Hellmut von Gerlach 1866-1935

Politiker und Journalist

Der Sohn eines schlesischen Gutsbesitzers geht nach einem Jurastudium in den preußischen Staatsdienst, wird jedoch 1892 Journalist. Zunächst konservativ, entwickelt er sich später hin zum Linksliberalismus. Er verurteilt die aggressive deutsche Politik im Ersten Weltkrieg und gehört 1918 zu den Gründern der Deutschen Friedensgesellschaft sowie der Deutschen Demokratischen Partei. In der Weimarer Republik schreibt er an gegen die rechten Umsturzversuche, wird 1926 Vorsitzender der Deutschen Liga für Menschenrechte. Von den Nationalsozialisten schon im August 1933 ausgebürgert, geht er nach Österreich und auf Einladung der Französischen Liga nach Paris. Er übernimmt das Kommissariat für die deutsche Emigrantenfrage und engagiert sich weiterhin journalistisch gegen den Nationalsozialismus.

  • 1866
    2. Februar: Hellmut von Gerlach wird als Sohn des Gutsbesitzers Karl von Gerlach und dessen Frau Welly (geb. Peyer) in Mönchmotschelnitz (Schlesien) geboren.
  • 1890
    Nach einem Jurastudium an den Universitäten in Genf, Straßburg, Leipzig und Berlin tritt Gerlach in den preußischen Staatsdienst ein.
    Erste journalistische Praxis als Mitarbeiter des "Deutschen Adelsblatts".
  • 1892
    Gerlach verlässt den Staatsdienst, um sich ausschließlich politischer und journalistischer Arbeit zu widmen.
    Er steht zunächst dem christlich-sozialen, antisemitischen Flügel der Konservativen um Adolf Stoecker nahe.
  • 1892-1896
    Redakteur der christlich-sozialen Tageszeitung "Das Volk".
    Unter dem Einfluss Friedrich Naumanns entwickelt Gerlach eine liberale politische Haltung.
  • 1896
    Mit Friedrich Naumann gründet er den Nationalsozialen Verein.
  • 1902-1906
    Mitglied des Reichstags für die linksliberale Freisinnige Vereinigung.
  • 1906
    Gerlach wird Chefredakteur der Berliner Wochenzeitung "Die Welt am Montag". In seinen Artikeln fordert er politische Reformen zur Parlamentarisierung des Reichs.
  • 1907
    Er veröffentlicht die Schrift "Das Parlament".
  • 1908
    Gerlach verlässt die Freisinnige Vereinigung und ist Mitbegründer der Demokratischen Vereinigung.
  • 1914-1918
    Im Ersten Weltkrieg nimmt Gerlach eine pazifistische Haltung ein. Überzeugt von der deutschen Kriegsschuld, fordert er in seiner Zeitschrift "Welt am Montag" eine Verständigungspolitik.
  • 1918
    Er gehört zu den Gründern der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und der Deutschen Friedensgesellschaft.
  • 1918/19
    Unterstaatssekretär im preußischen Innenministerium. In diesem Amt setzt sich Gerlach für die deutsch-polnische Aussöhnung ein und ist infolgedessen heftigen Anfeindungen ausgesetzt.
  • ab 1919
    Er tritt dem Rat des Internationalen Friedensbüros bei.
    Als Journalist kämpft er gegen politische Umsturzversuche rechtsgerichteter Kreise. Er tritt für die Erfüllung des Versailler Vertrags ein und prangert die illegale Aufrüstung an. In der "Welt am Montag" setzt er sich besonders für eine deutsch-französische Verständigung ein.
  • 1920
    Gerlach entgeht nur knapp einem Mordanschlag nationalistischer Kreise.
  • 1922
    Austritt aus der DDP.
  • 1926
    Er wird Vorsitzender der deutschen Liga für Menschenrechte. In dieser Funktion nimmt er an mehreren internationalen Friedenskongressen teil.
    Er veröffentlicht die Schrift "Die große Zeit der Lüge".
  • 1930
    Gerlach ist Gründungsmitglied der politisch einflusslosen "Radikaldemokratischen Partei".
  • 1932
    Für den inhaftierten Carl von Ossietzky übernimmt er die politische Leitung der Zeitschrift "Die Weltbühne".
  • 1933
    März: Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten geht Gerlach ins Exil nach Österreich.
    Auf Einladung der französischen Liga für Menschenrechte siedelt er nach Paris über. Er setzt dort sein journalistisches und pazifistisches Engagement fort und warnt eindringlich vor dem nationalsozialistischen Regime.
  • 1935
    1. August: Hellmut von Gerlach stirbt in Paris.
  • 1937
    Postum erscheint seine Autobiographie "Von rechts nach links".
Gabriel Eikenberg, Antonia Meiners
23. März 2021

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