> Werner Mork: In der HJ-Nachrichtenschar

Werner Mork: In der HJ-Nachrichtenschar

Dieser Eintrag stammt von Werner Mork (*1921 ) aus Kronach , Juli 2004 :

Ich hatte zwar Freude an dem neuen Geschehen im Jungvolk, aber irgendwie war es nicht mein reines Vergnügen, mich mit den "Kleinen" abgeben zu müssen, ich Gernegroß fühlte mich diesen "Kindern" gegenüber als sehr überlegen. Da kam mir sehr gelegen, dass es eine von der HJ im ehemaligen Heim der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) konfiszierte Hinterlassenschaft gab, das waren Anleitungen und Materialien zum Basteln von Radios einfachster Art, den Detektorempfängern. Eine Hinterlassenschaft die aus den Beständen des "Arbeiter-Radio-Clubs" stammte, dessen Mitglieder, gemeinsam mit der SAJ "damals" Bastelstunden abgehalten hatten, an denen auch ich vor 1933 schon teilgenommen hatte.

Bei den Heim-Nachmittagen im Jungvolk hatten sich unterschiedliche Interessengruppen herausgebildet, und eine davon war die Gruppe der Radio-Bastler, die aber nur aus drei Jungens bestand. Uns kam diese Hinterlassenschaft gerade recht, damit konnten wir uns nun der Bastelei mit Leidenschaft hingeben. Die Bastelei im Heim übertrug ich auch in die elterliche Wohnung, wo es dann eine richtige Beschäftigung für mich wurde, die aber auch mit etlichem "Kleingeld" an Kosten verbunden war. Da gab es viele notwendige Dinge die zum Basteln erforderlich waren, die privat angeschafft werden mussten. Das waren die Telefon-Buchsen, die Bananenstecker, die Spulen, der Kristall-Detektor und natürlich die Kopfhörer. Aber auch für die Antennenanlage war so einiges an Kleingeld notwendig, das nun vom Taschengeld abgespart wurde, aber nicht ausreichte um alles zu kaufen und so musste die liebe Mutter "umgarnt" werden, um von ihr das zusätzliche Kleingeld zu bekommen. Auch für mehr Werkzeug, wie einen Lötkolben mit Lötzinn und Kolophonium, um damit stabile Verdrahtungen herzustellen, sowie vieles anderes mehr, auch Spulendraht zum Wickeln von Spulen. Meine Mutter zeigte viel Verständnis für diese Leidenschaft und von ihr kam so manche Mark, die ich dann in einen kleinen Elektroladen in der Lindenstraße trug, zu Johann Baar, dem Inhaber dieses, noch sehr kleinen Geschäftes. Da wurde ich Bengel dann ein richtiger Stammkunde, der außerdem auch noch viele Fragen stellte, die von Johann Baar immer gerne beantwortet wurden. Viele Jahre später, nach dem Krieg, als ich mit Johann Baar geschäftliche Kontakte hatte, haben wir uns gerne an diese Zeit erinnert. Aus dem einstmals kleinen Laden ist dann ein sehr großes Fachgeschäft geworden, das noch heute in der Lindenstraße seinen Sitz hat, einige Häuser nur entfernt von dem ersten Sitz der Firma. Ich wurde ein begeisterter Radio-Bastler und das war die Grundlage dafür, dass ich in der Radio-Branche dann meinen Beruf fand, der mich mein Leben lang ausgefüllt hat. Mit 12 Jahren wurde der "Grundstock" dafür gelegt.

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