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Die Nationalversammlung

Die aus den Wahlen vom 19. Januar 1919 hervorgegangene Nationalversammlung trat am 6. Februar zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Auch aufgrund der revolutionären Situation in Berlin fiel die Wahl des Orts auf das entlegene Weimar. Friedrich Ebert, Mitglied des seit November 1918 regierenden Rats der Volksbeauftragten, hoffte mit Blick auf die zur gleichen Zeit tagende Pariser Friedenskonferenz ferner, Weimar als Heimstatt der freiheitsliebenden Deutschen Klassik werde seine Wirkung auf das Ausland nicht verfehlen. Nicht zuletzt sollte die Entscheidung für Weimar jedoch Abneigungen und Ablehnung in einigen Regionen Deutschlands gegenüber einem übermächtigen Preußen und der Metropole Berlin zerstreuen. Es bestand die Hoffnung, zögerlichen Teilen der Bevölkerung so die Integration in eine Republik zu erleichtern und separatistischen Tendenzen, wie sie nicht nur im Rheinland und Bayern zu verzeichnen waren, entgegenzuwirken. Zu den Hauptaufgaben der Nationalversammlung zählte die Etablierung einer provisorischen Zentralgewalt.

Nach der Wahl Eberts zum vorläufigen Reichspräsidenten durch die Nationalversammlung und der Beauftragung Philipp Scheidemanns mit der Regierungsbildung am 11. Februar 1919 konnte die "Weimarer Koalition" aus SPD, Zentrum und DDP ihre Arbeit aufnehmen. Unter dem militärischen Druck der Entente-Mächte stimmte die Nationalversammlung am 23. Juni 1919 dem Versailler Vertrag zu, nachdem vor allem die Kriegsschuldfrage eine Zerreißprobe im Kabinett von Ministerpräsident Scheidemann heraufbeschworen hatte.

Des Weiteren musste eine neue Verfassung ausgearbeitet werden, die den gewandelten Umständen Rechnung trug. Diese Verfassung hatte Bedenken und Vorbehalte innerhalb der Nationalversammlung zu entkräften, um einen demokratischen Staat zu konstituieren, der womöglich ein Entgegenkommen der Siegermächte hinsichtlich der Friedensbedingungen erwirken konnte und gleichzeitig innenpolitisch in der Lage war, den Rahmen für Aufschwung und gesellschaftliche Veränderungen zu schaffen. Auf der Basis eines Entwurfs von Hugo Preuß verabschiedete die Nationalversammlung nach hitzigen Debatten am 31. Juli 1919 die Verfassung der Weimarer Republik, die am 14. August in Kraft trat.

Ab dem 30. September fanden die Sitzungen der Nationalversammlung nicht mehr im thüringischen Weimar statt, sondern in Berlin, der Hauptstadt des Deutschen Reichs – nach den Reichstagswahlen vom 6. Juni 1920 trat der Reichstag an die Stelle der Nationalversammlung. Im März 1933 eröffneten die Nationalsozialisten den Reichstag mit dem Tag von Potsdam – diese Inszenierung war auch als antidemokratische Antwort auf die 1919 in Weimar tagende Nationalversammlung zu verstehen.

Gerhard Altmann, Oliver Schweinoch
2. August 2018

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