19891990


1990

Norbert Wagenbrett

Sieben Bilder zur Geschichte der Sowjetunion

Auftraggeber: Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft

 

Der Leipziger Maler Norbert Wagenbrett erhielt im Frühjahr von der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische-Freundschaft (DSF) den Auftrag, einen siebenteiligen Zyklus zum Thema "Der Revolutionär als Zeitgenosse" zu malen. 1990 übergab er dem Auftraggeber seine Bilder unter dem Titel: "Sieben Bilder zur Geschichte der Sowjetunion". Die Wandlungen bei der Behandlung der Bildthematik spiegeln die dramatischen Veränderungen im Zeitraum von der Erteilung des Auftrages im Frühjahr 1988 bis zu seiner Fertigstellung im Frühjahr 1990 wider. Wagenbretts Beschäftigung mit diesem Thema fand in einer Zeit statt, in der für die Intellektuellen der DDR die Geschichte der Sowjetunion schlechthin das "Thema Nr. 1" darstellte. Mit dem Film "Die Reue" von Abuladse hatte im Frühjahr 1987 in der Sowjetunion die im Jahr zuvor verkündete "Glasnost" begonnen, Wirklichkeit zu werden. Stück für Stück wurden nun von sowjetischen Künstlern, Historikern und anderen die Verbrechen des Stalinismus und deren Opfer an die Öffentlichkeit gebracht - ein Prozeß, der in der DDR aufmerksam verfolgt wurde.

 

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Da die SED-Führung alle Auseinandersetzungen um die innenpolitische Situation in der DDR rigide unterbunden hatte, war die sowjetischen Geschichte zu einem Ersatzfeld für den innergesellschaftlichen Diskurs geworden; an ihr ließen sich Fragen der Gegenwart - ohne deren Nennung - abhandeln. Unter diesen Bedingung war auch für den Auftraggeber die Entscheidung für das Thema "Geschichte der Sowjetunion" nicht unproblematisch.

Die Bilder sind in ihrer Aussage weitgehend unverschlüsselt. Das dritte Bild z.B. ist eine Art "sozialistische Ikone". Der Herrscher - Stalin - ist umgeben von seinen Politbüro und ehemaligen Kampfgenossen, von denen freilich bei einigen nur noch die Schatten erkennbar sind. Darüber ein Bau im "Zuckerbäckerstil", die orthodoxe Kathedrale ersetzend, dazu das unvermeidlich Arbeiterehepaar und der Spruch, daß in der UdSSR alle Macht vom Volk ausgehe. Doch die Fassade ist brüchig geworden. An ihren oberen Rändern vermag sie schon nicht mehr die Leichenberge zu verdecken, auf denen diese Gesellschaft errichtet wurde.

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1989

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