Plakatmotiv "Migrationen 1500-2005"

 

Zuwanderungsland Deutschland: Migrationen 1500-2005 - Die Hugenotten, Deutsches Historisches Museum
22. Oktober bis 12. Februar 2006, Ausstellungshalle von I.M. Pei - Logo DHM

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Kriegsgefangene und Zivilarbeiter im ersten Weltkrieg

 

Internierte Russen und andere „feindliche Ausländer“

Mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 wurden die russisch-polnischen Saisonarbeiter schlagartig zu „feindlichen Ausländern“, sie wurden während des Krieges kollektiv der Spionage und Sabotage verdächtigt und standen unter Beobachtung. Aus den militärisch „besonders gefährdeten“ Grenzgebieten wurden sie ins Landesinnere abgeschoben. Während sie in den Jahren zuvor zum Ende der Erntesaison unter Rückkehrzwang gestanden hatten, wurden sie nun zwangsweise im Deutschen Reich festgehalten. Mehr als 300.000 Saison- und Industriearbeiter fielen unter dieses Rückkehrverbot.

 

  Telegramm des Oberpräsidenten von Koblenz an den Regierungspräsidenten
 


Telegramm des Oberpräsidenten von Koblenz an den Regierungspräsidenten Düsseldorf zum Vertrieb russischer Saisonarbeiter


Düsseldorf zum Verbleib russischer Saisonarbeiter
Koblenz, 4. August 1914. Maschinenschriftlich, gestempelt
20,0 x 23,0 . Landesarchiv Nordrhein-Westphalen
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Reg. Düsseldorf 15004, Bl. 13


Die Lebens- und Arbeitsbedingungen besonders der wehrfähigen Auslandspolen wurden seit Kriegsbeginn verschärft, sie hatten den Status von Zivilgefangenen. Die Androhung von militärischer Schutzhaft sowie von „Kost-, Licht-, und Bettentziehung“ sollte „widerspenstige Polen“ gefügig machen. Bei Kriegsende befanden sich über eine halbe Million russisch-polnische Arbeiter in Deutschland.

Ostjuden und Antisemitismus

Der steigende Arbeitskräftebedarf in der deutschen Kriegswirtschaft führte dazu, dass ab 1915 in zunehmendem Maße auch jüdische Arbeiter aus Russisch-Polen eingesetzt wurden. So gestattete ein Erlass des Innenministers vom Dezember 1915 die Vermittlung russisch-jüdischer Arbeiter, bekräftigte aber gleichzeitig gängige Vorurteile. Die jüdischen Arbeiter gäben zu steter Klage Anlass, sie seien körperlich ungeeignet, benähmen sich aufsässig und hetzten ihre Mitarbeiter zur Unzufriedenheit auf, hieß es in dem Schreiben. Ein großer Teil der jüdischen Arbeiter war das Opfer wahlloser Zwangsrekrutierungen, Probleme bei der Arbeit waren vor allem dieser Tatsache zuzuschreiben.
Ostjüdische Arbeiter waren seit Kriegsbeginn zum Gegenstand einer sich verschärfenden antisemitischen Agitation geworden, ein Beispiel ist die einflussreiche Schrift des Politikers Georg Fritz, der dem radikal-nationalistischen „Alldeutschen Verband“ angehörte.

 

  Die Ostjudenfrage. Zionismus und Grenzschluß
 


Die Ostjudenfrage. Zionismus und Grenzschluss



Georg Fritz
Münschen: J.F. Lehmanns Verlag, 1915
Druck, 20,5 x 13,8
Berlin Staatsbibliothek - Preußischer Kulturbesitz, 15990

 

In seiner Schrift forderte Fritz eine Einwanderungspolitik auf der Grundlage von Rassen- und Volkszugehörigkeit. Die Aufnahme von ‚Ostjuden’ im Deutschen Reich müsse gestoppt werden, weil diese Menschen „sittlich verkümmert“ und „rassefremd“ wären.
Der Anteil der ‚Ostjuden’ an der deutschen Gesamtbevölkerung betrug zu Beginn der 20er Jahre verschwindende 0,1 Prozent. Trotzdem war das Schreckbild von ‚ostjüdischen’ Zuwanderer-strömen in der gesellschaftlichen Diskussion sehr präsent.

Kriegsgefangene

Seit 1915 rekrutierten deutsche Truppen in den besetzten Gebieten Russisch-Polens und Belgiens ausländische Arbeitskräfte. Die Zahl ›freiwilliger‹ Meldungen blieb hinter den Erwartungen zurück. Immer häufiger griffen die deutschen Behörden zu Zwangsmitteln. Während des Weltkriegs arbeitete etwa eine Million ausländischer Zivilarbeiter in Deutschland. Die meisten Kriegsgefangenen in Deutschland mussten Zwangsarbeit leisten. Sie wurden in Landwirtschaft und Industrie eingesetzt. Kurz vor Kriegsende lag ihre Zahl bei 1,5 Millionen. Die meisten stammten aus Russland.

 

  Bekanntmachung über die Verpflichtung von Kriegsgefangenen zur Arbeit gemäss Haager Konvention von 1907 (Dreisprachig Französisch/Englisch/Russisch)
 



Bekanntmachung über die Verpflichtung von Kriegsgefangenen zur Arbeit gemäss Haager Konvention von 1907 (Dreisprachig Französisch/Englisch/Russisch)



Merseburg, 8. Februar 1916, Druck, 31,6 x 57,4 (aufgeschlagen)
Berlin, Deutsches istorisches Museum, DG 90/696 (MfDG)

 

Die amtliche Bekanntmachung informierte Kriegsgefangene auf Englisch, Französisch und Russisch, dass sie nach der Haager Landkriegsordnung zum Arbeitseinsatz verpflichtet werden konnten. Kriegsgefangene durften nicht zu Arbeiten mit direktem Bezug zu Kriegsunternehmungen eingesetzt werden, doch diese Bestimmungen wurden in Deutschland meist unterlaufen. Eines der größten Gefangenenlager befand sich in der Lüneburger Heide im heutigen Niedersachsen.

 

  Totenbuch des Kriegsgefangenenlazaretts Soltau / Hannover
 


Totenbuch des Kriegsgefangenenlazaretts Soltau / Hannover



Soltau, 30. August 1914 – 1921
Handschriftlich, 33,0 x 43,0 (aufgeschlagen)
Bad Fallingbostel, Kreisarchiv Soltau-Fallingbostel


Zu den häufigsten Todesursachen im Lager zählten Tuberkulose und Lungenentzündung. Unterbringung und Krankenversorgung waren mangelhaft, oft starben die Gefangenen am Tag oder wenige Tage nach ihrer Einlieferung ins Lazarett. Die Soltauer Kriegsgefangenen wurden im Bergbau und in den Salzminen eingesetzt. Ehemalige Lagerinsassen berichteten, dass sich Internierte selbst Verletzungen zugeführt hätten, um nicht in den extrem gesundheitsbelastenden Kaliwerken arbeiten zu müssen.

Die Berichte von ehemaligen Kriegsgefangenen verdeutlichen die katastrophalen Bedingungen in Soltau. Sie haben über die untenstehenden Buttons die Möglichkeit die Berichte eines belgischen und eines englischen Soldaten zu hören.

Auszüge aus den Erinnerungen des ehemaligen belgischen Kriegsgefangenen Ernest de Laminne
Aus: Chevalier Ernest de Laminne, Notes et Impressions de captivité. Contribution à l’histoire de la Kultur, Liège, 1919, S. 135-137
Übersetzung: Mathilde Reumaux, Rosmarie Beier-de Haan


.mp3,
3.574 KB
Auszüge aus den Erinnerungen des ehemaligen britischen Kriegsgefangenen Ernest Walwyk
The Papers of E Walwyk
London, Imperial War Museum, Department of Documents
Übersetzung: sydem Berlin

.mp3,
2.926 KB


 

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Flüchtlinge, 'Rückwanderer’ und Arbeitsmigranten in der Weimarer
Republik 1918 - 1933
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