Auf der Kreuzfahrt zur Hochzeit seiner Schwester in Athen später im selben Jahr stand Wilhelm an Deck und suchte den Horizont nach dem britischen Mittelmeergeschwader ab. Als man die Schiffe schließlich erspähte, ließ er als Zeichen für seinen Rang als britischer Admiral of the Fleet neben der Kaiserstandarte den Union Jack hissen. "Ein deutsches Panzerschiff mit englischer Admiralsflagge!" notierte der Kommandant der "Deutschland" ebenso ungläubig wie treffend über die zwei Seelen in des Kaisers Brust.9

In den Briefen und Reden aus dieser Zeit sprach der Kaiser oft von seiner Überzeugung, die Royal Navy und die deutsche Armee könnten gemeinsam den Weltfrieden stiften, aber im Falle eines Mißlingens werde der pommersche Grenadier Schulter an Schulter mit dem britischen Redcoat kämpfen.10 Während seiner gesamten Herrschaft betonte er stets, daß die "rassische" und religiöse Blutsverwandtschaft des britischen und deutschen Volkes sie zu natürlichen Verbündeten mache. Dennoch lagen die beiden Länder 25 Jahre nach seiner Thronbesteigung miteinander im Krieg. Weshalb konnten die britischen Politiker den glücklichen Zufall, daß Königin Victorias ältester Enkel den "mächtigsten Thron der Erde" erbte, nicht ausnutzen, und weshalb waren der Kaiser und die deutschen Staatsmänner nicht in der Lage, jenes Übereinkommen mit dem Britischen Empire zu erreichen, das doch ihr erklärtes Ziel war?

Die erste Antwort auf diese Fragen lautet, daß Wilhelm keineswegs - oder jedenfalls nicht ausschließlich - jener "Anglomane" war, für den Herbert Bismarck ihn hielt. Seine prägenden Erfahrungen von England und der englischen Wesensart beschränkten sich nicht auf glückliche Urlaube bei seiner Großmutter in Osborne House oder auf aufregende Besuche mit seinem Onkel, dem Herzog von Edinburgh, bei den königlichen Werften in Portsmouth.11