Hart traf Vicky der Tod zweier ihrer Kinder. Sigismund starb 1866 an Meningitis, Waldemar 1879 an Diphtherie. Die Frustrationen, die Vicky als Kronprinzessin am preußischen Hof erlitt, kompensierte sie, indem sie sich in 'philanthropische Ersatzbefriedigungen' stürzte wie die Gründung des Berliner Kunstgewerbemuseums, sich wohltätigen Zwecken widmete sowie sich verstärkt für die Frauenbildung einsetzte. Vickys Vorstellung von der unwürdigen Stellung der deutschen Frau ist sicherlich von Vorurteilen geprägt, genauso wie ihre Idealisierung der Stellung der Frau in der englischen Gesellschaft, denn England hatte sie nur als Prinzessin und als Kind kennengelernt. Prinzessin Alice, die zweitälteste Tochter Queen Victorias, die 1862 Großherzog Ludwig von Hessen und bei Rhein heiratete, hatte ein glücklicheres Los gezogen und konnte als Landesherrin eines kleinen, unbedeutenden Großherzogtums ihre Pläne leichter verwirklichen als ihre ältere Schwester, wobei ihr ihr sanftes und diplomatisches Wesen im Gegensatz zu Vickys Dickköpfigkeit hilfreich war. Auch Alice engagierte sich für soziale und karitative Angelegenheiten. Sie hatte sich vor allem für die Reform des Krankenhauswesens eingesetzt und gründete in Darmstadt die Alice-Schwesternschaft. Während des Deutsch-Französischen Krieges hatte sie sich um die Einrichtung von Feldlazaretten an der nahen Rheinfront gekümmert. Schon als junges Mädchen sammelte sie erste Erfahrungen in der Krankenpflege, indem sie ihren typhuskranken Vater bis zu dessen Tod pflegte. Alices aufopfernde Fürsorge wurde ihr schließlich zum Verhängnis. Sie steckte sich bei der Pflege ihrer an Diphtherie erkrankten Kinder an und starb selbst an dieser Krankheit.1866 übernahm die Kronprinzessin das Protektorat für den Lette-Verein, eine Einrichtung zur "Förderung der Erwebstätigkeit der Frau". Der Gründer des Lette-Vereins war Wilhelm Adolf Lette (1799-1868), Jurist und liberaler Reichstagsabgeordneter, ein ehemaliges Mitglied der deutschen Nationalversammlung in Frankfurt. In der Wirtschaftsschule des Lette-Vereins konnten junge Frauen "aus gutem Hause" in halb- beziehungsweise ganzjährigen Kursen Kenntnisse für den "Hausfrauenberuf" oder den der "Hausbeamtin in größeren Haushalten und Sanatorien" erwerben. Auf dem Lehrplan stand Kochen, Einkochen, Waschen, Plätten, Hausarbeit, praktisches Handarbeiten, Maschinennähen, Schneidern, Nahrungsmittel- und Gesundheitslehre, einfache und häusliche Buchführung, Wirtschaftslehre sowie Chorgesang und Turnen. In den 70er Jahren wurde der Lette-Verein Schulträger: Unter anderem kamen eine Handelsschule, eine Gewerbeschule und eine Setzerinnenschule hinzu.
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