Ohne Koreakrieg hätte es die zügige Wiederbewaffnungsdebatte
und den Beitritt zur NATO 1955 für die Bundesrepublik so schnell
nicht gegeben. Als Gegenleistung für seine Politik der Westintegration
und Wiederbewaffnung handelte Adenauer bei den westlichen Siegermächten
die staatliche Souveränität aus. Auch der wirtschaftliche
Aufschwung wäre entschieden langsamer verlaufen. Mit Beginn des
Koreakrieges stieg die Nachfrage an Stahl und industriellen Erzeugnissen.
Davon profitierten die westdeutschen Produkte - insbesondere der Maschinenbau
- auf dem Weltmarkt. Die beginnende Konjunktur und die steigenden Preise
bescherten der Bundesrepublik in der zweiten Jahreshälfte von 1950
eine Verdoppelung ihres Exportes in der Kohle- und Stahlproduktion,
im Maschinen- und Automobilbau. Ein Viertel der westeuropäischen
Stahlproduktion kam aus der Bundesrepublik, täglich produzierten
die Volkswagenwerke bereits 250 "Käfer". Damit war ein wesentliches
Element zum "Wirtschaftswunder" gefunden: Die westdeutsche Industrie
setzte auf Export. Die erste Industriemesse in Hannover zeigte dies
deutlich, über 50 Prozent der Aufträge kamen aus dem Ausland.
Die günstigen Lohnkosten machten die westdeutsche Industrie weltweit
wettbewerbsfähig. Preisgünstig, leistungsstark und termingerecht
waren die Begriffe, mit denen Produkte aus West Germany weltweite Achtung
erfuhren. Ende 1950 war die Arbeitslosenzahl bereits um 800000 gesunken
und stand jetzt bei 1,2 Millionen. Diese Tendenz setzte sich im folgenden
Jahr fort. Eine negative Auswirkung war die Preissteigerung bei den
Grundnahrungsmitteln. Eine Luxussteuer sollte nun zur Subventionierung
der Grundnahrungsmittel dienen. Aber dies waren kleine Korrekturen in
der Phase weltweiter Hochkonjunktur.
Der Bundesrepublik kam auch zugute, daß die Wirtschaftseliten
aus den ehemals deutschen Gebieten und aus der DDR in den Westen geflohen
waren und sich hier zu einem Innovationsimpuls zusammenschlossen. Während
die DDR durch Bodenreform und Verstaatlichung die vorhandene wirtschaftliche
Kompetenz und gesellschaftliche Elite mutwillig und auf lange Sicht
zerschlug, versammelte sich in der Bundesrepublik ein hochmotiviertes
Fachpersonal aus allen Wirtschaftszweigen. Der unternehmerische Mittelstand
wurde eine Stütze des Wirtschaftswunders. Die Zuwanderung von Millionen
sicherte ein hohes Maß an Beweglichkeit bei der Arbeitsplatzsuche: Die
Facharbeiter zogen zu den Produktionsorten. Die Entbehrungen der Kriegs-
und Nachkriegsjahre sicherten zu Beginn moderate Lohnvorstellungen und
eine vorerst relative Anspruchslosigkeit im Lebensstandard. 1951 gelang
es den Gewerkschaften, die Mitbestimmung in der Montanunion zu verankern.
Als Gegenleistung gaben die Arbeitnehmervertreter ihre Zustimmung zur
Wirtschafts-, Außen- und Verteidigungspolitik der Bundesregierung.
Die Regierungspolitik der Wiederbewaffnung und Westintegration
wurde hingegen von der SPD-Opposition vehement gescholten und bekämpft.
Ihr Vorsitzender Kurt Schumacher nannte Adenauer gar einen "Kanzler
der Alliierten" und setzte auf bündnispolitische Neutralität
und nationale Wiedervereinigung. An diesem Konzept hielt die SPD auch
nach dem Tode ihres Vorsitzenden im August 1952 fest. Erst Ende der
50er Jahre arrangierte sie sich mit dem Erfolgskurs der Adenauer-Regierung
und den weltpolitischen Gegebenheiten. Ihr Godesberger Programm von
1959 akzeptierte die europäische Nachkriegsordnung.