Tatsächlich war die englische Herrscherfamilie, der Königin Victoria angehörte, seit Generationen eng mit Deutschland verbunden. Victoria entstammte dem in England regierenden Hause Hannover, dessen männliche Mitglieder im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert ausnahmslos deutsche Prinzessinnen heirateten. Alle 62 direkten Vorfahren der fünf Generationen vor Victoria gehörten der deutschen Hocharistokratie an. Obwohl das Haus Hannover schon seit der Thronbesteigung Kurfürst Georgs I. 1714 regierte, war es in Großbritannien vor Victorias Regierungsantritt 1837 nie recht populär geworden. Die beiden ersten Georgs waren dem Land zeitlebens fremd geblieben, verstanden die Sprache ihrer Untertanen schlecht, beurteilten die große Politik Europas eher von einem kontinentalen Standpunkt und nutzten jede Gelegenheit, um ins heimatliche Hannover zu entfliehen. Dieser Absentismus verstärkte langfristige verfassungsrechtliche Traditionen Großbritanniens: eine fortschreitende politische Entmachtung des Monarchen bei gleichzeitiger Herausbildung des Premierministers als Schlüsselfigur im englischen Machtgefüge. Erst Königin Victorias Großvater Georg III. (reg. 1760-1820), vom Volksmund wegen seiner agrarischen Interessen und schlichten Lebensführung "Farmer George" genannt, war, wie er gern betonte, in England geboren und erfreute sich im Laufe seiner 60jährigen Regierungszeit als sittenstrenges Oberhaupt einer großen Familie einer gewissen Volkstümlichkeit.