Das Reichstagsgebäude

Der steigende Raumbedarf, der sich bereits seit der Einführung der Diäten für die Abgeordneten im Dezember 1906 bemerkbar gemacht hatte, wuchs nach 1918, als der Reichstag mit der Einführung der parlamentarischen Demokratie die Rolle der Vertretung des souveränen Volkes übernahm, noch einmal erheblich. Zwei Wettbewerbe für einen Erweiterungsbau, die 1927 und 1929 ausgeschrieben wurden, führten zwar zu konkreten Ergebnissen; aber keiner der prämierten Entwürfe wurde realisiert.

Am 27. Feburar 1933 ging der Plenarsaal des Gebäudes in Flammen auf. Noch am gleichen Abend wurde der junge Holländer Marinus van der Lubbe verhaftet und zusammen mit vier kommunistischen Politikern vor dem Reichsgericht in Leipzig der politisch motivierten Brandstiftung angeklagt. Im Dezember 1933 wurden alle Angeklagten außer van der Lubbe, der zum Tode verurteilt wurde, freigesprochen. Die These, die Nationalsozialisten hätten das Gebäude selbst in Brand gesteckt, ist immer noch heftig umstritten, besitzt aber ein hohes Maß an Plausibilität.

Seit dem Brand wurde die Kroll-Oper an der Westseite des Königsplatzes als provisorisches Reichstagsgebäude genutzt. Hier beschloß das Parlament in seiner Sitzung am 23. März 1933 mit den Stimmen aller Parteien, ausgenommen denen der Sozialdemokraten, das sogenannte "Ermächtigungsgesetz", mit dem der Regierung diktatorische Vollmachten eingeräumt wurden, die einer Entmachtung des Parlaments gleichkamen. Das Reichstagsgebäude, das von den Nationalsozialisten notdürftig instandgesetzt und für Propagandaausstellungen genutzt wurde, kam im "Kampf um Berlin" unter schweren Beschuß der sowjetischen Artillerie und brannte vollständig aus. Schon kurz nach Kriegsende begann die Diskussion um die Frage Abbruch oder Wiederaufbau. Die Sprengung des Schlosses dürfte erheblich dazu beigetragen haben, daß sich schließlich die

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