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Aus der Sammlung des Deutschen Historischen Museums

Deutschsprachiger Erstdruck der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung vom 4.Juli 1776

 

 

Gerd- J. Bötte *

Der Erstdruck der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung in deutscher Sprache (Philadelphia: Steiner und Cist, 1776)

 
 

Druck- und Exemplarbeschreibung:

Die erste deutsche Übersetzung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung wurde von der Offizin Steiner und Cist in Philadelphia als Einblattdruck im Plano-Format publiziert.

Die Blattmaße des vorliegenden Exemplars betragen in der Höhe 41,1 cm, in der Breite 33,4 cm. Der Satzspiegel beträgt 38,0 X 27,6 cm.

Für den Druck wurde handgeschöpftes geripptes Papier verwendet, das kein erkennbares Wasserzeichen aufweist. Im Abstand von 2,5cm bis 2,6cm sind 15 horizontal verlaufende Kettlinien erkennbar. Die Papierstärke beträgt durchschnittlich 0,13 mm.

Trotz durchgehender Bräunung, mehrerer Stockflecken und Wasserränder sowie einiger kleinerer, z. T. restaurierter Beschädigungen ist der Erhaltungszustand des vorliegenden Exemplars, gemessen an der zeittypischen Qualität deutschamerikanischer Druckerzeugnisse insgesamt als bemerkenswert gut zu beurteilen. Dies gilt um so mehr, als Einblattdrucke und andere ephemere Publikationen in aller Regel unter äußerst ungünstigen konservatorischen Bedingungen überliefert wurden.

Das Blatt wurde durch dreimaliges Knicken zum Achtelformat gefaltet. An den Kreuzungsstellen der Falten weist es im unbedruckten Raum, insbesondere im Blattzentrum, gelegentliche Fehlstellen auf. Kleinere Textverluste bzw. -anschnitte in der linken Druckspalte wurden fachmännisch in Faksimile restauriert (Zeile 14: »gegründet, u[nd]« sowie zu Beginn der Zeilen 25-27: »[verschaff]en«, »[ist jetzt die Noth]wendigkeit« und »[Systeme]«).

In den mittleren Achteln sind jeweils links bzw. rechts außen vier korrespondierende braune Stockflecken erkennbar, die darauf hindeuten, daß das Blatt längere Zeit in der gefalteten Form aufbewahrt wurde.

Das vorliegende Exemplar weist darüber hinaus zwei annähernd gleichmäßige vertikale Knickfalten jeweils 1,4-1,5 cm links und rechts des Satzspiegels auf. An Ober- und Unterkante fehlen derartige Knickfalten vermutlich durch Papierabriß.

In diesen vertikalen Knickfalten sowie an der Ober- und Unterkante des Blattes sind ingesamt neun doppelte Heftlöcher erkennbar. Im Gegensatz zu den im gefalteten Zustand entstandenen Stockflecken sind die Heftlöcher einander nicht symmetrisch zugeordnet, was darauf hindeutet, daß sie zu einem nicht erkannten Zeitpunkt dazu dienten, den Druck zu Präsentationszwecken auf einen Karton zu heften.

Die typographische Gestaltung des Steiner und Cist-Drucks zeigt sowohl die enge Anlehnung an die amerikanische Vorlage als auch Eigenheiten der deutsch-amerikanischen Druckkultur. Im Gegensatz zur sonst zu dieser Zeit im außerdeutschen Kulturraum üblichen Antiqua-Type wurde die deutsche Übersetzung der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung den Lesegewohnheiten der Deutsch-Amerikaner entsprechend in Frakturschrift gesetzt. Das Layout der Überschrift entspricht in Satz und Zeilengestaltung völlig dem der unmittelbar zuvor von John Dunlap gedruckten englischsprachigen Erstfassung. Abweichend von Dunlaps Druckfassung entschieden sich Steiner und Cist jedoch der besseren Lesbarkeit wegen für einen zweispaltigen Satz, wobei der Fließtext der linken Kolumne 69 Zeilen, der der rechten Kolumne 62 Zeilen umfaßt. Die Formatierung der Absätze entspricht wiederum genau den 32 Absätzen der Dunlapschen Druckfassung, was die Bemühungen des Übersetzers und der Drucker um eine möglichst authentische Wiedergabe der Vorlage unterstreicht.

Die handwerkliche Solidität des deutschen Erstdrucks der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung manifestiert sich durch das Fehlen jeglicher Druckfehler, während die nicht ganz exakte Ausrichtung des Textes auf die horizontalen Kettlinien des Papiers andeutet, daß die Auflage unter beträchtlichem Zeitdruck hergestellt wurde.

 
 
 

*Leiter der Sammlung Deutsche Drucke (1701-1800) der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen.