A-C | D-G | H-K | L-M | O-R | S-Z

Wilhelm I. als Friedrich Wilhelm Ludwig, Prinz von Preußen (1797-1888)

Schon vor seiner Konfirmation hatte der zweite Sohn des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. im Feldzug gegen Napoleon Hauptmannsrang und Eisernes Kreuz erworben. Im März 1848 plädierte er für die Niederschlagung der Berliner Revolution mit militärischer Gewalt, damit machte er sich bei Demokraten und Liberalen so verhasst („Schlächtermeister“, „Kartätschenprinz“), dass er von seinem Bruder, dem regierenden König umgehend nach London geschickt wurde. Hier warb er bei führenden Staatsmännern für die Idee eines nach wie vor mächtigen gottbegnadeten preußischen Königtums. Seine Rückkehr wurde durch vage konstitutionelle Lippenbekenntnisse im Sommer 1848 möglich. 1849 übernahm er die Führung im Kampf gegen die letzten aufständischen Demokraten in der Pfalz und in Baden. Zum Dank ernannte ihn sein Bruder zum Militärgouverneur von Rheinland und Westfalen. Zusammen mit seiner Frau Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach, die er 1829 aus Gründen der Staatsräson geheiratet hatte, und seinen beiden Kindern zog er nach Koblenz. Unter dem Einfluss der toleranten und intelligenten Prinzessin Augusta erfolgte hier eine vorsichte Aussöhnung mit den Liberalen. Nach der psychischen Erkrankung seines Bruder trat er 1858 die Regentschaft in Preußen an, berief ein liberales Kabinett, beschwor jedoch zugleich mit seiner Forderung nach einer Heeresreform samt dazu erforderlicher Geldmittel einen Konflikt mit dem liberalen Abgeordnetenhaus herauf, der schließlich zur Berufung Bismarcks führte. Kurz zuvor hatte er sich neun Monate nach dem Tod des Bruders weitab von Berlin im ostpreußischen Königsberg selbst zum König gekrönt. Im Duett mit Bismarck beendete er die fast 50jährige Friedenszeit seines Volkes mit drei kurz hintereinanderfolgenden Kriegen, die ihn im Januar 1871 zur Kaiserproklamation in Versailles führten. Zu seiner Verbitterung reichte die damit errungene nationale Einheit nicht für den Titel „Kaiser von Deutschland“. Wilhelm I. wurde der erste Deutsche Kaiser und erreichte in dieser Rolle eine erstaunliche Popularität.