Victoria selbst akzeptierte die Verfassung und auch die Stellung der Monarchie innerhalb der Verfassung, wie sie sich in ihren Augen darstellte. Die Verfassung war für sie weniger eine Errungenschaft mächtiger demokratischer Kräfte als vielmehr der Ausdruck eines inneren Gleichgewichts ihrer Elemente. In diesem Punkt bestand zwischen Großbritannien und vielen anderen europäischen Ländern ein deutlicher Gegensatz. Als 1837 die historische Verbindung zwischen Großbritannien und Hannover abbrach, weil im Königreich Hannover die weibliche Erbfolge der männlichen nachgeordnet war, bestand eine der ersten Taten ihres "schlimmen Onkels", des Herzogs von Cumberland, nach seiner Thronbesteigung in Hannover in der Abschaffung der Verfassung. Im Gegensatz dazu fühlte Victoria sich der Verfassung nicht nur im Grundsatz verpflichtet, sondern trug durch ihre langjährige Erfahrung wesentlich zu deren Umgestaltung bei. 1901 reichte ihr Gedächtnis weiter zurück als das der meisten ihrer Zeitgenossen, einschließlich der beiden großen Rivalen Disraeli und Gladstone. Zehn Premierminister hatten unter ihr gedient, und sie selbst blickte über zwei Generationen zurück.

Gerne zog sie historische Vergleiche. Schon 1885 beklagte sie sich bei ihrem Privatsekretär Sir Henry Ponsonby, daß Gladstone sie über die Vorgänge im Kabinett "im dunkeln" lasse, während Melbourne ihr stets alles berichtet habe, sogar "die unterschiedlichen Ansichten der verschiedenen Minister". Ihr erster Premierminister Melbourne, der sie auf außerordentlich zuvorkommende Weise in die Pflichten und Verantwortlichkeiten eines Monarchen eingeführt hatte, wurde häufig zum Vergleich herangezogen. So erinnerte sich etwa der spätere liberale Premierminister Sir Henry Campbell-Bannerman in einer der zahlreichen Anekdoten, die über Victoria kursierten, wie er sie Mitte der 1890er Jahre zur Rücknahme ihres Einspruchs gegen eine liberale Maßnahme überreden wollte. Sie erwiderte, schon Melbourne hätte ihr gegenüber "vor vielen Jahren" dasselbe Argument gebraucht, "aber es hat damals nicht gestimmt und stimmt auch heute nicht". Campbell-Bannerman kam sich vor wie "ein kleiner Junge, der mit seiner Großmutter spricht".