|
Ein Interview mit Herrn Franke aus Berlin
Herr Franke war von 1964 bis 1999 Abgeordneter im Abgeordnetenhaus;
vorher (und in diesen Zeitraum fällt auch der Berlinbesuch
Kennedys) war er in der Protokollabteilung tätig. Er
war mit dafür zuständig, die 18 Stunden, die Kennedy
in Berlin verbringen sollte, zu organisieren, u.a. die Strecke,
die dabei abgefahren werden sollte. Zur Vorbereitung darauf
musste er zweimal gegen zwei Uhr nachts einzelne Strecken
abgefahren, um diese "auszutesten".
Als Kennedy in Berlin ankam, war Herr Franke mit im Autokonvoi;
er war mit dem damaligen Polizeipräsidenten Duensing
im Wagen. Dahinter kam der Wagen mit Kennedy, Brandt und Adenauer.
Immer wieder kam Herr Franke dank seiner perfekten Englischkenntnisse
mit Kennedy kurz ins Gespräch. Dieser war sichtlich beeindruckt
und auch überrascht von den jubelnden Menschenmassen
überall in Berlin - Herr Franke schätzt, dass insgesamt
eine Million Menschen auf der Straße waren. Kennedy
fragte ihn, wie es zu dieser Begeisterung kommen könne,
wie man sich das erklären könne. Franke erklärte
es ihm mit der besonderen Popularität, die Kennedy auch
in Deutschland genießen würde. Dieser Erklärung
fügte er hinzu, dass sich die Berliner geehrt fühlten,
den mächtigsten Mann der Welt in ihrer Stadt begrüssen
zu dürfen.
Amüsiert erinnert sich Herr Franke auch daran, dass
er beispielsweise vor Kennedys Ankunft aus Sicherheitsgründen
eine "Fahrstuhlprüfung" im Rathaus Schöneberg
absolvieren musste, um den Präsidenten unbeschadet in
den ersten Stock zu befördern. Natürlich blieb der
Fahrstuhl dann auch prompt für kurze Zeit stecken und
die Panik im Organisationsteam war groß - Kennedy habe
das aber wohl nicht registriert.
Auch bei der berühmten Balkonrede war Herr Franke dabei
und stand neben Kennedy. Filmaufnahmen, die ihn neben dem
Präsidenten zeigen, waren damals in der Wochenschau zu
sehen. Die Rede blieb für Herrn Franke ein unvergessliches
Ereignis. Beinahe wäre jedoch noch einmal eine kleine
Panne passiert, erzählt Herr Franke: eine Mitarbeiterin
der Protokollabteilung, die Willy Brandt ein kleines Gastgeschenk
reichen sollte, damit er es dem Präsidenten übergeben
konnte, wurde nicht vorgelassen. Es gab Sicherheitsbestimmungen,
die vorsahen, dass solche Geschenke zunächst auf einem
Sprengplatz auf Sprengsätze untersucht werden sollten.
Herr Franke sagte, dass er glücklicherweise in die Situation
eingreifen und das Geschenk an sich nehmen konnte, um es an
Brandt weiterzureichen.
Wie die meisten Menschen, kann sich Herr Franke auch noch
gut erinnern, wo er war, als er von der Ermordung Kennedys
hörte: er saß zu diesem Zeitpunkt gerade im amerikanischen
Protokoll beim Kaffee. Wie alle anderen war er geschockt,
konnte sich das ganze nicht erklären. Auch zu diesem
traurigen Anlass wurde ihm die Rolle des Organisators zuteil:
Willy Brandt musste gesucht werden, der irgndwo auf einem
Kongreß war, um eine kurze Gedenkrede zu halten. Die
Berliner Trauerfeier sollte zeitgleich mit den Feierlichkeiten
in den USA, abends, in völliger Dunkelheit stattfinden.
Es war geplant, dass ein Trompeter den Zapfenstreich spielte,
bevor die Freiheitsglocke läutete. Allerdings, so Herr
Franke, funktionierte sie erst nach einer Minute, weil die
Mechanik der elektrisch betriebenen Glocke um eine Minute
verzögert einsetzt. Somit fand also - ungeplant - noch
eine Gedenkminute statt.
|