Mythen der Nationen. 1945 - Arena der Erinnerungen  
   
 


Litauen

Partisanen – Banditen

Die offizielle Geschichtserzählung in der litauischen Sowjetrepublik war die des freiwilligen Beitritts zur Sowjetunion. Nach der Okkupation durch die Deutschen wurde Litauen wieder „befreit“. Der litauische Widerstand gegen die erneute Einverleibung durch die Sowjetunion 1944 wurde zum Verrat, die antisowjetischen Partisanen zu Banditen erklärt. Eine davon abweichende Erzählung war nur im Exil möglich. Deren Themen, vor allem das durch die Sowjetunion verursachte Leid der Litauer, kehrten in der Perestrojka langsam nach Litauen zurück und prägen seit 1991 die Leiterzählung des unabhängigen Staates.
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In der Nachkriegszeit sollte einer Verklärung des antisowjetischen Widerstands vorgebeugt werden, indem man die Kämpfer mit Kriegsverbrechern gleichsetzte und als Banditen- und Mörderbanden bezeichnete. Mehrere Spielfilme griffen dieses Thema auf. Den größten Erfolg erzielte der 1965 produzierte Film „Niemand wollte sterben“. Schon der Titel des Films macht keinen Unterschied zwischen den Parteien. Der Film erzählt die Geschichte einer Rache. Nachdem der Kolchosvorsitzende von sogenannten Banditen erschossen worden ist, werden seine Söhne gerufen, um diesen Mord zu sühnen. Obwohl auch in diesem Film die Rollen zwischen den Guten – den Söhnen – und den Bösen – den Banditen – recht eindeutig verteilt waren, erhielten die Bösen ein menschliches Antlitz. In den Dialogen konnten die Zuschauer die inneren Konflikte und Motivationen auch der Banditen erkennen – wohl mehr, als die sowjetische Zensur vermutet hatte. Das Plakat zeigt einen der Söhne, der im Kampf gegen die Banditen sterben wird. Im Hintergrund zieht sich ein Riß über das Plakat, der metaphorisch auch als Riß durch die Gesellschaft gedeutet werden kann.
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Spätestens von 1989 an wurden die sowjetischen Verbrechen am litauischen Volk öffentlich thematisiert. Die Aufführung des Dramas „Das Erwachen“ nach dem gleichnamigen Werk des Exilschriftstellers Antanas Škėma schockierte die Gesellschaft wegen grausamer Szenen aus den Verhörkellern des NKVD. Auch die Darstellung des sowjetischen Terrors während der ersten Okkupation 1940/41 war beklemmend. Wenig später legte der Regisseur Jonas Vaitkus noch eine Filmfassung des Stoffes vor. Das Filmplakat zeigt das Sowjetsystem als Drachen, wie auf einer porösen Leinwand gemalt. Der Drache löst sich zwar an den Rändern auf, aber er ist immer noch da.

   
 
   
 
   
   
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