Emil Rathenau, 1915
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Ob die Dauerkrise der Elektrochemischen Werke Bitterfeld,
die er seit ihrer Gründung 1893 leitete und deren Konkurs
fünf Jahre später nur durch die Verpachtung an die Konkurrenzfirma
Griesheim-Elektron verhindert werden konnte, in einen Zusammenhang
damit gebracht werden kann, daß Walther Rathenau sich auf
diesem Gebiet für »talentlos (hielt) wie eine Kuh«,
wie er seiner Mutter aus Neuhausen schrieb, braucht nicht entschieden
zu werden. Daß er den Vorschlag der Mutter, seine Tätigkeit
aufzugeben und »Professor oder Maler« zu werden, ablehnte,
weil er, trotz dieser Talentlosigkeit, etwas leiste »nur
durch Energie«, wie er im gleichen Brief nicht ohne Stolz
bemerkte, verdankte sich dem Wunsch, auf einem Gebiet, das er
nicht freiwillig gewählt hatte, sich gegenüber dem zu
bewähren, dem er bei dieser Wahl gefolgt war. »Walther
hat mir zuweilen erzählt«, erinnerte sich Alfred Kerr,
»daß er, der Sohn, in dem trostlosen Nest Bitterfeld
schlaflose Nächte verbracht hat, weil das ihm anvertraute
Fabrikunternehmen dort auf der Kippe stand. Daß es die schlimmste
Zeit seiner frühen Jahre gewesen ist. Und daß die Schlaflosigkeit
vorwiegend vom Gedanken an seinen Vater kam.«4
Daß trotz dieses Bewährungswunsches gelegentlich Fluchtgedanken
aufkamen, wissen wir von Paul Mamroth, einem der Direktoren der
AEG, der sich erinnerte, »daß Walther in Bitterfeld
bis tief in die Nacht von seiner Absicht sprach, auf Technik und
Wissenschaft ganz zu verzichten und Maler zu werden«.5 Die
Entscheidung, dann doch bei der Industrie zu bleiben, wurde wesentlich
erleichtert, als er mit der Veröffentlichung von Höre,
Israel! im Jahre 1897 in Maximilian Hardens Wochenzeitschrift
Die Zukunft eine schriftstellerische Nebenkarriere begann.
Fußnoten
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