Walther Rathenau war ein Mann vieler Widersprüche. Er, der die Regierungsform Kaiser Wilhelms II. mit einer gelungenen Formulierung als »elektrisch-journalistischen Caesaropapismus« bezeichnete, war durchaus in der Lage, internationale Wirtschaftstransaktionen in die Wege zu leiten und trotzdem gleichzeitig den preußischen Adel als Repräsentanten einer vorindustriellen Lebensform zu bewundern, und zwar in einer pseudowissenschaftlichen Rassentheorie, in der die Rede von einer »blonden, germanischen Mutrasse« ist. Solche Widersprüche im Leben und Werk Walther Rathenaus, denen die Ausstellung nachgehen wird, hat Robert Musil in seinem Roman »Der Mann ohne Eigenschaften« in der Figur des Dr. Paul Arnheim, der »Kohlenpreis und Seele« miteinander verbinden will, bis zur Karikatur gesteigert. Carl Fürstenberg, der Bankier, mit dem Walther Rathenau jahrelang zusammenarbeitete, hat, weniger genau, aber lapidar, vom »Jesus im Frack« gesprochen. Vorworte sollen Ausstellungen nicht nacherzählen, sondern höchstens neugierig auf sie machen. Und sie sind der Ort, wo ein kleiner Teil des Dankes ausgesprochen werden kann, den das Museum vielen Helfern schuldet. Große Dankbarkeit empfindet das Deutsche Historische Museum gegenüber dem Leo Baeck Institute New York, das dem Rathenau-Projekt nachdrückliche Hilfe gewidmet hat. Mein besonderer Dank gilt den Wissenschaftlern im In- und Ausland, die ihre Forschungen mit unserer Ausstellung verbunden haben, und allen Leihgebern. Daß in der Ausstellung ein Bild von Leben und Werk Rathenaus entsteht, ist ganz wesentlich der Kunst Hans Dieter Schaals zu verdanken, dem Architekten und Bühnenkünstler, dessen wichtige Publikation nicht zufällig Denkgebäude heißt. Hans Wilderotter hat das Ausstellungsteam mit Leidenschaft geleitet. Ihm und seinen Mitwirkenden gilt mein herzlicher Dank. Nun hat das Publikum das Wort. Wir hoffen auf ein Echo, das der Bedeutung Rathenaus in unserer Geschichte entspricht.

Zum lesen folgender Katalogessays, klicken Sie bitte hier: