Die Volkskammerwahl
Zur Volkskammerwahl traten 24 Parteien und Wahlbündnisse mit unterschiedlichsten politischen Zielen an: So vertrat die PDS einen reformierten Sozialismus und eine eigenständige DDR. Das „Bündnis 90“ der Bürgerbewegung verfolgte einen „Dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Das Wahlbündnis „Allianz für Deutschland“ propagierte die soziale Marktwirtschaft als Weg zum Wohlstand und versprach die rasche staatliche Einheit. Auch die Ost-SPD plädierte für eine baldige Vereinigung, anders als die Mehrheit der westdeutschen Sozialdemokraten.
Die bundesdeutschen Parteien dominierten den Wahlkampf mit ihren effizienten Strukturen, finanziellen Ressourcen und prominenten Spitzenpolitikern. Vor allem Bundeskanzler Kohl konnte mit seinen Auftritten zahlreiche Wähler mobilisieren, aber auch Außenminister Genscher oder Willy Brandt waren im ostdeutschen Wahlkampf auf Veranstaltungen präsent.
Der Ausgang der Wahl stellte eine handfeste Überraschung dar: Statt der favorisierten SPD siegte die „Allianz“ mit 48 Prozent der Stimmen. Die SPD erreichte nur 21,9 Prozent, und das „Bündnis 90“ blieb mit 2,9 Prozent noch hinter den Liberalen (5,3 Prozent) zurück. Die PDS errang mit 16,4 Prozent einen Achtungserfolg. Die Mehrheit der Bevölkerung hatte sich für eine rasche Wiedervereinigung nach westdeutschen Maßgaben entschieden.
Am 12. April wählte die Volkskammer Lothar de Maizière (CDU) zum Ministerpräsidenten. Seiner Regierung gehörten Vertreter der „Allianz für Deutschland“, der SPD und des Bundes Freier Demokraten an.