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Bayerische Volkspartei (BVP)

Am 12. November 1918 konstituierte sich in Regensburg die Bayerische Volkspartei (BVP) aus dem bayerischen Teil des Zentrums. Die Mitglieder protestierten damit vorwiegend gegen die zentralistische Politik von Zentrumspolitiker Matthias Erzberger, der sich zu den Ergebnissen der Revolution von 1918/19 und der Weimarer Verfassung bekannte. Die BVP entwickelte ein eigenständiges, auf katholischen Fundamenten beruhendes Parteiprogramm mit deutlich konservativer und föderalistischer Akzentuierung. Obwohl die Weimarer Republik grundsätzlich anerkannt wurde, favorisierte die BVP einen deutschen Staatenbund mit umfassender bayerischer Eigenstaatlichkeit und die Wiedergewinnung traditioneller Sonderrechte.

In Folge der Niederschlagung der Münchner Räteregierung beteilige sich die BVP an der sozialdemokratischen Landesregierung in Bayern unter Ministerpräsident Johannes Hoffmann (1867-1930). Nach dessen erzwungenen Rücktritt im Zuge des Lüttwitz-Kapp-Putsches 1920 stellte die BVP mit Gustav Ritter von Kahr den neuen Ministerpräsidenten, der besonders für die Idee einer "Ordnungszelle" Bayern eintrat. In den 1920er Jahren blieb die BVP mit regelmäßigen Wahlergebnissen über 30 Prozent stärkste Partei in Bayern und führte mit Ministerpräsident Heinrich Held zwischen 1924 und 1933 alle bayerischen Kabinette an. Im Regierungsbezirk Oberpfalz erreichte sie bei den Reichs- und Landtagswahlen bis 1932 über 50 Prozent der Stimmen.

Mit etwa 55.000 Mitgliedern in über 2.500 Ortsverbänden übte die BVP als stärkste der in Deutschland existierenden Regionalparteien auch Einfluss auf die Reichsregierung aus. Während sie für die Wahlen zur Nationalversammlung ein Wahlbündnis mit dem in Bayern nicht antretenden Zentrum bildete, verschlechterte sich Anfang der 1920er Jahre das Verhältnis zur Schwesterpartei. Die BVP favorisierte eine bürgerlich-konservative Reichsregierung ohne Beteiligung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Bei der Reichspräsidentenwahl 1925 stellte sie mit Heinrich Held einen eigenen Kandidaten, der allerdings im ersten Wahlgang scheiterte. Im zweiten Wahlgang lehnte die BVP den Zentrumskandidat Wilhelm Marx wegen der angekündigten Unterstützung durch die SPD ab und sprach sich für Paul von Hindenburg aus. Die BVP war von 1925 bis zum Scheitern des Präsidialkabinetts von Heinrich Brüning in allen Reichskoalitionen vertreten und stellte mit Karl Stingl (1864-1936) und Georg Schätzel (1874-1934) die Reichspostminister. Im November 1927 näherte sich die BVP dem Zentrum wieder an und beide Parteien verständigten sich über die parlamentarische Zusammenarbeit auf Reichsebene innerhalb einer Fraktionsgemeinschaft.

Bereits Mitte der 1920er Jahre war die BVP gezwungen, sich mit der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) auseinanderzusetzen, da beide Parteien in Bayern um die Gunst der selben Wählerschicht konkurrierten. Trotz der Kritik an den nach einer starken Zentralgewalt strebenden Tendenzen der Nationalsozialisten befürwortete die BVP ab 1932 eine Einbeziehung der NSDAP in die Reichsregierung. Nach der Machtübername der Nationalsozialisten wurde am 10. April 1933 auch die bayerische Regierung abgesetzt und zahlreiche Mitglieder der BVP verhaftet. Am 4. Juli 1933 löste sich die BVP auf Druck der NSDAP auf, worauf alle inhaftierten BVP-Politiker aus der Haft entlassen wurden.

Johannes Leicht, Arnulf Scriba
17. September 2014

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