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Österreich und Polenarro21n2.gif (960 Byte)

Der Entsatz von Wien 1683

Selten wurde ein Ereignis der Nachwelt so wach in Erinnerung gehalten wie die Belagerung Wiens durch das türkische Heer unter dem Befehl des Großwesirs Kara Mustafa und der Entsatz der Kaiserstadt im September 1683. Seitdem wurde der glanzvolle Sieg über das Osmanische Reich überall in Europa gewürdigt. Nur Österreich und Polen erklärten im 19. Jahrhundert die Befreiung Wiens durch die verbündeten kaiserlichen, Reichs- und polnischen Truppen zum Bestandteil ihrer nationalen Selbstvergewisserung.

Für die Polen war es ein Sieg über den Islam. Sie rückten vor allem die Verteidigung des christlichen Abendlandes durch König Jan III. Sobieski in den Vordergrund. Jan Matejko thematisierte aus diesem Grund auch den glanzvollen Sieg in seinem aus Anlaß der Zweihundertjahrfeier 1683 entstandenen Monumentalgemälde.

20.jpg (16250 Byte)Demgegenüber markierte für Österreich die glorreiche Abwehr der Türkenbelagerung von 1683 den Beginn des »Heldenzeitalters« und den Aufstieg zur Großmacht. Die Malerei des 19. Jahrhundert verleiht diesem Selbstverständnis Leben: In Zusammenhang mit der Ausmalung des Waffenmuseums im Wiener Arsenal, dem heutigen Heeresgeschichtlichen Museum, wo der Habsburg-Mythos mit großen militärischen Ereignissen untermauert werden sollte, steht Carl von Blaas' Darstellung des verwundeten, aber trotzig und entschlossen bis zum Sieg weiterkämpfenden Wiener Kommandanten Rüdiger Graf Starhemberg. Leander Ruß ruft mit dem Sturm der Türken auf die Löwelbastei einen jener dramatischen Augenblicke in das Gedächtnis, wo es den Verteidigern nur unter größten Anstrengungen und in erbitterten Kämpfen gelang, den Feind wieder zurückzuschlagen.

 

Spanienarro21n2.gif (960 Byte)

Don Pelayo und die Schlacht von Covadonga 718

Die Übergabe von Granada 1492

Für die Spanier des 19. Jahrhunderts war die maurische Herrschaft nicht allein eine politische, sondern auch eine religiöse Bedrohung. Die Erinnerung an die maurisch-islamische Herrschaft nahm darum einen besonderen Platz in der Geschichtsschreibung wie im Nationalbewußtsein ein.

22.jpg (9856 Byte)Die Mauren breiteten sich seit 711 über die gesamte iberische Halbinsel aus. Widerstand regte sich im Norden Spaniens unter der Anführerschaft des westgotischen Fürsten Pelayo. Als der Statthalter von Córdoba 718 eine Streitmacht dorthin entsandte, lockten Pelayos Truppen die Mauren in einen Hinterhalt und besiegten sie. Historisch ist diese Episode nicht verbürgt. Sie wurde im 19. Jahrhundert jedoch oft erzählt und gemalt. Die Abbildungen zeigen Don Pelayo immer als christlichen Helden. Auf dem Gemälde von Luis Madrazo y Kuntz stützt er sich während einer Ansprache an sein Gefolge auf ein Kreuz, und am Ort seines Sieges wurde eine christliche Kirche errichtet.

Die Mauren blieben mehr als 700 Jahre in Spanien. Mit Granada fiel 1492 ihre letzte Bastion gegen die vereinigten Heere von Kastilien und Aragon. Deren Herrscher, Ferdinand von Aragonien und Isabella von Kastilien, hatten mit ihrer Heirat im Jahre 1469 die beiden größten Königreiche der iberischen Halbinsel vereinigt. Durch den endgültigen Sieg über die Mauren wurde auch die territoriale Einheit Spaniens wiederhergestellt. Für die Zeitgenossen wie für die Historiker des 19. Jahrhunderts war es nicht allein der politische und militärische Erfolg, den es zu würdigen galt, sondern vor allem auch der Sieg des Christentums über den Islam.

Der Sieg der Spanier wird meist im Augenblick der Übergabe Granadas dargestellt. Das Königspaar mit prächtigem Gefolge beherrscht die Szene. Ihm nähert sich der Maurenfürst, um die Schlüssel zur Stadt zu überreichen.

 

Griechenlandarro21n2.gif (960 Byte)

Der Fall von Konstantinopel 1453

Für den griechischen Staat war es nicht einfach, die junge Nation auf historische Fundamente zu stellen. Der Rückbezug auf die Antike ließ sich ebenso wenig mit dem Christentum verschmelzen wie das theokratische Byzanz mit den Ideen der Antike und der Aufklärung. Und nur wenige byzantinische Herrscher und Ereignisse eigneten sich für eine nationale Mythologie. Dazu gehörten der Fall Konstantinopels am 29. Mai 1453 und der Tod des letzten Herrschers während der Kämpfe. Die Eroberung der Stadt durch Sultan Mehmed II., der heldenhafte Tod Konstantinos XI. Palaiologos und insbesondere die letzte christliche Liturgie in der Hagia Sofia waren die zentralen Elemente in den Darstellungen.

Das dramatische Ende des auf antiken Ruinen errichteten Byzanz erwies sich als ideal für die Aussöhnung des neuen Griechentums mit der mittelalterlichen Geschichte. Denn mit dem Fall Konstantinopels ließen sich sowohl die historischen Zäsuren seit 1453 erklären wie auch der Befreiungskampf seit 1821, der in diesem Verständnis als Revision der vierhundert Jahre zurückliegenden Ereignisse verstanden wurde. Der Maler Panagiotis Zografos bedient sich dieser Konstruktion in seiner Darstellung vom Fall Konstantinopels, die zu einer Mappe mit 25 Blättern über den Freiheitskampf und weiterer bedeutender Ereignisse aus der griechischen Geschichte gehört. In einer zeitgenössischen Beschreibung der Graphik heißt es erläuternd zu den fliehenden Byzantinern: »Die tapferen und heimatliebenden Hellenen ließen sich nicht unterjochen, sondern flohen in die Berge, wo sie jahrhundertelang lebten, bis sie, durch die Macht Gottes und die Hilfe der europäischen Mächte, ihre Freiheit zurückerlangten.«

 

Tschechienarro21n2.gif (960 Byte)

Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz 1415

Wie kein anderer war Jan Hus Symbolfigur der tschechischen Nationalbewegung. Man erinnerte sich seiner als Patrioten, der die tschechische Schriftsprache vereinheitlicht hatte; und man verehrte ihn als Vertreter der nationaltschechischen Sache wegen seines Kampfes für die Rechte der Tschechen an der Prager Universität. Zur nationalen Integrationsfigur avancierte Jan Hus aber vor allem durch seinen Märtyrertod. Doch wurde er im nationaltschechischen Gedächtnis nicht in erster Linie als Reformator verklärt, der sein Leben für seinen Glauben geopfert hatte, sondern als spätmittelalterlicher Vorkämpfer der Freiheit.

Der tschechische Hus-Mythos und mit ihm die meisten künstlerischen und literarischen Darstellungen im 19. Jahrhundert konzentrierten sich auf Hus' letzte Tage in Konstanz von der Verteidigung bis zum Flammentod. Zu den populärsten Historienbildern gehört das von Václav Brozík 1883 geschaffene Bild »Jan Hus auf dem Konzil von Konstanz«, das ihn in der berühmten Pose Luthers auf dem Wormser Reichstag zeigt: »Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen«. Karel Javurek stellt in seinem Gemälde »Schwarze Erde« zwei trauernde böhmische Adlige an der Hinrichtungsstätte von Hus dar, mit denen das Gedenken an den Opfertod des tschechischen Nationalheros wachgehalten werden soll.

 

Deutschlandarro21n2.gif (960 Byte)

Die Verbrennung der Bannandrohungsbulle durch Luther 1520

Im 19. Jahrhundert wurde Luther weniger als Religionsstifter denn als Nationalheld verehrt - zumindest in den evangelischen Teilen Deutschlands. Dort feierte man ihn als denjenigen, der die Deutschen von der Vorherrschaft Roms befreit habe. Im katholischen Bayern, im Rheinland oder in Westfalen wurde er dagegen als Spalter der Nation angesehen und abgelehnt. Kristallisationspunkt der Lutherverehrung ist die Verbrennung der Bannandrohungsbulle im Dezember 1520. Mit diesem Akt vollzog Luther in der Auffassung der protestantischen Nationalgesinnten des 19. Jahrhunderts die symbolische Loslösung von Rom.

Paul Thumann schildert den Reformator in seinem Gemälde als zornigen Revolutionär. Ein Höhepunkt der Lutherverehrung waren die Feiern zu seinem 400. Geburtstag 1883 in Wittenberg. Zu diesem Anlaß wurde eine Vielzahl von Andenken wie Tassen, Lampions oder Fahnen gefertigt und mit Luther-Porträts oder Luther-Worten versehen.

 

Schwedenarro21n2.gif (960 Byte)

Der Tod Gustav Adolfs in der Schlacht bei Lützen 1632

Gustav II. Adolf galt im Schweden des 19. Jahrhunderts als außergewöhnliche nationale Intergrationsfigur. Mit ihm wurde an den Beginn einer glorreichen Epoche Schwedens erinnert, vor allem aber wurde Gustav Adolf als Verteidiger und Retter des Protestantismus verehrt.

Schweden trat 1630 in den Dreißigjährigen Krieg ein, einerseits um die Interessen des Landes an der Ostseeküste zu wahren, andererseits um den evangelischen Reichsständen gegen die kaiserlich-katholische Partei beizustehen. Nach großen Erfolgen fiel mit Gustav Adolf eine der charismatischsten Persönlichkeiten des Dreißigjährigen Krieges in der Schlacht bei Lützen am 16. November 1632.

25.jpg (21988 Byte)Es ist der für die Sache des Glaubens sich opfernde König, den die Historienmalerei des 19. Jahrhunderts symbolisch überhöht hat. Gustaf Hellqvist zeigt in seinem monumentalen Ölgemälde die Einschiffung der Leiche Gustav Adolfs im Hafen von Wolgast. Hinter dem Leichnam unter der Nationalflagge steht eine Trauergemeinde stellvertretend für das schwedische Volk.

 

Polenarro21n2.gif (960 Byte)

Die Schlacht bei Grunwald (Tannenberg) im Jahre 1410

Die enge Verzahnung zwischen Glaubens- und machtpolitischen Auseinandersetzungen wird in dem Konflikt zwischen Polen und dem Deutschen Orden augenfällig. Der ursprünglich zum Zwecke der Heidenmission und des Pilgerschutzes gegründete Orden begann im 13. Jahrhundert mit Heerzügen ins Gebiet der unteren Weichsel vorzudringen. Vorgebliches Ziel war die Mission der bis dahin heidnischen Pruzzen, tatsächlich wurden aber auch der stark angewachsenen Bevölkerung des Deutschen Reiches neue Siedlungsgebiete erschlossen. Der Konflikt mit Polen begann, als der mächtig gewordene Ordensstaat Pomerellen und Danzig erwarb und damit den Zugang zur Ostsee behinderte. Er kulminierte in der Schlacht vom 15. Juni 1410, als das Ordensheer von einer polnisch-litauischen Armee bei Grunwald (Tannenberg) vernichtend geschlagen wurde. Auch wenn dieser Sieg Polen zunächst keine territorialen Gewinne brachte, so war doch die Macht des Deutschen Ordens gebrochen, und der Einfluß Polens im Ostseeraum nahm von diesem Zeitpunkt an kontinuierlich zu.

27.jpg (16678 Byte)Seit dem 15. Jahrhundert war die Schlacht bei Grunwald (Tannenberg) von Legenden umwoben und erregte in Polen vor allem nach den Teilungen des Königreichs am Ende des 18. Jahrhunderts die Gemüter. Sie nahm daher im nationalpolnischen Gedenken des 19. Jahrhunderts einen besonderen Stellenwert ein und diente der Erinnerung und Selbstvergewisserung polnischer Größe und Unabhängigkeit. Zudem war der grandiose Sieg geeignet, das polnische Selbstbewußtsein gegenüber der preußischen Teilungsmacht zu stärken, denn Preußen wurde mit dem Deutschen Orden gleichgesetzt.

So entstand auch Jan Matejkos Gemälde der Schlacht bei Grunwald (Tannenberg) nicht zufällig nach dem mißglückten polnischen Aufstand und dem neuerlichen Machtzuwachs Preußens infolge der Reichsgründung von 1871. Es wurde in Polen enthusiastisch gefeiert und häufig reproduziert.

 

Ungarnarro21n2.gif (960 Byte)

Der Tod Lajos II. nach der Schlacht bei Mohács 1526

Der 29. August 1526 ging als Sinnbild für nationale Selbstzerstörung in das historische Gedächtnis und nationale Selbstverständnis Ungarns ein. Und er diente zum Vergleich für alle späteren nationalen Katastrophen, so etwa für die gescheiterte Revolution von 1848/49. An diesem Tag siegte eine osmanische Streitmacht unter Sultan Süleiman dem Prächtigen in der Schlacht von Mohács über ein ungarisches Heer und über ein durch innere Konflikte instabiles Ungarn. Mit der Niederlage fiel der größte Teil Ungarns für annähernd eineinhalb Jahrhunderte unter osmanische Herrschaft.

Zur tragischen Symbolfigur des ungarischen Zusammenbruchs wurde der - nach den Schilderungen des 19. Jahrhunderts - von seiner Nation im Stich gelassene König Lajos II. stilisiert, in dessen Schicksal sich gleichsam dasjenige Ungarns personifiziert. Der jugendliche König war während der Schlacht, von seinen Gefolgsleuten zur Flucht genötigt, in einem Bach ertrunken. Bertalan Székely thematisiert den Tod von Lajos II. in seinem populären Gemälde von 1860, das in einer ebenso dramatischen wie idealisierten Szene eine kleine Gruppe Adeliger und einfacher Soldaten vor dem gerade aufgefundenen königlichen Leichnam zeigt; dessen Darstellung folgt den Verbildlichungen des gesalbten Christus.

 

Frankreicharro21n2.gif (960 Byte)

Die Heilige Johanna befreit Orléans 1429

Die Geschichte der Johanna von Orléans ist eine Episode aus dem Hundertjährigen Krieg, in dem Frankreich und England um die Erbfolge auf dem französischen Thron rangen. Als England in den 1420er Jahren fast den gesamten Norden Frankreichs besetzt hielt, soll die junge lothringische Bäuerin Johanna beim nachmaligen französischen König Karl VII. erschienen sein. Angeblich von göttlichen »Stimmen« geleitet, bedrängte sie diesen, ihr ein Heer zu überlassen, an dessen Spitze sie tatsächlich die Stadt Orléans 1429 befreite. Mit diesem Sieg begann sich das Kriegsglück zugunsten Frankreichs zu wenden. Johanna selbst jedoch fiel in die Hände der Feinde und starb als Ketzerin auf dem Scheiterhaufen.

30.jpg (17985 Byte)Die Legende um Johanna war im Frankreich des 19. Jahrhunderts vor allem deshalb so beliebt, weil sie von allen politischen Gruppierungen verwendet werden konnte. Die katholischen Monarchisten betonten ihre Frömmigkeit und zogen Parallelen zwischen Johanna und der Jungfrau Maria; und die liberalen Republikaner priesen sie als aufrechte Patriotin und Frau aus dem Volk. Die entscheidende Botschaft ist jedoch beiden Auslegungen gemeinsam: Die Tapferkeit einer einzelnen Person und ihr tiefer Glaube an die gerechte Sache ihres Volkes brachten Frankreich den Sieg.

In diesem Sinne ist Johanna auch auf den meisten Abbildungen dargestellt. Aufrecht stehend oder auf einem Schimmel sitzend, versehen mit der Lilie als Symbol der Jungfräulichkeit und Unsterblichkeit führt sie das Heer zum Sieg.

 

Großbritannienarro21n2.gif (960 Byte)

Die Schlacht von Trafalgar und der Tod Lord Nelsons 1805

In der Seeschlacht von Trafalgar am 21. Oktober 1805 wurden die vereinigten französischen und spanischen Seestreitkräfte fast vollständig vernichtet. Damit war der britischen Flotte unter Admiral Horatio Nelson ein bedeutender Sieg gelungen. Dieser Erfolg sicherte die britische Vorherrschaft auf den Weltmeeren bis ins 20. Jahrhundert und wurde darum in England als größter Seesieg seit der Schlacht bei Salamis (480 v. Chr.) gefeiert. Gleichzeitig galt er als entscheidender Beitrag im europäischen Befreiungskampf gegen Napoleon, der in der britischen Presse als tyrannischer Aggressor beschrieben wurde. In Horatio Nelson schließlich, der in der Schlacht tödlich verwundet wurde, fand die britische Geschichtsschreibung einen Helden, der gleichermaßen für erfolgreiche Kriegführung wie für patriotische Pflichterfüllung steht. Sein berühmt gewordenes Wort »England expects every man to do his duty« wurde in englischen Schulbüchern abgedruckt.

33.jpg (16225 Byte)Einer der bekanntesten Maler, die die Schlacht bei Trafalgar bildlich überlieferten, war der Amerikaner Benjamin West. In mehreren Gemälden stellte er Nelsons Tod dar. Sein berühmtestes Bild zeigt in einem bewußten Bruch mit dem geschichtlichen Ereignis die Sterbeszene an Deck des Schiffes anstatt im Schiffsinnern. Wests Ansicht nach kam es weniger auf historische Genauigkeit an als vielmehr darauf, den Helden in heroischer Pose zu verewigen.

 

 

Belgienarro21n2.gif (960 Byte)

Die Festnahme und Hinrichtung der Grafen Egmont und Hoorne 1567/68

Kurze Zeit nachdem Kaiser Karl V. 1556 die Herrschaft über die Niederlande an seinen Sohn Philipp II. übertragen hatte, brach dort ein Aufstand los. Die nördlichen, protestantischen Provinzen kämpften gegen Philipp, weil sie um ihr Selbstbestimmungsrecht und ihre Glaubensfreiheit fürchteten. Die südlichen, katholischen Provinzen, aus denen 1830/31 Belgien hervorging, befanden sich in einem Interessenkonflikt: Sie lehnten ebenfalls die Herrschaft durch den Spanier ab, der von Madrid aus regierte und der Landessprache nicht mächtig war; jedoch schätzten sie in Philipp den Bewahrer des rechten (katholischen) Glaubens. Dieser Konflikt wird deutlich in der Geschichte der Grafen Egmont und Hoorne. Beide hatten versucht, zwischen dem spanischen König und den Niederlanden zu vermitteln, waren jedoch 1568 unter dem Vorwand der Majestätsbeleidigung zum Tode verurteilt worden, obwohl sie an ihrer Loyalität gegenüber Philipp II. und ihrer Treue zum katholischen Glauben keinen Zweifel gelassen hatten.

Die Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts sah in den Grafen Egmont und Hoorne die Opfer eines Terrorregimes. Ihr Schicksal diente dazu, das Spannungsverhältnis zwischen Despotie und Freiheit, zwischen autoritärer Fremd- und freiheitlicher Selbstbestimmung zu versinnbildlichen. Damit waren zugleich wesentliche Beweggründe angesprochen, die die belgischen Revolutionäre von 1830/31 zum Aufstand bewogen hatten.

Louis Gallait zeigt in seinem Gemälde "Den Grafen Egmont und Hoorne wird die letzte Ehre erwiesen» erschütterte Mitglieder der Brüsseler Schützengilde vor den aufgebahrten Leichnamen. Das Entsetzen in den Gesichtern der Umstehenden kann sowohl als Trauer wie auch als Ablehnung der Fremdherrschaft verstanden werden.

 

 

Niederlandearro21n2.gif (960 Byte)

Das Heldenopfer des Jan van Speyk 1831

Der niederländische Marineleutnant Jan van Speyk gehört zu den »vergeblichen« Helden. Am 5. Februar 1831 hatte er sich mit einem Kanonenboot in die Luft gesprengt, um zu verhindern, daß die Fahne der Niederlande in belgische Hände fiel. Sein Opfertod während der Revolution von 1830/31 konnte die als Schmach empfundene Abspaltung Belgiens von den Niederlanden nicht verhindern. Doch wurde er fortan als Nationalheld gefeiert, der die Ehre seines Landes zu retten versucht hatte. Ähnlich dem Schweizer Winkelried oder dem Briten Lord Nelson versinnbildlicht van Speyk den ehrenvollen Tod für das Vaterland.

Ein Bild Jacobus Schoemaker-Doijres zeigt van Speyk in jenem Moment, in dem er das Schießpulver entzündet und einige seiner Feinde mit sich in den Tod reißt. Die geradezu sakrale Verehrung des Marineleutnants kommt in der Verarbeitung der Reste seiner Uniform und seines Schiffes zu unterschiedlichen vaterländischen Devotionalien zum Ausdruck.  

 

Norwegenarro21n2.gif (960 Byte)

Die Schlacht bei Kringen 1612

Die Schlacht bei Kringen ist im Grunde eine wenig bedeutende Episode aus dem Kalmarer Krieg (1611-1613) zwischen Dänemark und Schweden. In diesen Krieg wurde das zu Dänemark gehörende Norwegen hineingezogen, als der dänische König Christian IV. von seiner Provinz die Beteiligung eines 8000 Mann starken Bauernheeres forderte. Der Aufstellung dieser Truppe folgten Massendesertionen. Der Grund dafür war nach Auffassung von Historikern des 19. Jahrhunderts die Freiheitsliebe und Heimatverbundenheit, die den norwegischen Bauern über die Loyalität zur Krone gegangen seien. Erst als ein Heer von 900 schottischen Landsknechten des schwedischen Königs an der norwegischen Küste landete, um von dort nach Schweden zu ziehen, griffen die Norweger zu den Waffen und besiegten die Eindringlinge bei Kringen (1612) im Gudbrandstal.

35.jpg (16369 Byte)Die Erinnerung an diesen Sieg - und damit an den Beitrag zum dänischen Triumph über Schweden - hat im 19. Jahrhundert viel zum Nationalstolz der Norweger beigetragen. Einen bedeutenden Rang in der Überlieferung nimmt die Idealisierung der norwegischen Bauern, ihres Mutes, ihrer Kampfesschläue und vor allem ihrer Freiheitsliebe ein. Damit einher ging die Verherrlichung der norwegischen Berglandschaft als Heimat eines besonders freiheitsliebenden, stolzen und kühnen Volkes. So ist auch auf den Darstellungen des Ereignisses der Bergwelt ein mindestens ebenso bedeutendes Denkmal gesetzt, wie der von Adolph Tidemand und Morten Müller dargestellten Schlacht selbst.

 

 

Die Schweizarro21n2.gif (960 Byte)

Winkelrieds Tod in der Schlacht von Sempach 1386

In der Schlacht von Sempach gelang es den Schweizer Eidgenossen 1386, sich erfolgreich gegen die Unterwerfungsversuche der Habsburger zur Wehr zu setzen. Berühmt und für die Schweizer unvergeßlich wurde die Schlacht durch den Opfertod Arnold Winkelrieds. Mit den Worten "Ich will der Freiheit eine Gasse machen« soll dieser so viele feindliche Speere wie möglich ergriffen und sich in den Leib gestoßen haben. Dadurch entstand eine Lücke in der habsburgischen Phalanx, durch die die Eidgenossen vordrangen und schließlich siegten. Am Beispiel Winkelrieds wurde im 19. Jahrhundert die Opferbereitschaft des einzelnen für eine gemeinsame Sache gepriesen. Die Kuppel des Schweizer Bundeshauses wurde 1902 mit dem Motto versehen, das diese Haltung zum Ausdruck bringt: Unus pro omnibus - omnes pro uno.

1865 wurde Arnold Winkelried in Stans ein Denkmal errichtet, das die in fast allen bildlichen Darstellungen wiedergegebene Schlüsselszene der Schlacht aufgreift. Der Held liegt mit den Speeren in der Brust tödlich getroffen am Boden, während die Eidgenossen bereits über ihn hinwegstürmen.

 

 

Dänemarkarro21n2.gif (960 Byte)

Niels Ebbesen ermordet Graf Gert 1340

Der Deutsch-Dänische Krieg im Jahre 1864

Im Jahre 1863 wurde in Dänemark eine gemeinsame Verfassung für das Königreich und das Herzogtum Schleswig erlassen. Damit verletzten die Dänen ein internationales Abkommen über die Unteilbarkeit der Herzogtümer Schleswig und Holstein. In dem darauffolgenden Deutsch-Dänischen Krieg unterlag Dänemark und mußte 1864 Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Österreich abtreten. Dieser Verlust bestärkte die Dänen in ihrem Glauben an die Expansionsgelüste Deutschlands und die ständige Bedrohung des Landes vom Süden her. In der retrospektiven Betrachtung wurde der Krieg von 1864 zum heldenhaften Kampf eines kleinen Volkes stilisiert, das sich gegen eine erdrückende Übermacht zur Wehr setzte.

Einen besonderen Stellenwert bekam die Erinnerung an die Schlacht bei den Düppeler Schanzen am 18. April 1864. Diese Schlacht, die von den Dänen verloren wurde, militärisch bedeutungslos war und einen hohen Blutzoll forderte, wurde zum Sinnbild für die Opferbereitschaft der Dänen, die mit letzter Kraft und bis zum letzten Atemzug für ihre Heimat kämpften. Bis zum heutigen Tag wird in Dänemark am 18. April öffentlich geflaggt.

Vilhelm Rosenstand, der selbst als Soldat an diesem Krieg teilgenommen hatte, setzte der Schlacht bei Düppel in einem Gemälde von 1894 ein Denkmal. Die Gesichter der Soldaten in der ersten Reihe sind mit porträthafter Genauigkeit geschildert und der Betrachter erhält den Eindruck, am persönlichen Erleben des Künstlers teilzuhaben.

Mit diesem Krieg wurde auch die Erinnerung an den jütländischen Adeligen Niels Ebbesen als den Retter Dänemarks wiederbelebt. Wiewohl die Herrschaft der holsteinischen Grafen im Niedergang begriffen war und diese zum Tausch Jütlands mit Schleswig bereit gewesen wären, avancierte Niels Ebbesen in der Erinnerung seiner Landsleute zum Befreier der Nation, nachdem er 1340 den holsteinischen Grafen Gerhard (Gert) getötet hatte. Agnes Slott-Møller verleiht in ihrem Gemälde der Verehrung Ausdruck, die der jütländische Gutsherr seit dem Deutsch-Dänischen Krieg genoß. Niels Ebbesen tritt dem Betrachter als heroischer und stolzer Kämpe entgegen.

 

 

Italienarro21n2.gif (960 Byte)

Die Gründung des Lombardischen Bundes 1167

Im Jahr 1167 schlossen sich die oberitalienischen Städte im Lombardischen Bund gegen Kaiser Friedrich I. Barbarossa zusammen, nachdem dieser von den Städten finanziell einträgliche Hoheitsrechte (wie etwa das Münzrecht oder Zölle) zurückgefordert hatte. Im Schwur von Pontida sollen die bis dahin politisch uneinigen Kommunen einander ihr Zusammenstehen gegen Barbarossa geschworen haben. In der Schlacht von Legnano besiegten sie schließlich 1176 die Streitmacht Friedrichs. Der Lombardische Bund stand im gesamten 19. Jahrhundert als Symbol für den Verzicht auf innere Zwistigkeiten zugunsten nationaler Einheit und er galt zudem als Vorbild für die gemeinschaftliche Abwehr einer äußeren Bedrohung.

Obwohl der Schwur von Pontida als Gründungsakt des Lombardischen Bundes historisch nicht beurkundet ist, wurde er häufig dargestellt. Das monumentale Gemälde von Amos Cassioli beispielsweise hängt seit 1885 im Ratssaal von Siena. Cassioli wählte als Schauplatz des Geschehens, der durch Quellen ebenfalls nicht belegt ist, den Altarraum der Kirche von Pontida. Auf diese Weise wird der sakrale Charakter des Eidablegens betont, der Lombardische Bund scheint unter göttlichem Schutz zu stehen.

 

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