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Durch die Wiederverwendbarkeit des Materials, die vergleichsweise kompakte Apparatur und unmittelbare Verfügbarkeit des Aufgezeichneten ermöglichte Video im Dokumentarbereich ein anderes Verhältnis zur Zeit sowie neue Formen des kollektiven Filmschaffens. Die Regisseure des dichten, vielstündigen Oral History-Films Lebens-Geschichte des Bergarbeiters Alphons S. machten sich diese Chancen auf besondere Art zu Nutze. Abgesehen von einigen wenigen Foto-Inserts besteht das in acht Teile gegliederte Werk ausschließlich aus einer ausgreifenden biographischen Erzählung des titelgebenden Protagonisten. An seinem Küchentisch sitzend, gibt der Kommunist Alphons Stiller seine Lebensgeschichte von der Geburt bis zum Zweiten Weltkrieg in eigenen Worten und mit selbstsicherer Eloquenz wieder.

Dass sich der fesselnde, politisch scharfsichtige Geschichtsbericht flüssig und spontan entfalten konnte, führen die Regisseure Hübner und Voss auch auf die neuartigen Möglichkeiten der Video-Aufnahme zurück, ­die längere ununterbrochene Aufzeichnungsdauer und das Vertrautheit schaffende minimalistische Produktions-Set-Up. Außerdem konnte das gedrehte Material Alphons Stiller direkt zur Begutachtung vorgespielt werden, sodass der Zeugnisgebende bei der Auswahl von relevanten Passagen aus über 22 Stunden Interview-Material mithalf und entsprechend als Ko-Regisseur geführt wird. (chl)