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    BDM-Führerinnen, 1938

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Die NS-Volksgemeinschaft

Anknüpfend an völkische Gemeinschaftsvorstellungen und eine in den Schützengräben des Ersten Weltkrieges erfahrene Frontgemeinschaft, propagierten die Nationalsozialisten die Volksgemeinschaft als Lösung aller politischen und sozialen Gegensätze der Weimarer Republik. Der rassisch begründete, an die idealisierte Lebenswelt der "alten Germanen" angelehnte Geist einer solidarischen Gemeinschaft sollte alle Unterschiede in Herkunft, Beruf, Vermögen und Bildung negieren und eine egalitäre Einheit deutscher "Volksgenossen" begründen. Der weitverbreiteten und schon im Ersten Weltkrieg deutlich spürbaren ideologischen Strömung einer Volksgemeinschaft fiel mit Beginn der nationalsozialistischen Machtübernahme eine zentrale Funktion bei der Etablierung ihres totalitären Herrschaftssystems zu.

"Gemeinnutz geht vor Eigennutz" - mit derartigen Parolen stieß die Volksgemeinschaft als Ausdruck von Einigkeit und Einheitlichkeit auf eine breite Identifikationsbereitschaft in der Bevölkerung. Propagandistisch inszeniert wurde sie in Massenveranstaltungen an Gedenk- oder Feiertagen wie dem Reichsparteitag, den 1. Mai-Feierlichkeiten oder dem Erntedankfest, auf denen die Menschenmengen in Fackelzügen und Aufmärschen in einen "festen Block" zusammenzuschmelzen schienen. Sammelaktionen für das Winterhilfswerk (WHW) oder die "Eintopfsonntage" vermittelten eine identitätsstiftende Solidarität.

Im Namen der mythisch überhöhten Einheit der Deutschen erfolgten ab 1933 die Gleichschaltung aller gesellschaftspolitischen Bereiche, die Errichtung des Einparteienstaats und die Verfolgung von Gegnern des NS-Regimes. Davon betroffen waren vor allem die als minderwertig diffamierten Juden, die nach rassebiologischen Kriterien der Nationalsozialisten nicht der Volksgemeinschaft angehören konnten. Aus der Gemeinschaft ausgeschlossen waren zudem sogenannte Volksschädlinge, die nicht bereit waren, blinden Gehorsam gegenüber dem "Führer" Adolf Hitler zu akzeptieren oder für seine Politik Opfer zu erbringen. Die NS-Propaganda wurde nicht müde, mit Schlagworten wie "Du bist nichts, dein Volk ist alles!" die Eingliederung in eine opferbereite Volks- und Leistungsgemeinschaft zu beschwören. Nahezu widerspruchslos trug diese die Kriegsvorbereitungen mit, und auch im Zweiten Weltkrieg sollte die "Schicksalsgemeinschaft des deutschen Volkes" nach dem Willen Hitlers auf "Leben und Tod" verschworen sein.

Arnulf Scriba
8. September 2014

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