Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Geschichtswissenschaften
Neueste Geschichte
Dr. des. Kiran Klaus Patel in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Museum (DHM, Brigitte Vogel und Stefan Bresky, Museumspädagogik)
Wintersemester 2001/2, Mi 14-16 Uhr, Raum 3015

 

Die Vernichtung der europäischen Juden
als Thema der Geschichtswissenschaft und einer Ausstellung des DHM

 

 

Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten
- Der Umgang mit dem authentischen Ort


In unmittelbarer Nachbarschaft des ehemaligen mecklenburgischen Luftkurortes Fürstenberg ließ die SS ab November 1938 das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück errichten. Das Dorf Ravensbrück erfüllte durch seine Abgeschiedenheit und die dennoch gute Verkehrsanbindung wichtige Standortvoraussetzungen für einen solchen Zweck. Innerhalb des Systems der nationalsozialistischen Konzentrationslager war Ravensbrück das größte Frauen-KZ auf deutschem Boden.
Im Frühjahr 1939 wurden die ersten rund 1000 weiblichen Häftlinge aus dem KZ Lichtenburg nach Ravensbrück verlegt. In den Folgejahren erweiterte die SS das Konzentrationslager um einen Häftlingsbereich für Männer, zahlreiche Produktionsstätten (u.a. Siemens & Halske) sowie um ein Netz von Außen- und Nebenlagern, in denen vor allem Zwangsarbeit verrichtet wurde. Ab 1942 entstand unweit des Stammlagers das Jugendschutzlager Uckermark. Dieses Lager war vor allem zur Inhaftierung von Mädchen und jungen Frauen bestimmt. Es stellt eine eigene Kategorie des Lagersystems im Nationalsozialismus dar.
Zwischen 1939 und 1945 sind über 100.000 Frauen und Kinder, ungefähr 20.000 Männer und 1.200 weibliche Jugendliche in den Lagern Ravensbrück und Uckermark als Häftlinge registriert worden. Zehntausende wurden ermordet, starben an Hunger, Krankheiten und durch medizinische Experimente.

Nach der Befreiung des Lagers am 30. April 1945 durch die Rote Armee ist der Großteil des Geländes bis 1994 als Militärstützpunkt genutzt worden. Auf dem angrenzenden Gebiet wurde am 12. September 1959 die Nationale Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück eingeweiht. Im Gegensatz zu den zwei anderen nationalen Gedenkstätten der DDR (Buchenwald und Sachsenhausen) bildete hier der antifaschistische Widerstand nicht den alleinigen Mittelpunkt der Konzeption. Die Gedenkstätte Ravensbrück fiel insbesondere durch eine ausgeprägte Opfersemantik auf, die sich deutlich in den Skulpturen Will Lammerts widerspiegelt.
Seit 1993 gehört die Mahn- und Gedenkstätte zu der neugegründeten Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten - eine grundlegende Zäsur in ihrer Tradition. Im Zuge der begonnenen Erweiterung, Sanierung und Neugestaltung gilt es, die historische Bausubstanz zu erforschen und denkmalgerecht zu sichern. Seit 1995 wird das ehemalige Lagergelände schrittweise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Am authentischen Ort des einstigen Frauen-Konzentrationslagers verbinden sich heute Erinnerungs-, Forschungs- und historisch-politische Bildungsarbeit. Für den Besucher besteht neben der Besichtigung des ehemaligen Lagergeländes die Möglichkeit, sich in den Hauptausstellungen sowie durch Einführungsfilme selbst zu informieren. Ergänzt wird dieses Angebot durch zeitlich begrenzte Sonderausstellungen. Die neukonzipierte Mahn- und Gedenkstätte versucht somit, sowohl als Gedenk- als auch als Lehr- und Lernort zu vermitteln.

Im Mittelpunkt eines betreuten Gedenkstättenbesuches steht die Beschäftigung mit dem konkreten historischen Ort. Die pädagogische Arbeit der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück richtet sich insbesondere an Schulen und andere Bildungseinrichtungen. Gruppen sowie Einzelpersonen können nach telefonischer oder schriftlicher Anmeldung an einer Führung (mit Gespräch) teilnehmen. Für eine aktive Auseinandersetzung mit speziellen Themen zur Geschichte des Frauen-Konzentrationslagers werden Studientage und Projektwochen angeboten. Die Erarbeitung der gewählten Schwerpunkte erfolgt selbständig und meist in Kleingruppen. Im Sommer werden in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen in der Regel mehrere internationale Jugend-Workcamps durchgeführt. Ein zentraler Bestandteil dieser Camps ist die Verbindung von theoretischer und praktischer Arbeit in den Sammlungen und auf dem Gelände.
Angesichts der bevorstehenden Eröffnung und Einweihung der Jugendherberge Ravensbrück - Internationale Jugendbegegnungsstätte am 10. April 2002 ist eine Neukonzeption des pädagogischen Seminarbetriebs notwendig. Hauptsächlich gilt es, die Arbeitsmöglichkeiten mit verschiedenen Medien zu verbessern, das Themenspektrum zu erweitern sowie das angrenzende ehemalige Jugendschutzlager Uckermark in größerem Umfang in die Projektarbeiten einzuflechten. Durch das neugeschaffene Angebot mehrtägiger Aufenthalte wird eine intensivere Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus gefördert. Die Jugendbegegnungsstätte wird daher ebenso ein Seminar- und ein Museumsgebäude umfassen. Sämtliche Häuser des Herbergskomplexes gehören zum sanierten Bereich der ehemaligen SS-Wohnsiedlung, in dem die Aufseherinnen untergebracht waren.

Zu den aktuellen Aufgaben der Gedenkstätte zählen außerdem die weitere Erschließung und Digitalisierung der Sammlungen, die Fortführung der Zeitzeugeninterviews und die Erarbeitung neuer Ausstellungen. Die bisher stark vernachlässigte museale Darstellung einer Opfer-Täter-Problematik ist geplant. Wie an keinem anderen Ort bietet die Authentizität der erhaltenen SS-Wohnsiedlung die Chance, die Täterperspektive adäquat museal aufzuarbeiten. Noch für das Jahr 2002 ist die Eröffnung einer Ausstellung zum Thema der Aufseherinnen im einstigen Frauen-Konzentrationslager vorgesehen.

· Stefan Hördler


Informationen
Adresse:
Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück
Straße der Nationen
16798 Fürstenberg/ Havel
Tel.: [033093] 6080
[033093] 60815
Fax: [033093] 60829
e-mail: mgr@brandenburg.de

Öffnungszeiten:

Ausstellungen:
Dienstag bis Sonntag
09.00 bis 17.00 Uhr
(Letzter Einlaß: 16.30 Uhr)
Montag geschlossen
Sammlungen:
Dienstag bis Donnerstag
09.00 bis 16.30
(Voranmeldung!)

EINTRITT FREI!

Weitere Informationen zu Terminen und Veranstaltungen sowie zu Partnern der MGR unter www.ravensbrueck.de
Für Reisende mit dem Zug ist zu beachten, daß die Mahn- und Gedenkstätte ungefähr drei Kilometer vom Bahnhof entfernt liegt.


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