Victoria war 1837 tatsächlich auf den Thron gelangt, 18 Jahre alt. Sie genoß ihre Würde und die neue Freiheit und hatte plötzlich gar keine Lust mehr zu heiraten. Doch nach den ersten Pannen, ihrer Unerfahrenheit zuzuschreiben, suchte sie Anlehnung und Schutz, und als Albert 1839 zum zweiten Mal nach London kam, flammte ihre alte Liebe wieder auf, und sie machte ihm schon am zweiten Tag einen Heiratsantrag - aus Protokollgründen mußte sie das tun.

Er wolle ein nützlicher Mensch werden, hatte Albert sich vorgenommen. Er bekam eine einmalige Gelegenheit dazu. Im Unterschied zu Victorias Gefühlen war es für ihn nicht die große Liebe - es ist fraglich, ob er dazu überhaupt fähig war; die Liebe zu seiner ältesten Tochter später steht auf einem anderen Blatt. Für ihn war diese Ehe Lebensaufgabe und Pflichterfüllung, und sie wurde zum Vorbild für das ganze europäische Bürgertum.

Die Aufgabe war überaus schwer, denn Alberts Stellung war kompliziert: Er war offiziell nichts weiter als der Ehemann der Königin. Dazu war das Ansehen der Monarchie auf einem derartigen Tiefstand, daß schon erörtert wurde, ob man sie nicht abschaffen und durch ein Präsidialsystem ersetzen solle, wie es sich die abtrünnigen Kolonien in Nordamerika geschaffen hatten. England hatte mit den Hannoveranern nicht viel mehr Glück als mit den Stuarts. Und nun die 18jährige Victoria, die sich nicht im geringsten für Politik interessierte, von Staatsgeschäften nichts verstand und auch noch einen gleichaltrigen Prinzen aus einem deutschen Pumpernickelländchen heiratete. Daß die Engländer in Albert keine großen Erwartungen setzten, ihn mit Mißtrauen empfingen, kann man ihnen nicht verdenken. So waren die ersten Jahre schwer für ihn. Das Parlament strich ihm die Bezüge zusammen, verweigerte ihm den Titel "Prinzgemahl" und damit den Rang unmittelbar nach der Königin. Nicht mal seinen Privatsekretär durfte er selbst aussuchen. Der Adel verzog die Mundwinkel: Dieser Prinz konnte zwar gut reiten und schießen, aber für die gesellschaftlichen Vergnügungen hatte er nichts übrig; der komponierte und spielte Orgel, verstand was von Malerei und Landwirtschaft, flog nicht auf Frauen und schlief bei Soireen ein - ein übergescheiter deutscher Pedant. Auch daheim gab es Schwierigkeiten. Victoria meinte, ihren Mann von Staatsgeschäften fernhalten zu müssen, und in die Kindererziehung wollte sich ihre langjährige Gouvernante und Freundin, die Baronin Lehzen, nicht hineinreden lassen. "Ich bin der Ehemann, aber nicht der Herr im Hause", schrieb Albert nach Coburg und langweilte sich.