Der Denkmaler bei der Arbeit (1985)

Der Regisseur Heinz Dieckmann, der über bzw. mit Prechtl drei Fernsehfilme machte, schrieb 1970 über den Maler: "Für jene Volksgruppe, die selbständiges Denken schon für Ketzerei hält, wird [Prechtl] weiterhin ein Ketzer bleiben. Den andern wird sein Scharfsinn weiterhelfen, manchen sogar die Augen öffnen."

Ketzer waren im Mittelalter Leute, die gegen die kirchlichen Dogmen laut andachten und neue oder andere Ideen predigten. Deshalb verfolgte die Kirche sie als "Gottlose" und richtete sie als Ketzer hin. Die "Gotteslästerei" und die Irrlehren sollten so ausgerottet, und, wenn das nicht zu erreichen war, zumindest eingedämmt werden.
In Nürnberg gab es drei "gottlose" Maler, in deren geistige und kunsthistorische Tradition man Prechtl stellen kann, in die sich Prechtl selbst durch sein Werk gestellt hat und in die er mit dem Etikett des "Nürnberger Kleinmeisters" von Kunsthistorikern gestellt wurde. Es handelt sich um die Brüder Sebald und Barthel Beham und Georg Pencz. In den Reformationswirren wurden sie von den Stadtherren aus Nürnberg wegen ihres abweichenden Glaubens verbannt und sie bezogen später im Bauernkrieg in ihrem graphischen Werk Position für die aufständigen Bauern.
Prechtl führt diese Tradition des selbstbewußten Denkens der Künstler, die sich nicht der Obrigkeit und einem autoritären Denken unterwerfen, nicht ihre Unabhängigkeit aufgeben, in der Gegenwart fort. Er sieht sich in der Tradition seiner "ungehorsamen" künstlerischen Vorfahren. Für ihn geht im fragenden Suchen das Denken voran. Oder wie es der französische Aufklärer Denis Diderot am Tag vor seinem Tod formulierte: "Der erste Schritt zur Philosophie ist der Unglaube."
Michael Mathias Prechtl ist ein solcher "Ungläubiger".