Die wachsende Enttäuschung über diese andauernde Zurücksetzung schlug sich in einer Reihe von Veröffentlichungen nieder, in denen Walther Rathenau immer bestimmter forderte, dem Industriebürgertum ein seiner wirtschaftlichen Bedeutung angemessenes Mitwirkungsrecht in Regierung und Verwaltung einzuräumen. Das soll nun keineswegs heißen, daß Rathenau vor allem oder ausschließlich seinen persönlichen Interessen Ausdruck gegeben hätte; es findet sich vielmehr hier wie in vielen seiner Schriften die enge Verbindung persönlicher Erfahrungen und allgemeiner Beobachtungen. Er selbst hatte im Brief an Hermann Pachnicke zu Recht sein eigenes Jugendideal als das vieler anderer Angehöriger seiner Generation beschrieben, und die Forderung nach stärkerer Beteiligung des Bürgertums war geradezu ein Gemeinplatz in den politischen Verlautbarungen des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts.

Rathenau hat seine Forderung um so nachdrücklicher formuliert, als er überzeugt war, daß die Weigerung der herrschenden Aristokratie, die Allianz mit dem Bürgertum einzugehen, der Verwirklichung der imperialistischen Utopie einer Aristokratie der Nationen gerade im Wege stehe. Diese Weigerung sei ein Fehler und beginne, sich "in der Konkurrenz der Staaten geltend zu machen (...), zumal in dem Sinne, daß unsere außenpolitischen Ziele stark zusammengeschmolzen sind". 27 Obwohl "die letzten hundert Jahre (... ) die Aufteilung der Welt" bedeuteten, hat Deutschland "so gut wie nichts genommen und bekommen".28 Während Frankreich und England ihren Kolonialbesitz erweitern konnten, blieb das Deutsche Reich "ausgeschlossen von zwei Weltteilungen, zuwachslos außer durch private Tatkraft und sieht seinen Einfluß bis an die Grenze der Mächte ersten Ranges sinken. "29

Fußnoten