Der Staat der Funktionäre  
     
 

Gemäß ihrer ersten Verfassung hätte die DDR eigentlich eine parlamentarische Demokratie sein müssen: mit einem frei gewählten Parlament als Legislative und einer rechenschaftspflichtigen Regierung als Exekutive. Auch eine unabhängige dritte Gewalt, die Justiz, war verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Die Wirklichkeit widersprach diesen Vorgaben eklatant. In der DDR herrschte eine Diktatur. Die Gremien der SED trafen alle wichtigen Entscheidungen, Regierung und Behörden hatten sie nur noch auszuführen. Zur Machtausübung bediente sich die SED-Führung zweier Bürokratien: Zum einen des Partei- und Staatsapparats, mit dem sie alle gesellschaftlichen Bereiche durchdrang.

Herrschaft wurde als Kontrolle der Gesellschaft und jedes einzelnen verstanden und praktiziert. Propaganda sollte die Bevölkerung indoktrinieren, zugleich aber auch im Interesse einer Systemstabilisierung aktivieren. Zum anderen bediente sich die SED-Führung des Sicherheitsapparats, zu dem die Ministerien für Staatssicherheit, Inneres, Nationale Verteidigung und Justiz gehörten. Er hatte auf Weisung allen - auch potentiellen - Widerstand aufzuspüren und zu bekämpfen.
 
 
  A State Made up of Functionaries  
     
 

According to its first constitution, the German Democratic Republic was in fact a parliamentary democracy, with a freely elected parliament as its legislative body and an accountable government as its executive body. An independent third power, the judiciary, was also provided for by constitutional law. However, such claims were massively contradicted by reality. The German Democratic Republic was a dictatorship. The committees of the Socialist Unity Party made all the important decisions, and the government and the authorities merely implemented them. The Socialist Unity Party exercised its power by means of two bureaucracies: one the one hand,

it used the party and state apparatus to permeate all areas of society. Rule was understood and practiced as the control of society and of every individual. Propaganda was not only employed to indoctrinate the population but also to activate it in the interests of stabilizing the system. On the other hand, the leadership of the Socialist Unity Party made use of the security apparatus, which included the Ministry of State Security, the Ministry of the Interior, the Ministry of Defense and the Ministry of Justice. The security apparatus had orders to track down and suppress all resistance - both real and potential.
 
 
  Die Partei das werden wir !  
     
 
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"Die Partei das werden wir!"
"The Party - that will be us! "

Plakat zum IX. Parteitag der SED
Lemke (Entwurf)
DDR 1976
Bonn, Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland
 
 
  Modell 1. Mai  
     
 
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Modell 1. Mai
May 1 model

Inszenierungsmodell für die geplante 1. Mai-Feier der DDR im Jahre 1990
DEWAG
Ost-Berlin 1989
Berlin, Deutsches Historisches Museum
 
 
  Kundgebungen und Aufmärsche - Rallies and Parades  
     
 
Allein mit Zwang konnte sich auch ein sozialistischer Staat wie die DDR nicht auf längere Zeit halten. Daher versuchte die Partei- und Staatsführung, durch große öffentliche Manifestationen an Ansehen zu gewinnen - sei es mit dem Tag der Republik am 7. Oktober, sei es mit dem Kampf- und Feiertag der Werktätigen am 1. Mai sowie deren Präsentation als wichtigste Staatsfeiertage. In den großen Marschzügen, aus denen heraus die Bevölkerung der Staatsführung ihre Huldigungen zu entbieten hatte, zeigten sich die Züge des Systems besonders unverhohlen. Die Ironie der Geschichte wollte es, daß die "friedliche Revolution" 1989 ihren Ausgangspunkt ausgerechnet in den Feiern zum 40. Jahrestag der DDR in Ost-Berlin, Leipzig und Plauen nahm.
 
 
  Tanzbild Junge Garde  
     
 
Zum 60. Jahrestag der russischen Oktoberrevolution fand im Berliner "Stadion der Weltjugend" am 19. Oktober 1977 unter Beteiligung von 60 000 Jugendlichen eine propagandistische Großveranstaltung statt. Klicken Sie hier um das Bild zu vergrößern.

Tanzbild Junge Garde
Young Guard scene

Aus dem Tanz "Panzerkreuzer Potemkin"
Foto: Hans Rother
Ost-Berlin 1977
Berlin, Deutsches Historisches Museum