten oder ihren Nachfahren verfaßten Darstellungen zur Geschichte des „Refuge“. Sie zeigen bereits im 18. Jahrhundert deutliche Anzeichen zu einer hugenottischen Traditions- und Legendenbildung, die sich im 19. Jahrhundert schließlich zu einer bis in die heutigen Tage hinein wirkenden verklärenden Sicht verfestigten.

Zu fragen bleibt, welchem Zweck die Historisierung von Flucht und Aufnahme der Hugenotten diente, inwiefern sie die Gruppenidentität und die Politik der Aufnahmeländer spiegelt und als Gradmesser für Integration zu betrachten ist. Dies ist auch vor dem Hintergrund neuerer Forschung zu sehen, die zunehmend auf die schweren Lebensbedingungen und das keineswegs immer als „Erfolgsgeschichte“ verlaufene Leben im „Refuge“ verweist.


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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