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Der Kalte Krieg
und die DDR

(von Hermann Weber)

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Die DDR im Kalten Krieg 1949-53
Sowjetische Karikatur offenbart "Kulturbarbarei" im Westen     

Diese Wechselwirkungen zeigten sich in den Jahren 1952/53, in denen die Verfolgungsmaßnahmen in der DDR besonders schlimm waren. Die 2. Parteikonferenz der SED im Juli 1952 hatte den "Aufbau des Sozialismus" beschlossen und zur "grundlegenden Aufgabe in der DDR" erklärt. Die damit umschriebene beschleunigte Übertragung des sowjetischen Modells war mit verstärktem Personenkult um Stalin verbunden, z. B. erklärte Ulbricht auf der 2. Parteikonferenz: ""Wir werden siegen, weil uns der große Stalin führt." Solche Töne waren allgemein üblich, u.a. verkündeten die Losungen des ZK der SED zum 34. (!) Jahrestag der bolschewistischen Oktoberrevolution 1951: "Lang lebe Genosse Stalin, der Führer und weise Lehrer der Werktätigen aller Länder! Lang lebe der große Stalin, der Bannerträger des Friedens in der ganzen Welt, der beste Freund des deutschen Volkes!"

  

Einschneidender als der Personenkult waren die damaligen Repressalien. Entsprechend den ideologischen Vorgaben Stalins richteten sie sich gegen ganze Bevölkerungsgruppen in der DDR, so wurden Großbürgertum, Kleinbürgertum oder Großhauern als "Feinde" verfolgt. Bekämpft wurde auch die Kirche, 1952/53 vor allem die evangelische "Junge Gemeinde". Politische Säuberungen trafen in erster Linie die bewußten Gegner des Systems. Für die Entwicklung der SBZ/ DDR war hierbei typisch, daß die Verhaftungen bürgerlicher und vor allem sozialdemokratischer Oppositioneller darauf abzielten, das Regime zu festigen, daß darüber hinaus durch die Verfolgung sowohl aktiver als auch potentieller Gegner mittels eines flächendeckenden Spitzelwesens zugleich Unsicherheit und Angst bei den Bürgern geschürt wurde: Der Terror des Staates sollte Mißtrauen wecken und Furcht erzeugen, die verhinderten, daß sich die Opposition im Lande artikulierte oder gar sammelte. Der Kalte Krieg lieferte einerseits Argumente, um die systemimmanenten Maßnahmen zu begründen, andererseits hat er dazu beigetragen, daß die Repressalien verschärft und der Aufbau des Stalinismus beschleunigt wurden.

 

Zunehmend gerieten auch Funktionäre der kommunistischen Hegemonialpartei und schließlich sogar Parteiführer in die Mühlen der Repressalien. Anfangs solche, die einstmals irgendeiner "abweichenden" Gruppe angehört hatten, dann schon bald "Abweichler" von der gerade gültigen Parteilinie und schließlich mußten auch "Sündenböcke" für Schwächen des Staates und Mängel der Wirtschaft herhalten.

Die Säuberungen innerhalb der SED wurden zwar als unbedingt notwendig interpretiert, um der Gefahr der "Zersetzung" durch den "Gegner" im Kalten Krieg zu begegnen, sie waren indes eine typisch stalinistische Herrschaftsmethode. Schon bei der ersten Partei-"Überprüfung" 1950/51 sind rund 150000 Mitglieder (meist frühere Sozialdemokraten oder "Abweichler") aus der SED ausgeschlossen worden. Eine häufig erhobene Anschuldigung gegen die als "Parteifeinde" entfernten Funktionäre und Mitglieder war, sie seien "Agenten" des Westens. Diese Vokabel aus dem Arsenal des Kalten Krieges bezeichnete nicht etwa nur die politischen Gegner (z.B. Mitarbeiter oder Sympathisanten des Ostbüros der SPD) oder strikte Feinde des Regimes (etwa die "Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit" oder tatsächliche Agenten westlicher Geheimdienste, mit ihr wurden selbst innerparteiliche Kritiker und Opponenten gebrandmarkt.

 

Somit hat der Kalte Krieg der DDR-Führung nicht nur Anlässe geboten für einen Propagandafeldzug gegen den Westen, insbesondere die Bundesrepublik Deutschland, oder für Reaktionen auf deren Propagandaaktionen, sondern er diente auch zur Begründung für die Nachahmung stalinistischer Strukturen und Praktiken bis hin zu den innerparteilichen Säuberungen. Sofort nach den Schauprozessen in Ungarn und in Bulgarien 1949 begann die SED-Spitze einen ähnlichen Prozeß gegen führende Kommunisten vorzubereiten. Nach einem Gespräch mit dem sowjetischen Hochkommissar und Botschafter Semjonow im Dezember 1949, notierte sich Wilhelm Pieck: "Ideologische Schwächen - noch schlimmer, kein Kampf gegen Titoismus ... ob nicht Agenten im Apparat - bei Eisler - Leute von Westmächten." (IfGA, Zentrales Parteiarchiv, NL 36/736, S.117)

Über eine Besprechung mit sowjetischen Vertretern, darunter wiederum Semjonow, am 3. Juli 1950 hatte Pieck u. a. festgehalten, daß "Untersuchungen über parteifeindliche Elemente" behandelt wurden. Dabei sollten sowohl an "Staatssicherheit Zaisser" als auch an "PKK Matern" "Direktiven" ergehen, waren also das Ministerium für Staatssicherheit und die Partei-Kontrollkommission einzuschalten. (IfGA, Zentrales Parteiarchiv, NL 36/736, S.175)

   

Aufhebung des Ausnahmezustandes, 1953Im März und im August 1950 wurden führende Kommunisten verhaftet (Kurt Müller, Leo Bauer, Willy Kreikemeyer, Bruno Goldhammer). Als "Agenten" angeprangert sollten sie für einen Schauprozeß präpariert werden. Nach dem Slansky-Prozeß in der Tschechoslowakei (November 1952) steigerte sich die "Bedrohungs"-Hysterie erheblich. Nun verhaftete das MfS auch Paul Merker, der seit langer Zeit Mitglied des Politbüros war. Die SED diffamierte ihn als angeblichen "Agenten", als "Subjekt der US-Finanzoligarchie" und "Zionist". Im Frühjahr 1953 wurde sogar Franz Dahlem, bis 1952 noch der zweite Mann nach Ulbricht, abgesetzt; man warf ihm Zusammenarbeit mit amerikanischen und französischen Geheimdiensten vor.

Zu den Verfolgungspraktiken gehörte sogar die Verschleppung von aus der DDR geflüchteten Opponenten, die Entführung politischer Gegner von Westberlin in die DDR. Dies ist zu Recht als die "extremste Form des Kalten Krieges der Sowjetunion und der DDR gegen die Bundesrepublik" charakterisiert worden. (So Ernst Nolte in seinem umfassenden Werk: Deutschland und der Kalte Krieg, München 1974, S.394 f.; dort auch entsprechende Beispiele)

  

Auch andere typisch stalinistische Maßnahmen wurden mit dem Hinweis auf die Bedrohung im Kalten Krieg gerechtfertigt. Das galt für den "Kampf gegen den Pazifismus", zu dem Pieck auf der 2. Parteikonferenz der SED 1952 mobilisieren wollte. Hiermit folgte er der Weisung Stalins, der bei einem Gespräch mit SED-Führern im April 1952 entschieden hatte, die "Pazifistische Periode ist vorbei". (IfGA, Zentrales Parteiarchiv, NL 36/696, S.26) Vom Ost-West-Konflikt bestimmt war die - in den ersten Jahren allseits vehement abgelehnte - Wiederaufrüstung in bei den Teilen Deutschlands. Bereits 1948 entstand in der DDR eine Bereitschaftspolizei die bis 1950 auf 50000 Mann ausgebaut wurde. Ministerpräsident Grotewohl behauptete allerdings noch im August 1951 für die DDR: "Wir brauchen keine Armee, wir brauchen keine Wehrmacht ..." ("Neues Deutschland" vom 12.10.1951)

  

Doch nachdem Stalin im April 1952 bei einem Gespräch von den SED-Führern gefordert hatte: "Volksarmee schaffen - ohne Geschrei" (IfGA, Zentrales Parteiarchiv, NL 36/696, S.26), bildete die DDR im Oktober 1952 die "Kasernierte Volkspolizei", eine militärisch aufgebaute Kadertruppe mit sieben Divisionen.

Anfang 1956 wurde dann offiziell die "Nationale Volksarmee" geschaffen.

Die Kulturpolitik war nach 1945 von der Abrechnung mit der Nazi-Vergangenheit geprägt. Im breiten Spektrum der Kunst konnte sich auch die Moderne entfalten. Der 1949 beginnende "Kampf" gegen die angebliche "Kulturbarbarei" der USA, den "Formalismus" oder den "Kosmopolitismus", schien ein Echo des Kalten Krieges zu sein, aber er diente letztlich der Nachahmung des sowjetischen "sozialistischen Realismus" in der Kunst. Gleiches geschah in der Pädagogik oder den Wissenschaften, dort wurde im Jargon des Kalten Krieges "duldsames Verhalten gegen feindliche Umtriebe" kritisiert, tatsächlich sollte die "sozialistische Umgestaltung" nach sowjetischem Vorbild vorangebracht werden.

   

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