Hans Grimm 1875-1959

Schriftsteller

  • 1875
    22. März: Hans Grimm wird als Sohn des Juristen und späteren nationalliberalen Landtagsabgeordneten Prof. Julius Grimm und dessen Frau Marie (geb. Schlumberger) in Wiesbaden geboren. Sein Vater gehört zu den Begründern des Deutschen Kolonialvereins.
  • 1894
    Nach dem Abitur studiert Grimm ein Semester Literatur in Lausanne.
  • 1895-1897
    Auf Wunsch des Vaters, der sich für den als träumerisch und gehemmt beschriebenen Jungen Festigung und Unabhängigkeit wünscht, bricht er das Literaturstudium ab und macht in London eine Ausbildung zum Auslandskaufmann.
  • 1897-1908
    Grimm lebt in Deutsch-Südwestafrika (heute: Namibia), wo er zunächst für eine deutsche Importgesellschaft und später als selbständiger Geschäftsmann tätig ist.
  • 1910
    Nach einem einjährigen Aufenthalt in Deutschland reist er erneut durch Deutsch-Südwestafrika, diesmal als Presseberichterstatter. Die Erfahrungen in den Kolonien prägen sein politisches Weltbild und seine Ansichten zur Kolonialpolitik des Deutschen Reichs. Er beginnt, die "Lebensraumpolitik" als Lösung für die sozialen und wirtschaftlichen Probleme Deutschlands zu sehen.
    Rückkehr nach Deutschland, wo er zunächst als freier Schriftsteller tätig ist.
  • 1911-1915
    Studium der Staatswissenschaften in München und am Kolonialinstitut Hamburg.
  • 1913
    Mit dem Buch "Südafrikanische Novellen" gilt Grimm als Begründer der deutschen Kolonialdichtung. In diesen Erzählungen verarbeitet er seine Reiseerlebnisse in den südwestafrikanischen Kolonien, wobei seine rassistischen Einstellungen gegenüber der afrikanischen Bevölkerung deutlich zum Ausdruck kommen.
  • 1916
    Den Ersten Weltkrieg erlebt Grimm zunächst als Frontsoldat, später arbeitet er in der Auslandsabteilung der Obersten Heeresleitung (OHL).
  • 1918
    "Der Ölsucher von Duala", eine politisch motivierte Auftragsarbeit des Reichskolonialamts, erscheint. Auch dieser Roman basiert auf eigenen Erfahrungen und Berichten aus erster Hand.
    Grimm lässt sich in Lippoldsberg im Weserbergland nieder.
  • ab 1918
    Er ist hauptsächlich als Schriftsteller tätig. In seinen Werken werden ein antidemokratisches und antiliberales Denken aus einer elitär-bürgerlichen Tradition des 19. Jahrhunderts und ein ausgeprägter Nationalismus deutlich.
  • 1919-1925
    Grimm arbeitet an seinem bekanntesten Roman "Volk ohne Raum", der 1926 in zwei Bänden erscheint. Das Werk zählt zu den am häufigsten verkauften Büchern während der Weimarer Republik. 1931 erreicht das Buch als einbändige Ausgabe eine Auflage von 50.000 Exemplaren. Von einem völkischen Standpunkt aus charakterisiert Grimm die Lebensbedingungen in Deutschland nach dem Versailler Vertrag und dem Verlust der Kolonien: "Der deutsche Mensch" brauche "Raum um sich und Sonne über sich". War Grimm im Grunde ein Anhänger klassischer Kolonialpolitik, so übernahmen die Nationalsozialisten den Begriff vom "Volk ohne Raum" als propagandistische Rechtfertigung für den Kampf um "Lebensraum" im Osten.
  • 1927
    Ehrendoktor der Universität Göttingen.
  • 1932
    Goethe-Preis der Stadt Frankfurt.
  • 1933
    Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Grimm Mitglied im Präsidialrat der Reichsschrifttumskammer und zum Senator der Preußischen Akademie der Künste ernannt. Seine literarischen Werke werden von den Nationalsozialisten hoch gelobt.
    Obwohl Grimm, der zu den Lieblingsautoren von Adolf Hitler zählt, nie der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) beitritt und sich nicht vollständig mit der Ideologie des NS-Regimes identifiziert, sieht er im NS-Staat die einzige Möglichkeit, seine kolonialen, sozialen und nationalistischen Ideen zu verwirklichen.
  • 1934-1939
    Grimm versammelt jährlich "deutschbewußte" Dichter zu gemeinsamen Lesungen in seinem Haus. Diese von NS-Organisationen unabhängig stattfindenden "Lippoldsberger Dichtertreffen" werden nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1949 mit Schriftstellern wieder aufgenommen, die den Nationalsozialismus im Rückblick rechtfertigen wollen.
  • 1935
    Entlassung aus der Reichsschrifttumskammer (RSK) aufgrund von politischen und ideologischen Differenzen.
  • 1938
    Wegen seiner noch immer unverhohlenen Kritik an einzelnen "Auswüchsen" des NS-Staats wird Grimm von Joseph Goebbels scharf zurechtgewiesen. Dieser droht ihm mit der Verhaftung. Grimm zieht sich zunehmend ins Privatleben zurück.
  • 1945
    Als Antwort auf eine "Anklage" des Erzbischofs von Canterbury an das deutsche Volk nach Ende des Kriegs schreibt Grimm die "Erzbischofsschrift. Antwort eines Deutschen". Darin verteidigt er den Nationalsozialismus nachträglich als notwendige Maßnahme gegen den Bolschewismus und will die Kriegsschuld den Siegermächten zuschieben. So haben die deutschen Angriffe auf Osteuropa lediglich dazu gedient, Europa vor dem Kommunismus zu bewahren, die Eskalation des Kriegs sei jedoch durch die Kriegshetze Großbritanniens ausgelöst worden.
  • ab 1950
    Grimm verteidigt den Nationalsozialismus weiterhin insbesondere auch in seinen autobiographischen Veröffentlichungen "Rückblicke" (1950), "Leben in Erwartung - Meine Jugend" (1952), "Erkenntnisse und Bekenntnisse" (1955) und der Schrift "Warum-woher, aber wohin?" (1954), in der er Hitler vehement verteidigt und sich damit in eine geistige und gesellschaftliche Isolation begibt.
  • 1953
    Aufstellung als parteiloser Kandidat der neonazistischen Deutschen Reichspartei für die Bundestagswahlen 1953. Seine Kandidatur bleibt jedoch erfolglos, da die Partei an der neu eingeführten Fünf-Prozent-Klausel scheitert.
  • 1959
    27. September: Hans Grimm stirbt in Lippoldsberg an der Weser.
    Postum erscheinen "Suchen und hoffen" (1960) und "Über mich selbst und meine Arbeit" (1975).
Natalie Krentz
14. September 2014

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