Meinolf Siemer

Kaiserin Friedrich als Bauherrin, Kunstsammlerin und Mäzenin - "Das schönste Ziel wäre wohl ein ganz neues Gebäude ..."

"Könnte man nicht ein herrliches und harmonisches Ganzes herstellen, wenn man Statuen und Bilder, Büsten und Reliefs in schöne Räume zusammenstellte, in welchen auch geschmackvolle Vitrinen zur Aufnahme von Medaillen, Gemmen u.s.w. ihren Platz hätten?"1 Dieser aus dem Zusammenhang gerissene Satz paßt, in sehr allgemeiner Form, zu dem, was die Kaiserin in ihrem Schloß Friedrichshof in Kronberg am Taunus seit 1889 verwirklicht hat. Er ist allerdings Teil einer Denkschrift zur Eröffnung der ersten Ausstellung von Kunstwerken aus Privatbesitz, die Wilhelm von Bode anläßlich des silbernen Ehejubiläums des Kronprinzenpaars 1883 veranstaltet hatte. In der Denkschrift geht es um die Neugestaltung, ja Neukonzeption der Berliner Museen, und es geht um die Distanzierung von dem, was bisher den Eindruck der Berliner Museen und Galerien ausgemacht hatte: die langweilige und uninspirierte Aneinanderreihung des reichen Kunstguts, das durch mehr als ein halbes Jahrhundert in den Königlichen Museen angehäuft wurde. Unterzeichnet vom Protektor der Berliner Museen, dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, und seiner Frau, der Kronprinzessin Victoria, geborene Princess Royal von Großbritannien und Irland, fußen solche Ideen auf den Vorstellungen Wilhelm von Bodes und seiner Mitstreiter bei der Planung eines Renaissance-Museums und dessen Einrichtung in einem Museumsneubau. Vor allem aber die Kronprinzessin, die einiges aus den eigenen Sammlungen zeigt, unterstützt dieses Anliegen Bodes vehement. Es sind vermeintliche Fortschrittlichkeit und neue Ideen, die ihr dabei imponieren, weil sie ihre Sammlungen ähnlich zu präsentieren beabsichtigt. Die Entwicklung der selbstbewußten, leicht egozentrischen Kronprinzessin, späteren "99-Tage-Kaiserin" und Kaiserinwitwe seit 1888 zur selbständigen Sammlerin und Bauherrin zeigt, daß sie diesen Gedanken weiterverfolgen und realisieren wird. Er materialisiert, ja manifestiert sich in der Erbauung und Einrichtung ihres Schlosses Friedrichshof, in ihren Vorlieben für bestimmte Kunstrichtungen, im Umgang mit den Künstlern sowie in ihren Sammlungen und deren Präsentation. Dies soll hier ausführlicher behandelt werden.