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Agitation

Im Herausgabeplan des VfAA vom Jahr 1977 wird das "vorrangige Anliegen der gesamten Tätigkeit des Verlages" darin gesehen, "zur Erhöhung der Wirksamkeit der ideologischen Arbeit beizutragen und eine größere Breitenwirkung zu erreichen." Vor allem "in Formen, die in den Kollektiven wirken und das tägliche politische Gespräch anregen und fördern (Plakate, Wandzeitungen, Fotos für Schaukästen usw.)", sollte die Agitation gegen das "menschenfeindliche Wesen des Imperialismus" wirken.14 Zur flächendeckenden Versorgung von Betrieben, Verbänden, Wohneinheiten, Grundorganisationen der SED und der Massenorganisationen sollte der Vertrieb zentral über Geschäftsstellen des VfAA laufen. Allerdings war bis dahin nur in Berlin eine solche vorhanden. Ferner bestand der Widerspruch, daß die Plakate einerseits käuflich zu erwerben waren, andererseits über die Kreisleitungen der Partei kostenlos abgegeben wurden. Zur besseren Bestellmöglichkeit entwarf der VfAA sogenannte Übersichtsplakate.
Eine Zusammenstellung der vom VfAA herausgegebenen Plakate zur Internationalen Solidarität bietet das von Jürgen Mücke 1987 gestaltete Übersichtsplakat. Die meisten der für die DEWAG und den VfAA arbeitenden Gebrauchsgraphiker sind hierauf vertreten. Otto Kummert, Gerhard Voigt, Lothar Freund, Jutta Damm-Fiedler, Alexander Schiel, Thomas Billhardt und Klaus Lemke prägten unter anderen das offizielle Wettbewerbs- und Ausstellungswesen der siebziger und achtziger Jahre.
Gerhard Voigt arbeitete meistens im Stil der Photomontage. Für die Proklamation einer generellen "Antiimperialistischen Solidarität" wiederholte er das Symbol des "iunctio dextrarum", des für Treue und Freundschaft verwendeten Zeichens des Handschlags, das 1946 zum Parteisignet der SED gerann. Die Reihung der drei Händepaare vor dem Sowjetstern, die die verschiedenen Stadien des Aufeinanderzugehens zeigen, bewirkt eine stark narrative Struktur des Plakates, der Bildaufbau verweist damit in die Verlaufsform. Der funktionelle Einsatz solch wirksamer Symbole wird von Voigt mit der Eingängigkeit der Wahrnehmung begründet: "Das Plakat sollte fester Bestandteil jeder Sichtagitation sein. Diese Forderung liegt begründet in den vielen Vorzügen, die es für die Wirksamkeit der politischen Massenarbeit aufweist. Plakate vermitteln zu einem Thema immer die wichtigsten Aussagen, die oft ›auf den ersten Blick‹ ablesbar sind."15
Aber nicht nur durch das Solidaritätskomitee allein ist der Antiimperialismus ins Bild gesetzt worden. Nachdem 1965 vom Verband Bildender Künstler die internationale Ausstellung "Intergrafik" ins Leben gerufen wurde, sollte sie ab 1967 alle drei Jahre stattfinden. "Sie wurde von ihrer erstmaligen Durchführung aus [sic] als eine Ausstellung politischer kämpferischer Grafik im Streben nach Frieden, Völkerfreundschaft und Sozialismus, im Kampf gegen Imperialismus und Krieg und als Teil der antiimperialistischen Solidarität mit den um Frieden, Freiheit, Demokratie und sozialen Fortschritt kämpfenden Völkern konzipiert."16 Besondere Außenwirkung versprach man sich von Plakataktionen. In der Planungsphase der "Intergrafik 1967" wurde eine internationale Aktion unter dem Motto "Für den Frieden und die Sicherheit Europas", anknüpfend an die 1958 durchgeführte Aktion "Frieden der Welt", anvisiert. Daran sollten sich Gebrauchsgraphiker, Maler und Karikaturisten beteiligen, deren Entwürfe dann auf Großflächen übertragen und in den Hauptstädten der DDR-Bezirke auf U-Bahn-, S-Bahn-, Fernbahnhöfen sowie Flughäfen gezeigt werden sollten.
Vor allem durch die Werbewirkung der zeitgleich stattfindenden X. Weltfestspiele ließ sich die Beteiligung der Gebrauchsgraphiker für die "Intergrafik 73" erhöhen und die politische Plakatproduktion ankurbeln. Für die Folgeausstellung 1976 sollte dann schon eine dezidierte Themenvorgabe die Entwürfe leiten: "Die wesentlichen Veränderungen in der internationalen Situation, die Fortschritte im Entspannungsprozeß … sollen in der Grafik ebenso ihren Ausdruck und Niederschlag finden wie der Kampf des chilenischen Volkes und die Solidarität mit dem chilenischen Volk gegen die faschistische Militärjunta, sowie der Sieg des vietnamesischen Volkes."17
Denn gegen den Krieg der USA in Vietnam waren seit 1964 im Rahmen der Solidaritätsaufrufe Antikriegsplakate erschienen. Durch die "konventionelle" Kriegführung und den Einsatz von Giftgas wurden große Teile der Zivilbevölkerung getötet. Klaus Wittkugel setzte in einer Art Raster die Porträts schwerverletzter Vietnamesen - unter ihnen viele Kinder - aneinander. In den Vordergrund brachte er das Profil eines amerikanischen Soldaten, womit der Verantwortliche für das persönliche Leid der Zivilbevölkerung direkt bildlich benannt ist. Die Darstellung der Grausamkeiten des Krieges erinnern an Druckgraphiken von Otto Dix und George Grosz. Allerdings greift Wittkugel hier Formen und Techniken der Dokumentarphotographie auf: Die grobe Rasterung und die schwarz-weiße Tonigkeit sind wie Superzeichen von Pressebildern graphisch umgesetzt.

  14 SAPMO, DY 30/J IV 2/3-2516-66, Anlage Nr. 3 zum Protokoll Nr. 66 vom 3.11.1976; DY 30/SED 33912.
  15 Aus einem Interview mit Gerhard Voigt in: Gebrauchsgraphik im Sozialismus …, 1982.
  16 SAPMO, DY 30/J IV 2/3-2341-86, Anlage Nr.10 zum Protokoll Nr. 86 vom 23. Juli 1975.
  17 Ebd.

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Übersichtsplakat über Plakate zur Internationalen Solidarität
Plakat Antiimperialistische Solidarität
 
Plakat gegen den Krieg in Vietnam