Queen Victoria schrieb damals in einem Brief an Königin Augusta von Preußen: "Ich habe Dir nie gesagt, daß wir in den letzten 14 Tagen die Bekanntschaft der berühmten Miss Florence Nightingale gemacht haben, ... die uns außerordentlich gefällt. Sie ist eine seltene Erscheinung, sehr einfach, sehr sanft, sehr ladylike und aufs äußerste bescheiden; dabei besitzt sie einen männlichen Verstand und die größte Ruhe."(10) 1868 wurde mit dem Bau der ältesten städtischen Klinik in Berlin, des Krankenhauses am Friedrichshain, begonnen, 1874 wurde der Bau vollendet. Die treibende Kraft war der Pathologe und Anthropologe Rudolf Virchow (1821-1902), Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, ein Vertrauter des Kronprinzenpaares, der ein bis zum Jahre 1878 befristetes Vermächtnis des Berliner Bürgers Jean Jacques Fasquel von 5.000 Talern als Grundstock für den Neubau verwendete. Als Kuriosum sei erwähnt, daß Fasquel zur Auflage gemacht hatte, keine Syphilitiker, Pocken- und Cholerakranke, Geisteskranke und Wöchnerinnen in die Krankenanstalt aufzunehmen. Die Architekten Martin Gropius und Heino Schmieden hinterließen eine Fülle von Architekturplänen, die sich nicht nur sehr ausführlich mit den architektonischen Besonderheiten auseinandersetzten, sondern auch die hygienischen Erkenntnisse dieser Zeit miteinbezogen. Dazu gehörten eine ausreichende Belüftung der Krankenzimmer und der Einbau einer Fußbodenheizung. Der Bau mit sechs zweistöckigen Pavillons als Station für Inneres, vier einstöckigen Pavillons für die Chirurgie und zwei Isoliergebäuden für ansteckende Krankheiten war jahrelang Vorbild für die nachfolgenden größeren Krankenhausanstalten in Berlin. Für das Städtische Krankenhaus am Friedrichshain und die später entstandenen Krankenanstalten am Urban und in Moabit mußte geeignetes Pflegepersonal in ausreichender Anzahl bereitgestellt werden. Zwar war 1832 eine Krankenwärterschule in der Charité eingerichtet worden, doch die abwertende Meinung der Öffentlichkeit und die ungünstigen Arbeitsbedingungen in diesem Beruf bewogen nur wenige, sich an dieser Schule zu bewerben.Zum Verständnis für die damalige Situation sei daran erinnert, daß Krankenhäuser im heutigen Sinne erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Zu den früheren Krankenanstalten finden sich viele Berichte von Ärzten und Verwaltern, in denen die Unsittlichkeit, Trunksucht und Dieberei der Pfleger beklagt wird. Auch noch Mitte des 19. Jahrhunderts hätte keine 'anständige' Frau in solcher Gemeinschaft arbeiten wollen.
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