Das Reichstagsgebäude

Am 19. April 1871 beschloß der Deutsche Reichstag den Bau eines Parlamentsgebäudes. Eine Kommission aus Mitgliedern des Reichstags, des Bundesrats und der preußischen Regierung wurde beauftragt, einen passenden Bauplatz ausfindig zu machen und ein Bauprogramm aufzustellen, auf dessen Grundlage ein Architekten-Wettbewerb ausgeschrieben werden konnte. Als Bauplatz wurde das Grundstück des Grafen Athanasius Raczynski an der Ostseite des Königsplatzes in Aussicht genommen, und bereits im Dezember wurde ein internationaler Wettbewerb ausgeschrieben, an dem sich 122 Architekten beteiligten. Aus diesem Wettbewerb ging, nach der Entscheidung der Jury im Juni 1872, Ludwig Bohnstedt aus Gotha als Sieger hervor. Der preisgekrönte Entwurf konnte jedoch nicht verwirklicht werden, da Graf Raczynski sich weigerte, das Grundstück, auf dem sein von August Strack zwischen 1844 und 1847 errichtetes Palais stand, zu verkaufen. Der Reichstag beschloß deshalb, die Suche nach einem Bauplatz fortzusetzen, eine Suche, die erst 1881 zu Ende war, als der Reichstag dem Antrag zustimmte, das Gelände an der Ostseite des Königsplatzes, das nach langwierigen Verhandlungen mit dem Sohn und Erben des Grafen Raczynski jetzt zum Verkauf stand, zu erwerben. Im Februar 1882 wurde ein neuer Architekten-Wettbewerb ausgeschrieben, zu dem allerdings nur Architekten "deutscher Zunge" zugelassen waren. Aus den ungefähr 190 Einsendungen gingen der Frankfurter Paul Wallot und der Münchner Friedrich von Thiersch als Sieger hervor; beide erhielten einen ersten Preis. Da aber Wallot mehr Stimmen auf sich vereinigen konnte wurde er mit der Ausführung beauftragt. Aufgrund von Einwänden von verschiedener Seite mußte Wallot seinen Plan mehrmals überarbeiten, bis mit dem Bau begonnen werden konnte; am 9. Juni 1884 fand die feierliche Grundsteinlegung statt. Nach zehn Jahren Bauzeit konnte der Reichstag mit einer feierlichen Schlußsteinlegung am 5. Dezember 1894 übergeben werden.

          
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