Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Geschichtswissenschaften
Neueste Geschichte
Dr. des. Kiran Klaus Patel in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum (DHM, Brigitte Vogel und Stefan Bresky, Museumspädagogik)
Wintersemester 2001/2, Mi 14-16 Uhr, Raum 3015

 

Die Vernichtung der europäischen Juden
als Thema der Geschichtswissenschaft und einer Ausstellung des DHM

 

"Erinnern für Gegenwart und Zukunft"
Die CD-ROM der von Steven Spielberg gegründeten Stiftung
"Survivors of the Shoah Visual History GmbH


1. Allgemeine Fakten zur CD- Rom

Die CD- Rom "Erinnern für Gegenwart und Zukunft - Überlebende des Holocaust berichten" wurde im Auftrag der 1994 von Steven Spielberg gegründeten Survivors of the Visual History GmbH speziell für den Unterricht an deutschen Schulen entwickelt. Sie wurde von der Pixelpark AG konzipiert und umgesetzt. Unterstützt wurde sie von der Initiative "Partners in Tolerance", eine vom Axel Springer Verlag, der Bertelsmann AG, den Verlagen Cornelsen und Hubert Burda Media getragenen Initiative.
Das gesamte Projekt steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Johannes Rau. Die CD-Rom erhielt am 15. Juni 2001 das Comenius Gütesiegel 2001, den Bildungsmedienpreis für die Entwicklung hervorragender didaktischer Multimedia-Software.


2. Vorhaben der Produzenten

Möglichst viele Überlebende des Holocaust berichten über ihre persönlichen Erfahrungen während des Nationalsozialismus. So werden Millionen von Schicksale dem Vergessen entrissen. Auf diese Weise soll die Geschichte der Shoah konkret werden und ein Gesicht erhalten. Die CD-Rom richtet sich in erster Linie an Jugendliche, die über die biografischen Aussagen Bezüge zu ihrer eigenen Realität herstellen und ihre Gegenwart kritisch reflektieren können. Durch den interaktiven, biografischen Zugang zu der Zeit des Nationalsozialismus soll die Botschaft von Toleranz, gegenseitigem Respekt und Wachsamkeit gegenüber Angriffen auf die Menschenwürde vermittelt werden. Diese Botschaft ist den Produzenten zufolge ein zentrales Motiv der Überlebenden, die ihre schmerzhafte Erinnerung mit den später Geborenen teilen wollen. Somit stellt diese Arbeit ein generationsübergreifendes Projekt dar, das aufzeigt, zu welchen Konsequenzen Intoleranz, Antisemitismus und Rassismus führen können. Es liefert Anregungen, sich mit der deutschen Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen. So werden die Rezipienten in die Lage versetzt, dem Rechtsradikalismus entgegenzuwirken.
Die Produzenten sehen in dieser CD-Rom nicht allein einen Beitrag zur historischen Forschung über den Holocaust, es geht ihnen darüber hinaus um die Vermittlung des Themas in der Gegenwart. Sie zielen damit auf den erzieherischen Aspekt ihrer Arbeit ab.


3. Kurze Beschreibung des Aufbaus der CD- Rom

Die CD- Rom beginnt mit den Interviews von Irmgard Konrad und Hans Frankenthal, zwei jüdischen Überlebenden des Holocaust. Die Interviews werden durch eine Sprecherstimme moderiert. Über Links ist das Abrufen der jeweiligen Biografie möglich und es kann innerhalb des Interviews navigiert werden.
Über eine Menüleiste am oberen Rand des Fensters ist der Zugang zu dem Bereich "Dimensionen" möglich. Hier sind neun thematische Zugriffe auf die Zeit des Nationalsozialismus vereinigt, die wahlweise aufgerufen werden können. Die einzelnen Bereiche werden mit kurzen Texten eingeführt und beinhalten weitere Interviews von Überlebenden mit Links zu ihren Biografien.
Das auch über die Menüleiste abrufbare "Glossar" umfasst Stichworte, Begriffserläuterungen und Kurzbiografien. Es ist über Links, farbig markierte Wörter, mit allen Texten vernetzt und kann dort aufgerufen werden. Das Glossar führt ausserdem zu einer Liste mit ausgewählter Literatur.
Über den Menüpunkt "Netzforum" ist bei einer bestehenden Internetverbindung der Zugriff auf die Internetseite www.erinnern-online.de möglich.
Im unteren Teil des Fensters befindet sich die so genannte Zeit- bzw. Stichwortzeile. Die Zeitleiste unterteilt sich in die Kategorien Politik und Gesellschaft, die wahlweise aufgerufen werden können. Mit dem Bewegen des Cursors im Bereich der Leiste erscheint die Zeit, in der sich der Nutzer gerade befindet. Beginn ist das Jahr 1914. Die Stichwortzeile zeigt, jeweils nach Position des Cursors, Stichworte aus den Interviews oder den Zeitleisten. Werden die Stichworte aufgerufen, erfolgt eine ausführliche Erläuterung mit Texten, Abbildungen, Karten, Filmsequenzen und Redeausschnitten.


4. Beurteilung des Aufbaus

In allen Bereichen der CD-Rom ist ein gutes Navigieren möglich. Die Hinweise für eine individuelle Beschäftigung mit den Informationsangeboten sind klar und eindeutig. Über die Menüleiste sind alle Funktionen übersichtlich dargestellt und abrufbar. Besonders hilfreich ist die übergeordnete Vernetzung jedes Textes mit dem Glossar, wodurch eine weiterführende, individuelle Information möglich ist. Die während des Interviews jederzeit abrufbaren Zeitleisten, die historische und gesellschaftliche Bezüge zu dem Gesagten bzw. Geschriebenen herstellen, bieten dem Benutzer eine sinnvolle Ergänzung zu den Texten und Interviews. Sie vermitteln ihm das Gefühl von eigenständiger Informationsbeschaffung. Allerdings wird erst dem geübten Anwender klar, dass die gerade ablaufende Funktion zeitgleich mit der Stichwortzeile im Zusammenhang steht. Die Aufteilung der Zeitleiste in "Zeitleiste Politik" und "Zeitleiste Gesellschaft" ist nicht ganz eindeutig und nicht sofort ersichtlich. Die Kombination aus Interview und Text, bei gleichzeitiger Benutzung der Zeitleiste, erfordert ein Höchstmass an Konzentration, wenn man die Fülle von Informationen bedenkt. Sicherlich ist ein im Umgang mit den neuen Medien ungeübter Benutzer zunächst verwirrt. Doch auch ein geübter Nutzer wird in der Informationsverarbeitung vor Probleme gestellt.
Insgesamt ist der Aufbau jedoch nachvollziehbar und verständlich. Aus jeder angewählten Funktion führt ein Weg zu weiteren Wahlmöglichkeiten. Es entstehen keine "Sackgassen".

5. Kritische Gesamtbeurteilung

Nach intensiver Beschäftigung mit der CD-Rom stellt sich fast zwangsläufig die Frage, was Erinnerung überhaupt ist. Von den Produzenten wird das "Erinnern", besonders die Möglichkeit sich erinnern zu können, als zentrales Moment ihrer Motivation zur Veröffentlichung der Interviews postuliert. Im Grunde ist dies richtig, denn ohne Archivierung und Katalogisierung von Zeitzeugenberichten wird es den kommenden Generationen wesentlich schwerer fallen, sich mit dem Nationalsozialismus zu beschäftigen. Insofern ist dem Projekt grundsätzlich zu danken.
Allerdings setzt die Fülle der Fakten, Informationen, Bilder und Berichte den Anwender in dem Glauben, ein universelles Potential zur Erschliessung des Nationalsozialismus ständig griffbereit zu haben. Die individuelle Bedienung in diesem unendlichen Informationsdepot schafft eine höchst subjektive Einschätzung der erinnerten Abläufe und Ereignisse. Nach dem Gebrauch der CD-Rom scheint ein kollektiver Abgleich von geschichtlichen Zusammenhängen kaum mehr möglich, da sich jeder einzelne seinen Weg der Erschliessung gebahnt hat. Das Medium selbst liefert hierzu Hilfe: Durch die komplette Verfügbarkeit von nahezu allen Informationen, so die Suggestion, wird die Interpretation jedem Einzelnen überlassen, ein vermittelndes Korrektiv fällt gänzlich weg.
Wenn die neuen Medien der kommenden Geschichtsvermittlung neue methodische Wege ebnen wollen, bieten sie durch ihre unendliche Speicherkapazität eine gute Grundlage. Es sollte jedoch eine gesunde Unterscheidung zwischen brauchbaren und unbrauchbaren Informationen stattfinden. Dies geschieht in erster Linie durch Interpretation der Ereignisse, nicht durch ihre pure Bereitstellung. Daran sollte bei der Konzeption von CD-Roms gedacht werden, um die guten technischen Voraussetzungen der neuen Medien sinnvoll ausschöpfen zu können.


6. Systemvoraussetzungen

Grundsätzlich kann die CD-Rom auf IBM-kompatiblen PCs und Macintoshsystemen verwendet werden. Bei IBM-kompatiblen PCs sollten Sie mindestens mit einer Windows 95-Version, bzw. Windows NT 4.0 ausgerüstet sein. Empfohlen wird eine Prozessorleistung von mindestens 200 MHz. Sie benötigen eine Grafik-Card (800x600, 16 Bit Farbtiefe) und eine Sound-Card (8Bit, Soundblaster kompatibel). Der Arbeitsspeicher liegt bei 64 MB. Erforderlich ist die Installation von Quicktime 4.1, das aber mitgeliefert wird.
Wenn Sie mit einem Macintosh-PC arbeiten, sollte er mit Mac OS 8.1, besser noch mit Mac OS 8.6 ausgerüstet sein. Ab einer Prozessorleistung von PPC 120 MHz (empfohlen G3 Prozessor) können Sie problemlos starten. Auch hier benötigen Sie eine Sound- (8 Bit) und eine Grafik-Card (800x600, 16 Bit Farbtiefe). Der Arbeitsspeicher liegt bei 64 MB.

 


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