Georg Simmel 1858-1918

Philosoph, Soziologe

  • 1858
    1. März: Georg Simmel wird in Berlin als jüngstes von sieben Kindern des Fabrikanten Edward Simmel und dessen Frau Flora (geb. Bodenstein) geboren. Edward Simmel stammt aus einer jüdischen Familie und ist zum Katholizismus konvertiert. Flora Bodensteins Familie ist vom Judentum zum Protestantismus übergetreten. Georg Simmel wird evangelisch getauft.
  • 1876-1881
    Georg Simmel studiert an der Berliner Universität Geschichte und Philosophie.
  • 1881
    Simmels erste Promotionsschrift "Psychologisch-ethnologische Studien über die Anfänge der Musik" wird wegen formaler Fehler und mangelnder Genauigkeit der Thesen nicht angenommen. Auf Fürsprache seiner Gutachter akzeptiert die Fakultät jedoch die im Rahmen eines Wettbewerbs prämierte Abhandlung "Darstellung und Beurteilungen von Kants verschiedenen Ansichten über das Wesen der Materie" als Dissertation.
  • 1885
    Er wird mit der Schrift "Kantische Studien" im Fach Philosophie habilitiert und an der Berliner Universität zum Privatdozenten ernannt. Simmels Veranstaltungen avancieren aufgrund der rhetorischen Brillanz seines Vortrags zu einem gesellschaftlichen Ereignis, das auch zahlreiche nichtakademische Zuhörer anzieht. Dies weckt den Argwohn vieler Kollegen.
  • 1890
    Heirat mit Gertrud Kinel. Simmels Haus wird zu einem Treffpunkt des Berliner Kulturlebens. Die Dichter Rainer Maria Rilke und Stefan George gehören zu seinem Freundeskreis.
    Mit der Schrift "Über soziale Differenzierung. Soziologische und psychologische Untersuchungen" begründet Simmel die Sozialpsychologie.
  • 1891
    Geburt des einzigen Sohns Hans.
  • 1894
    In seinem Aufsatz "Das Problem der Soziologie" entwirft Simmel das Programm der Soziologie als selbständiger Wissenschaft.
  • 1898
    Der Antrag der Philosophischen Fakultät auf Erteilung eines Extraordinariats an Simmel scheitert am Widerstand des Kultusministeriums. Neben antisemitischen Motiven spielt auch Simmels Außenseiterposition im akademischen Betrieb eine Rolle.
  • 1900
    Der zweite Antrag auf Erteilung eines Extraordinariats ist erfolgreich. In seinem Hauptwerk "Philosophie des Geldes" thematisiert Simmel die Vervielfachung unpersönlicher Beziehungen in modernen Gesellschaften und die zwiespältigen Konsequenzen für das Individuum.
  • 1903
    In dem Aufsatz "Die Großstädte und das Geistesleben" zeichnet Simmel idealtypisch das Bild beschleunigter Lebenszusammenhänge in der Moderne und erweist sich damit als einer der scharfsinnigsten Gegenwartsanalytiker seiner Zeit.
  • 1908
    Die Philosophische Fakultät der Heidelberger Universität will eine vakante Professur mit Simmel besetzen. Auch Max Weber setzt sich für ihn ein. Die Regierung in Karlsruhe lehnt jedoch ab, nachdem der im Alldeutschen Verband engagierte Berliner Historiker Dietrich Schäfer (1845-1929) in einem Gutachten Simmel als "Israelit durch und durch" verunglimpft und der Soziologie den Rang als Wissenschaft bestreitet.
    In der Schrift "Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung" etabliert Simmel mit seiner Formanalyse die Mikrosoziologie, die erstmals auch Objekte des Alltagslebens wissenschaftlich erörtert.
  • 1911
    Die Fakultät für Staatswissenschaften der Freiburger Universität verleiht Simmel die Ehrendoktorwürde.
  • 1914
    Simmel erhält einen Lehrstuhl an der Straßburger Universität (heute: Strasbourg, Frankreich).
    Im Ersten Weltkrieg nähert er sich nationalistischen Positionen an und verleiht einem weitverbreiteten Unbehagen an der Kultur Ausdruck. Simmel hofft, der Krieg werde "die Anbetung des Geldes und des Geldwertes der Dinge" überwinden und die "Einheit und Ganzheit" des Volkes festigen.
  • 1918
    26. September: Georg Simmel stirbt in Straßburg.
Gerhard Altmann
15. September 2017

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