Von der Desertion bis zur Rehabilitierung von 1933 bis heute

 

Sarah Düttmann (Jg.84) , Anke Heyder (Jg.84) und Charlotte Pötzel (Jg.85), (Schillergymnasium Münster) schrieben einen Beitrag zum Thema "Von der Desertion bis zur Rehabilitierung von 1933 bis heute". Sie erhielten einen fünften Preis. 

Nicht jede Desertion im 2. Weltkrieg war eine reine Form des Protests. Für eine solche Entscheidung sind gewöhnlich mehrere verschiedene Beweggründe verantwortlich. In vielen Fällen kamen auch sehr persönliche Motive hinzu. Viele Deserteure handelten jedoch aus der Überzeugung, Widerstand leisten zu müssen.

Zu diesem Thema gehört auch die Fragestellung, wie es mit den Deserteuren nach ihrer Verurteilung weitergegangen ist. Ihren Kampf um Rehabilitierung lässt sich am bekanntesten deutschen Deserteur, Ludwig Baumann (siehe Bild links), schildern. Ludwig Baumann gründete im Herbst 1990 den Verein" Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V.".

Als Vorsitzender dieses Vereins hat Ludwig Baumann es sich zur Aufgabe gemacht, die Todesurteile auch schriftlich aufzuheben. Seit der Gründung "ist er als Handlungsreisender in Sachen Wiedergutmachung unterwegs. Den vielen Einladungen zu Vorträgen, Gedenkveranstaltungen, Podiumsdiskussionen und den Interviewwünschen in- und ausländischer Medien kann er kaum noch nachkommen. Die Ansprechpartner im Bundestag lernten sine Beharrlichkeit schätzen und fürchten" (Aus der "Zeit" vom 13.Dezember 1996). 

Ludwig Baumann verweigerte den Griff zur Waffe grundlegend: "Ich konnte einfach keine Menschen töten." Ludwig Baumann wurde deshalb im Krieg zum Tode durch Erschießen verurteilt. Dass er heute noch lebt verdankt er seinem Vater. Zehn Monate nach seiner Verurteilung wurde Baumann, der an Händen und Füßen mit Ketten gefesselt war und in einer Einzelzelle auf seine Exekution wartete, mitgeteilt, dass ihn der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine bereits nach sieben Wochen zu zwölf Jahren Zuchthaus begnadigt hatte. Seinem Vater hatte Baumann insofern sein Leben zu verdanken, da dieser einen Geschäftspartner kannte, der mit Großadmiral Reader befreundet war. Erst Weihnachten 1945 ist für den 24jährigen der Spuk aus. Den Sprung ins Leben aber schafft er zunächst nicht mehr: Alptraum Todeszelle, Alptraum Front, und die Nachkriegszeit ist auch nur ein böses Erwachen.

Für seine Bemühungen wurde Baumann, der Wehrmachtsdeserteur und Vorsitzende der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. am 26.03.1996 für den Friedens-Nobelpreis nominiert.

Julian Kirov und Helena Kemper

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