Mythen der Nationen. 1945 - Arena der Erinnerungen  
   
 


Lettland

Helden – Verführte – Opfer

Aus sowjetischer Sicht war Lettland 1940 freiwillig der Sowjetunion beigetreten. Folgerichtig wurde es nach der Befreiung wieder zur Sowjetrepublik. Für einen großen Teil der Letten stellte sich dies jedoch anders dar: Schon 1940 hatte die sowjetische Besatzung das Land mit einer Schreckensherrschaft überzogen, die nach dem Ende des Krieges von neuem etabliert wurde. Sie hat sich vor allem durch mehrere Wellen von Deportationen für zahlreiche Letten manifestiert. In der lettischen Sowjetrepublik durfte jedoch gerade daran offiziell nicht erinnert werden. So wurden die sowjetische Besatzung und ihre Folgen zu einer Erinnerung des Exils und des Untergrunds. Diese Erinnerung wurde nach 1989/1991 konstituierend für die neue Leiterzählung im unabhängigen Lettland.
Die deutsche Besatzung erwies sich ebenfalls als problematisch für die Leiterzählung. Die Angehörigen der lettischen Legion der Waffen-SS galten in der sowjetischen Erzählung als Verräter, Faschisten und Kriegsverbrecher, die sich durch die Flucht ins westliche Exil ihrer gerechten Bestrafung entzogen hatten. In der lettischen Erzählung waren und sind sie bis heute entweder Helden, Verführte oder Opfer.
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Die Erinnerung an stalinistischen Terror und Deportationen konnte sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit bis zu Stalins Tod nur versteckt äußern. Einzelne Kunstwerke thematisierten die sibirische Verbannung und das an den Letten begangene Unrecht, und auch diese waren meist sehr zurückhaltend. Das Gemälde von Jānis Pauļuks zeigt auf den ersten Blick lediglich ein frierendes altes Paar. Erst der Titel „In der Fremde“ läßt eine Verbindung zwischen Kälte und den Schrecken der Verbannung zu.
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Einen ersten Versuch einer differenzierten Darstellung der lettischen Legion unternahm Rolands Kalniņš 1958. Die Dreharbeiten wurden jedoch von der Zensurbehörde abgebrochen. 1965 konnte der Regisseur die Arbeit an dem Film wiederaufnehmen, doch im folgenden Jahr wurde der fertige Film von der Zensur verboten. 1966 kam er unter dem Titel „Ich erinnere mich an alles, Richard“ für zwei Wochen in die Kinos, bevor er erneut eingezogen wurde. Erst seit 1992 wird er wieder öffentlich vorgeführt. Der Film erzählt in Rückblenden vom sinnlosen Sterben der lettischen Legionäre und der Verachtung durch ihre deutschen Offiziere. Das Plakat, das den Film 1966 angekündigt hatte, zeigt den Kopf des Protagonisten und hinter ihm einen Wald aus Todesrunen, wie sie die Waffen-SS auf den Gräbern ihrer Kameraden aufstellten.



   
 
   
 
   
   
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