Zeremonien und Rituale gehörten in der vormodernen Gesellschaft zu den wichtigsten Formen nichtverbaler Kommunikation, die ihren Höhepunkt in Europa während des Mittelalters und der frühen Neuzeit in den Kirchen und an den Höfen erlebten.
Da wir gegenwärtig durch den vermehrten Einsatz visueller Medien erneut mit einer Vielzahl optischer Zeichen konfrontiert sind, richten die historischen und anthropologischen Wissenschaften ihre Aufmerksamkeit seit geraumer Zeit verstärkt auf die symbolischen Kommunikationsformen anderer Kulturen und Zeiten.
Das Deutsche Historische Museum in Berlin wird sich an der Zeremonialforschung im Rahmen seiner Reihe "Kulturgeschichte" mit einer Ausstellung zu einer der sinnlichsten und sinnfälligsten Ausprägungen des europäischen Hofzeremoniells beteiligen, der öffentlichen Tafel des Fürsten.

Während das gemeinsame Essen heute ein beliebter Anlaß zu zwangloser Geselligkeit und individuellem Genuß ist, entwickelte sich das Speisen an den Höfen zu einem streng reglementierten Akt, in dem sich der Fürst regelmäßig dem Hofstaat und den Untertanen zur Schau stellte. Jedem Detail dieses Aktes kam dabei Aussagewert bezogen auf Rang und Bedeutung zu.

Hohe Potentaten wie der Papst in Rom oder der Kaiser in Wien signalisierten ihre Sonderstellung dadurch, daß sie immer allein speisten. Saßen andere Herrscher mit Staatsgästen zu Tisch, spiegelten die Sitzordnung und die unterschiedlichen Materialien, aus denen die jeweils vorgesetzten Tafelgeräte bestanden, die politische Machtkonstellation. Ritualisierte Handlungen wie das Reichen von Waschbecken und Wasser sowie das Vorschneiden, die Giftprobe und das Vorlegen der Speisen waren wichtige Bestandteile des Tafelzeremoniells, für die prächtige Utensilien angefertigt wurden, die bis heute in Museen und historischen Sammlungen aufbewahrt werden.

Die Ausstellung, die den Zeitraum vom 14. bis zum 20. Jahrhundert behandelt, wird nicht nur einige der schönsten Tafelgeräte verschiedener europäischer Leihgeber präsentieren, sondern sie in ihrer Funktion und in den Zusammenhängen des Tischzeremoniells erklären. Daneben vermitteln zahlreiche zeitgenössische Bildquellen dem Besucher einen Eindruck von der Verwendung dieser Geräte und von der räumlichen Situation und dem personalen Aufwand dieser heute beinahe aus dem Bewußtsein verschwundenen Form europäischen Hofzeremoniells.

 

Symposium
Gemeinsam mit dem Rudolstädter Arbeitskreis zur
Residenzkultur und gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung
veranstaltet das DHM
vom 07. bis 09. März 2003
im Kronprinzenpalais ein Symposium zum Thema
„Zeichen, Raum und höfisches Zeremoniell an den
deutschen Höfen der frühen Neuzeit“
Tagungsprogramm